"Liberty stands still" ist ein echter Geheimtipp. Der Mix aus Thriller und Drama wurde noch im Vorfeld von "Blade 2" gefilmt und erfuhr in Deutschland nur eine unscheinbare direct-to-video Vermarktung. Schade eigentlich, bietet der Film doch zwei großartige Schauspieler und Spannung über die gesamte Laufzeit.
Wesley Snipes spielt den verzweifelten Vater "Joe", der die Frau eines der größten Waffenhersteller Amerikas aufs Korn nimmt, um die Aufmerksamkeit für eine Debatte über die laschen Waffengesetzte der Vereinigten Staaten zu erlangen. Seine Tochter wurde in der Schule mit einer Waffe erschossen, die der Firma ihres Mannes entstammte. Was sich recht bieder anhört entpuppt sich als nervenzerrender Psychothriller, in dem die Grundkonstellation aber immer gleich bleibt. Per Scharfschützengewehr und modernster Telefonausrüstung in einem Hochhaus sitzend, zwingt Joe Liberty Wallace (Linda Fiorentino) sich an einen Imbiss vor einem Theater zu ketten, in welchem eine Bombe tickt. Diese explodiert, sobald Liberty ihr Handy ausschaltet oder ihr Akku leer ist. Sie hat noch Saft für ca. 80 Minuten, bevor viele Unschuldige sterben. Grund genug, dass Experiment zu starten und den Film in Echtzeit laufen zu lassen, was der Regisseurin hervorragend gelingt.
Das liegt nicht zuletzt an Wesley Snipes, der hier in einer für ihn außergewöhnlichen Rolle glänzt. Der Actionstar stellt hier einen verletzten, ruhigen, fast eiskalten und genau überlegenden Sniper dar, der seinen Coup bis ins kleinste Detail geplant hat und nichts dem Zufall überlässt. Wer versucht seine Pläne zu durchkreuzen wird erschossen.
Auch Linda Fiorentino trägt ihren Teil bei, in dem sie sich vom geldgeilen Geschäftsluder zur geläuterten Frau wandelt, die erst die Augen öffnet, als Joe sie mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. Im Zusammenspiel mit Snipes liefert sie eine grandiose Leistung ab.
Nicht außer Acht lassen darf man dabei aber nie die Regieleistung, denn einen Film, der fast durchgängig aus Dialogen besteht, so mitreißend zu inszenieren, ist wahrlich eine Meisterleistung, auch wenn sich kleinere Mängel einschleichen, da einige Dialoge etwas zu detailverliebt gerieten. Die Musik ist spannend und passt zu den Szenen, gleiches gilt für Schnitt und Ton (auch wenn der letzte Pistolenschuß sich wie ein Gewehrschuß anhört). Außergewöhnlich ist die Arbeit, die man für den Film bei der DVD-Auswertung sich machte: Dank Multiangle-Verfahren kann man sich hier Passagen des Films aus verschiedenen Kameraansichten oder in Splitscreen ansehen.
Das Übrige erledigt der finessenreiche und spannende Plot, in dem anfangs niemand der Passanten bemerkt, was vor sich geht, später eingesponne Charaktere sterben müssen und weitere Parteien versuchen die Geisel zu töten um ihre Interesse zu schützen. Leider schleichen sich da kleinere logische Schwächen ein: Woher kennt der Waffenhändler später die Identität des Schützen und was hat dessen letzte Tat für einen Sinn?
Fazit:
Spannender, außergewöhnlicher Thriller, der die amerikanischen Waffengesetzte kritisiert. Trotz der Dialoglastigkeit kommt kaum lange Weile auf, was nicht zuletzt den beiden Hauptdarstellern Wesley Snipes und Linda Fiorentino zu verdanken ist. Geheimtipp!