Für "Training Day" bekam Denzel Washington noch den Oscar. Kurz danach war er dann in dem Geiseldrama "John Q" zu bewundern, das wirklich nur so nebenbei im Kino lief. Das soll jetzt nicht heißen, dass der Grund für dessen geringe Aufregung, für die der Film gesorgt hat, mangelnde Qualität ist. Ganz im Gegenteil, denn "John Q" ist zwar nicht unbedingt innovativ, aber dennoch von der ersten Sekunde an packend und fesselnd wie schon lange kein Film mehr, der in der letzten Zeit neu in die Videotheken kam.
Einerseits ist es auch nicht besonders schwer, mit fabelhaften Schauspielerpersönlichkeiten wie Anne Heche, Robert Duvall, Ray Liotta und natürlich Denzel Washington ein mitreißendes Drama voller Gefühle zu inszenieren, zumal die Handlung teilweise eine Mischung aus "Desperate Measures" und "Verhandlungssache" ist. Andererseits jedoch ist es verdammt schwer, "John Q" nicht mit Kitsch und Klischees in Verbindung zu bringen, da die Story das eigentlich nicht vermeiden lässt. Der Film schafft es jedoch, nicht kitschig und klischeehaft, sondern trotz des Schlusses nachvollziehbar und realistisch zu sein. Selbstredend sieht man mit "John Q" keinen Film, über den in vielen Jahren noch geredet wird oder der sonst irgendwie Aufsehen erregt, es ist nun mal einfach gute 112-minütige filmische Unterhaltung, bei der keine Sekunde der Wille entsteht, die Stop-Taste der Fernbedienung zu drücken. Und seit wirklich ewigen Zeiten war ich bei einem Film mal wieder so gut unterhalten, dass ich innerlich utopischerweise hoffte, dass "John Q" ruhig noch ein wenig dauern könnte. Die 112 Minuten Lauflänge sind nicht unbedingt Durchschnitt, aber dermaßen kurzweilig und spannend inszeniert, dass das Ansehen eine wahre Freude ist.
Der Film beginnt, im Nachhinein gesehen, recht ungewöhnlich, da eine Eingangssequenz ja bekanntlicherweise immer von außerordentlicher Bedeutung ist und während des ganzen Films auf diese Sequenz rückgeschlossen wird. Das ist zwar bei "John Q" auch so, aber zeitlich gesehen spielt der Beginn des Films eine winzige Rolle. Mehr verrate ich allerdings nicht. Anschließend wird der Zuschauer dann nach und nach in das Leben der Archibalds eingeweiht, die aus dem Vater John Q., der Mutter und deren gemeinsamen Sohn Mickey bestehen. Die Familie lebt in ungeheurer Armut. In solch Armut, dass sogar das Auto der Familie eines Morgens abgeschleppt bzw. gepfändet wird. Ansonsten sind die Archibalds aber eine recht intakte Familie, die in wirklich jeder Sekunde zusammen zu halten scheint. Eines Tages bricht Mickey dann bei einem Baseballspiel zusammen und wird ins Krankenhaus gebracht. Dort wird die erschreckende Diagnose gemacht, sein Herz wäre zu groß und er hätte nicht mehr lange zu leben, es sei denn, es würde rechtzeitig ein Spenderherz gefunden. Diese Operation jedoch würde 250000 US-Dollar kosten. Die Archibalds willigen natürlich sofort ein, sind sie doch versichert. Die Krankenhausleiterin Paine, gespielt von Anne Heche, ist da aber anderer Auffassung, da diese schon ausgekundschaftet hat, dass die Versicherung der Archibalds keine Haftung für solcherlei kostenaufwendige Fälle ist. John Q hält das zunächst für einen Scherz, als er sich dann aber persönlich bei der Versicherung erkundigt, stößt er auf deren Zustimmung, dass die Aussage der Krankenhausleiterin korrekt gewesen ist. Als dann Mickey ein paar Tage später auch noch aus dem Krankenhaus entlassen wird, da die nötigen Kosten für die Operation trotz einiger Spenden an die Archibalds nicht finanziert werden können, packt John Q die verzweifelte Wut und er sucht einen allerletzten Ausweg...
Also ich muss schon sagen, wenn Washington für "Training Day" einen Oscar bekommen hat, hätte dies auch für "John Q" der Fall sein müssen. Ich will damit sagen, dass Denzel Washington meines Erachtens wirklich eine bessere Leistung liefert als bei seine oscarprämierte Arbeit in "Training Day". Vor allem die Szene gegen Ende, in der er minutenlang am Sterbebett seines kleinen Sohnes sitzt und einen ewig langen Monolog hält, ohne dass die Kamera von ihm abschwenkt, beweist das unglaubliche Schauspieltalent des Amerikaners. Der Rest der Garde macht seine Aufgaben gut, Robert Duvall erinnert teilweise an seine Rolle in "Falling Down", Ray Liotta spielt mal wieder das Großmaul, der zum Schluss doch noch einsichtig und kooperativ wird. Anne Heche spielt ihre Rolle wie verlangt recht hart, auf großartige Sympathien stößt sie bis gegen Ende auf gar keinen Fall.
Handwerklich ist alles solide, sowohl Kameraführung, Schnitt oder Sonstiges, Nichts müsste irgendwie hervorgehoben werden, weder im positiven noch im negativen Sinn. Der langsame Aufbau der Handlung macht es für den Zuschauer leichter, die ganze Dramatik zu erfassen und vor allem Alles realistischer zu machen. Nick Cassavetes hielt sich da wahrscheinlich sehr genau ans Drehbuch, was zu loben ist. Für Actionfans ist der Film also nicht unbedingt geeignet, da schon etwas der Kopf eingeschaltet wird. Die Auflösung des Ganzen mag dann vielleicht etwas zu gut sein, wenn man aber den ganzen Film über genau aufpasst, ist genau das der Fall, was die Geschworenen letzten Endes vor Gericht sagen.
Alles in allem ein guter Film, der zu überzeugen und unterhalten weiß, ohne irgendeine Sekunde auch nur ansatzweise langweilig zu sein. Wenig bis gar keine Schwächen, aber eben auch kein Überfilm, der irgendwie oder irgendwann speziell erwähnt werden wird. Ein unbekanntes Werk, das sich wirklich jeder ansehen kann. 7,5/10 Punkte