Joel Schumacher brachte uns letztes Jahr mit "Nicht auflegen" einen äußerst innovativen und höchst spannenden Thriller auf die Leinwand, in dem ein junger Mann von einem Scharfschützen am Telefon bedroht wird. Bereits im Jahre 2001 gab es allerdings mit "Liberty Stands Still" schon einen ähnlichen Thriller, der in den Grundzügen die gleiche Handlung besitzt. Trotzdem ist Liberty nur ein äußerst schwaches Thrillerdrama.
Hauptgrund dafür ist der unausgegorene und viel zu löchrige Plot des Ganzen. Das geht schon am Anfang damit los, das Liberty viel zu schnell in die Falle des Killers gerät. Kaum Vorbereitung wird einem gegeben, kaum eine Chance den Charaktere wenigstens in einigen Grunddetails kennen zu lernen.
Und wenn Liberty dann in der Falle sitzt agiert sie vollkommen unglaubwürdig. Zuerst hat sie weder Angst, noch wirkt sie sonderlich überrascht, dann auf einmal kriegt sie mächtigen Schiss um im nächsten Moment wieder vollkommen einverstanden damit zu sein, dass sie der Schütze abknallen wird ("Knall mich doch endlich ab"). Dann macht sie mal alles was er will, dann sträubt sie sich dagegen. Danach plötzlich wieder Angst und Wimmern, ohne das man mitkriegt, warum sie diese ständigen und plötzlichen Gefühlswandlungen durchmacht. Selten einen so undurchdachten und völlig unglaubwürdigen Charaktere gesehen.
Dann sei da noch das immens unglaublich wirkende Tatmotiv des Schützens, welches ebenfalls vollkommen an den Haaren herbei gezogen wird. Er möchte eine Diskussion entfachen, über den Gesetzesartikel um die Besitzrechte von Waffen in Amerika. Deshalb knallt er jeden, der in die Nähe von Liberty kommt einfach ab. (Logisch, oder?) Und er will sich an der Firma die die Waffe hergestellt hat, mit der seine Tochter erschossen wurde, rächen, in dem er droht unschuldige Menschen zu erschießen. Das alles ist sowas von derartig unlogisch und blödsinnig, dass man den Drehbuchschreiber fast selbst eine Waffe (eine Spielzeugwaffe versteht sich;)) an den Kopf halten möchte, für soviel undurchdachtes Getue.
Und auch andere Plot-Löcher versalzen einem das Zuschauen. Fragen über Fragen, die leider in keinster Weise geklärt werden lassen einen fast verzweifeln! "Wo ist plötzlich der Betreiber des Hot-Dog-Stand abgeblieben?" Warum will in der ganzen Zeit nur ein einziger Mensch einen Hot-Dog haben?" "Wieso merkt bzw. wundert sich keiner, dass Liberty an den Stand gekettet ist?" "Und warum wird es, zum Ende hin, plötzlich so schnell dunkel?" Nur vier von zig Fragen, die nie beantwortet werden und die die Unlogik des ganzen Geschehens unterstreichen.
Zudem muss sich der Film dann auch noch immer wieder in heftigen Längen verlieren. Das ständige nichtsbringende Gelaber des Killers geht einem manchmal tüchtig auf den Geist, da absolut kein Sinn in dem Ganzen steckt, bzw. alles viel zu aufgesetzt wirkt. Ein gepflegtes Nickerchen ist an manchen Stellen wirklich angebracht.
Was die Inszenierung des ganzen Hickhacks angeht, kann man dann aber doch mal ein kleines Lob an die Mitarbeiter an der Kamera und des Schnittes abgeben. Vor allem die Kamerafahrten und -einstellungen die es ab und an zu sehen gibt, können gefallen. Und der gut gesetzte Schnitt mag hier und da doch einiges retten.
In Punkto Darsteller gibt es derweilen ein stetiges auf und ab! Während Fiorentino ihre undurchdachte Figur doch recht gut und überzeugend rüberbringt, kann Wesley Snipes in seiner Killer-Rolle hier leider überhaupt nicht überzeugen. Viel zu brav und vollkommen ohne "Schmackes" verschenkt er hier wirklich viel von seinem Können. Oliver Platt ist dagegen, wie immer, klasse, hat allerdings auch nicht allzu viel zu tun.
Fazit: Unausgegorenes und teils heftig unlogisches Thrillerfilmchen, welches die Leute zum Nachdenken über Waffen und falsche (Waffen-)Gesetze anregen will, aber durch seine heftigen Logiklücken und der vollkommen unglaubwürdigen Motivübertragung des Täters viel zu viel einbüßt und damit aufkommende Spannung völlig im Keim erstickt. Zudem legt Wesley Snipes hier die wohl schlechteste Leistung seiner Karriere ab. Schade!
Dann doch lieber "Nicht auflegen"! Da hat man wesentlich mehr davon!
Wertung: 3,5/10