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Irgendwo in einem verstaubten Kaff mitten in Texas hockt die Verkäuferin Justine Last hinter der MakeUp-Theke. Sie ist dreißig Jahre und lebt ein unscheinbares Leben in grenzenloser Unzufriedenheit und Traurigkeit. Ihr Mann Phil hockt sich nach Feierabend mit seinem Kumpel und Kollegen Bubba vor den Fernseher und zugedröhnt schwafeln die beiden über allerlei Nichtigkeiten, während Justine Kummer, Unverständnis und Einsamkeit überlassen bleibt. Doch in dem acht Jahre jüngeren Holden, der ein Praktikum in ihrem Supermarkt macht, findet sie einen scheinbar seelenverwandten, der missverstandene, depressive Junge hat die Welt ebenso wie Justine hassen gelernt. Sie beginnen eine von Justines Gewissenkonflikten überlagerte Affäre, die erst recht zum Scheitern verdammt scheint, als Bubba dies herausfindet...
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Die Leiden der Justine Last sind allumfassend in Miguel Artetas Indie-Drama The Good Girl. Der Süßwarenladen voller Köstlichkeiten, als der ihr das Leben einst erschien, ist längst zum Gefängnis, zur Todeszelle geworden, in der das einzige was einem bleibt das Verharren, der Stillstand ist. Justine schiebt in der Schminkabteilung, in der sie im Retail Rodeo-Markt arbeitet, einen Lippenstift apathisch über ihren Mund. Ob alle um sie herum nur auf die Schlachtung warten wie Kühe, fragt sie sich. Oder planen sie einfach nur ruhig ihre Flucht. So, wie sie es tut. Justine sieht einen neuen an der Kasse stehen, der dort mit seinem Buch in der Hand genauso verloren wirkt wie sie selbst sich fühlt. »Attention, shoppers. There's a Retail Rodeo special on aisle 3. Liquid Drain Cleaner, 2 12-ounce cans for $5.00. Liquid Drain Cleaner has churning power and it will churn right through your pipes. Ladies, you need female plumbing. Shove something clean and new up your filthy pipes. That's Liquid Drain Cleaner on aisle 3. Have a good day and thank you for shopping at Retail Rodeo«, verkündet die zynische Cheryl den Kunden über die Lautsprecheranlage
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The Good Girl zeigt das Leben im sprichwörtlichen Irgendwo im Nirgendwo in seiner Tristesse und Tranigkeit und er zeigt eine Gruppe von Menschen, die alle auf ihre Weise damit umgehen oder umzugehen versuchen oder bereits völlig daran verzweifelt sind. Ehemann Phil greift zum allabendlichen Joint, versaut mit seinen vollgedreckten Malerklamotten das Sofa und Justine hat für ihn nur noch herablassendes Gemecker übrig, als hätte sie es nicht mit der Liebe ihres Lebens, sondern einem bockig-idiotischen Teenager zu tun. Durch ein Baby hoffen sie, irgendetwas zwischeneinander neu- oder wiederzuentdecken, doch Justine wird einfach nicht schwanger und alles bleibt wie es ist, Phil schläft und Justine liegt mit sehnsüchtigem Blick neben ihm. Der zweiundzwanzigjährige Tom nennt sich Holden und träumt davon, einen Bestseller wie J.D. Salingers Der Fänger im Roggen zu schreiben, von dessen Hauptfigur er sich den Namen geliehen hat. Obwohl vor allem durch Kummer und Weltschmerz und das Gefühl des Unvertandenseins zueinander hingezogen ist es ein Traum von Hoffnung, den Holden Justine spüren lässt, in einer Zeit und unter Umständen, in denen sie das Träumen verlernt zu haben glaubte. Aber letztlich ist auch er bloß ein überanhängliches, weinerliches Kind, das von Justine auch wieder mehr fordert, als gibt. Gibt es überhaupt Glück für diese Frau?
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Ganz sicher nicht in dem Moment, als der anhängliche Bubba dazwischenstößt, der allein mit seinem Hund lebt und Phil, der seiner Meinung nach alles erreicht hat, als Helden verehrt und deshalb von Justines Affäre persönlich beleidigt ist, für sich aber auch die Befreiung kommen sieht - und Justine erlösenden Sex abtrotzt. Auf dem Weg ins Bessere wird es immer nur noch schlimmer, Justine verstrickt sich in Lügen und die Frage, was für ein Mensch sie eigentlich ist. Als ihre langjährige Arbeitskollegin Gwen aus dem Nichts an einer Lebensmittelvergiftung stirbt und Justine nicht einmal für sie da war ist ihr klar, dass Gwen noch im Himmel die Engel schminken wird. Und Justine? Zynische Cheryl: »Happy Halloween, Retail Rodeo shoppers. There's a Retail Rodeo special on all bulk candy on aisle 4. Ghouls and goblins, witches and warlocks, wandering these aisles day after day, I put a Halloween curse on your hellish heads.«
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Jennifer Aniston in einer solchen freudefeindlichen Umgebung ist zunächst ein komischer Gedanke und könnte in der Theorie als bloßer Versuch der Schauspielerin abgetan werden, gegen ihr sugar and smile-Image anzuspielen, welches sie vornehmlich in zahlreichen gleichförmigen romantischen Komödien pflegt, den schmalztriefend-verklärten Gegenstücken zu Artetas Film. Als eines der meistbeschäftigten Gesichter im same procedure as everytime-RomCom-Einerlei ist Aniston nicht wenigen Verächtern jenes Genres ein grundsätzlicher Dorn im Auge, von dem man bei The Good Girl allerdings nicht beeinträchtigt wird. Denn bereits durch ihren ersten Kommentar aus dem Off und den ersten Blick in ihr nach dem Ausbruch aus der Routine flehendes Gesicht lässt den Weltstar Aniston hinter der Rolle, hinter dieser unscheinbaren Angestellten verschwinden. Ihre Performance ins keinesfalls schnuckelig sympathisch, Justine, so bemitleidenswert sie anfangs erscheint, ist alles andere als das titelgebende gute Mädchen und als einzige Alternative zum Trott bieten sich Gleichgültigkeit und Betrug und einige makabere Entscheidungen, etwa wenn sie Holden die vermeintlich selben Brombeeren am Straßenrand kauft, die Gwen dahingerafft haben.
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The Good Girl ist kein Film, der immer in letzter Endgültigkeit klar zu machen versucht, was er eigentlich ausdrücken will. Von Arteta durchgehend nach vorne inszeniert folgt der Handlung stets sehr bald die Konsequenz, manchmal wird sie offen gezeigt, manchmal von dritten einfach übermittelt. Der Film hat seine philosophischen und seine witzigen Momente, für letztere ist vor allem Zooey Deschanel als Cheryl zuständig, die der Monotonie mit herrlichem Zynismus begegnet. Jake Gyllenhaal, nach Donnie Darko (2001) und Moonlight Mile (2002) zu dieser Zeit seiner Karriere auf depressive Sonderlinge abonniert, schluchzt und jammert sich in The Good Girl durch die Tiefen einer weiteren wolkenverhangenen Seele, seine gelangweilt in ihrem saubergeleckten Häuschen vor dem Fernseher gammelnden Eltern sorgen für eine satirisch-überspitzte Breitseite. Der knuffige John C. Reilly rückt als haschbeseelt-ahnungsloser, aber eben auch ziemlich nichtsnutziger Ehemann einige Male in das von Aniston beherrschte Zentrum des Mitleides, sobald sie selbst dieses für eine gewissenlos scheinende, aber Zwang und Verzweiflung entsprungenen Tat verlässt. Die verzweifeltste Figur des Films ist jedoch der von Tim Blake Nelson gespielte Bubba, dessen eigene Nichtexistenz sich für ihn nur in der Freundschaft zu Phil und Justine rechtfertigt.
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Miguel Artetas The Good Girl erntete so einiges an Auszeichnungen und Nominierungen, unter anderem bei den Independent Spirit Awards und den Satellite Awards. Es ist ein ruhiger, ohne viel Spektakel erzählter Film, der sich an den Dramen seiner Protagonsten nicht berauscht, sondern sie sich einfach und immer ein Stück weit aus der Distanz ereignen lässt. Der Wechsel zwischen Drama und Komik verläuft recht eigenwillig, manchmal ziemlich hart voneinander abgetrennt und auch davor, seine Hauptdarstellerin den Boden des Bedauernswerten zu entziehen, sie wankelmütig, hinterhältig und unsympathisch zu zeigen, schrecken Autor und Darsteller Mike White und Arteta nicht zurück. Auch das ist einer von vielen sonderbaren Zügen an The Good Girl, mit denen er aber nicht wie das übliche Hausfrauendrama am Leben vorbei, sondern scheinbar mitten durch verläuft. Von einem emotionalen Zugang zum Film wird man ein ums andere Mal entfremdet und sowieso gilt hier die Floskel „sehenswert, wenn man sich darauf einlassen kann/will". Unbedingt sehenswert sind auf jeden Fall die Darstellerleistungen, wie auch die Dialoge hörenswert sind, die zwar manchmal irgendwie synthetisch und innerhalb einiger der sehr begrenzten Schauplätze fast wie Theaterspiel wirken und damit der Lebensnähe widerstreben, aber dennoch schön für Nachdenklichkeit und Komik sorgen. Kurzes Fazit: A Good Film.

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