Als Produzent und Drehbuchautor drückte Tim Burton dem Projekt „Nightmare before Christmas“ seinen Stempel auf – was aufgrund seiner ungleich größeren Popularität dazu führte, dass dieser Film ihm fast eher als dem eigentlichen Regisseur zugeschrieben wird.
Vielleicht lag es daran, dass Henry Selick noch am Anfang seiner Karriere stand, spätere Werke wie „James und der Riesenpfirsich“ oder „Coraline“ sollten Konstanten in seinem Schaffen aufzeigen. In „Nightmare before Christmas“ erzählen Selick und Burton in ihrer Faszination für das Morbide von Halloweentown, in dem Gespenster, Werwölfe, Hexen und andere Schreckgestalten hausen, die pünktlich zum 31.10. jedes Jahres mächtig auf den Putz hauen – das verdeutlicht schon die famose Einstiegsgesangnummer, die mittlerweile auch von Marilyn Manson gecovert wurde.
Doch jedes Fest hat seine Stadt, auch Ostern, Erntedank – und Weihnachten. Eines Abends, frustriert von der jährlichen Routine, wandert Jack Skellington, der König von Halloweentown aus der Stadt direkt nach Christmastown und ist begeistert von der ganz anderen, bunten Welt. Er will selbst einmal Weihnachtsmann spielen, koste es, was es wolle. Dabei meint er noch nicht einmal böse gemeint, aber wir wissen ja: „The road to hell is paved with good intentions“, da bildet auch Jacks euphorischer Anflug von Größenwahn keine Ausnahme.
Kurzerhand lässt Jack den Weihnachtsmann entführen und will eigenwillige, in Halloweentown hergestellte Geschenke an die Menschen verteilen. Sein Nebenbuhler Mr. Oogie Boogie will dies jedoch für eigene Pläne nutzen, während die aus Leichenteilen zusammengeflickte Sally als einzige Jacks Irrtum erkennt…
Wenn „Nightmare before Christmas“ eine ganz große Stärke besitzt, dann sind es die Liebe zu Details, die Burton und Selick dem Projekt haben angedeihen lassen. Jede Figur, vom zweigesichtigen Bürgermeister über den mad scientist mit aufklappbarem Schädel bis zu den drei kleinen Quälgeistern Lock, Shock und Barrel, ist mit Einfallsreichtum ausgearbeitet und modelliert worden, doch selbst in nur wenigen Szenen auftauchende Charaktere sind nicht dahingeschludert, sondern mit ähnlich großer Sorgfalt gestaltet worden. Klassische Stop-Motion-Animationsfilme in dieser Länge sind eine Seltenheit, erfordern sie doch mühevollste Kleinarbeit und dies können wohl nur detailverliebte Filmemacher wie die Leute von den Aardman Studios oder eben Burton und Selick zaubern.
„Nightmare before Christmas“ ist zudem als Musical aufgezogen (und wird daher hierzulande oft als Grusical bezeichnet), auch ein Genre, das Burton durchaus liebt (mit „Sweeney Todd“ konnte er ja vor einiger Zeit ein Herzensprojekt verwirklichen). Allerdings liegt hier ein Knackpunkt des Films: Die besten Nummern hauen Burton und Selick hauen schon zu Anfang raus, neben dem bereits erwähnten Opener gehen vor allem Jacks erfreutes „What’s this, what’s this?“ und der Song der drei kleinen Quälgeister ins Ohr. Später wird nicht nur weniger gesungen, sondern auch weniger einprägsam.
So muss man leider ein allgemeines Nachlassen in der zweiten Hälfte verzeichnen: Gerade der Showdown in Oogie Boogie ist zwar durchaus ideenreich in Szene gesetzt (wobei nicht ganz klar wird, wie genau die ganzen Glücksspielreferenzen zu Halloween passen), aber irgendwie weiß er nicht so recht zu packen, zumindest den etwas älteren Zuschauer. Auch die Lovestory zwischen Jack und Sally wird nicht hundertprozentig überzeugend zum Ende gebracht, denn während man Sallys Anhimmelei klar vorgeführt bekommt, so kommt von Jacks Seite wenig zurück: Die meiste Zeit kriegt er wegen seiner Weihnachtspläne nichts mit, im Finale leistet Sally ihm eher Schützenhilfe.
Zuvor ist „Nightmare before Christmas“ allerdings ein herrlicher Spaß, bei dem Burton auch mal wieder gegen bürgerliche Normen rebellieren kann, so wie er das gerne tut: Die eigenwilligen Spielsachen aus Halloweentown attackieren Kinder und fressen Weihnachtsbäume, solange bis das Militär den falschen Weihnachtsmann abschießen will – und der hatte es ja nur gut gemeint. Famos stellen Selick und Burton das Fest der Liebe auf den Kopf, auch wenn der Film dann doch besinnlich endet.
„Nightmare before Christmas“ ist eine eigenwillige Mixtur aus Musical, Gruselmomenten, Weihnachtsmärchen und Satire – und genau deshalb so sehenswert. Schade, dass der Film gegen Ende deutlich an Pep und Schwung verliert, aber Spaß macht er dennoch.