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Ähnlich wie der „Grinch“ ist „The Shadow“, wenn auch mit etwas weniger Zugkraft, ein Stück US-Popkultur, während er in Europa bislang ungefähr so berühmt war wie Schmitz von der Ecke. Während der Grinch jedoch nach der erfolgreichen Verfilmung mit Jim Carrey auch hier in aller Munde ist bzw. eine Zeit lang war, gehört der Schattenmann nach wie vor zu den Mysterien der Comic- und Superheldenwelt. Nur Wenige kennen die plötzlich aus dem Boden gepuffte Comicverfilmung. Denn die lief nicht nur hier erwartungsgemäß schlecht, sondern auch in ihrem Heimatland. In Anbetracht der relativen Popularität der Figur vielleicht überraschend, nicht jedoch daraufhin bezogen, dass die erste der insgesamt 325 Ausgaben bereits 1931 erschien. Zudem schoss der Film wie gesagt ziemlich unerwartet aus dem Boden und musste zu allem Überfluss letztendlich aussehen wie eine unmotivierte Kopie der nur wenige Jahre zuvor entstandenen Genrereferenz „Batman“ (und „Batman Returns“) von Tim Burton. Man bedenke, die Comicverfilmung hat erst in den letzten Jahren ihre Revolution erfahren, und alles, was in den Neunzigern erschien, musste sich am dunklen Rächer von Gotham City messen lassen.

Tja, und dank Einsteins Relativitätstheorie sah „Shadow und der Fluch des Khan“ dann auch gegenüber dem großen Bruder Batman trotz schicker Optik und mehr als zeitgemäßer Spezialeffekte relativ alt aus. Dabei wird der extreme Misserfolg dem Treiben auf der Leinwand nur bedingt gerecht, denn ansehbar ist das allemal. Nur ist es eben auch nix Besonderes. Speziell, was das Drehbuch anbelangt.

Das mutet nämlich an wie eine bunte Schnitzeljagd durch das retro-futuristische New York der 30er Jahre, bei der mit altbekannten Bösewichterphrasen vollkommen zusammenhangslos um sich geworfen wird. Da wird dann mal eben vom letzten Nachkommen des Dschingis Khan dessen Welteroberungsplan weitergeführt, was vom gefallenen Dämon Shadow aka Lamont Cranston (aka Alec Baldwin), der Khan in seiner Bösartigkeit einst ebenbürtig war, verhindert werden muss. Das ist schon im Ansatz ein verzerrt-satirischer Schrei an die Schwarz-Weiß-Mechanismen der frühen Comic-Historie und persifliert damit das Ur-Comic an sich, mit all seinen bereinigten, simplifizierten und überzeichneten Tuschestrichen. Da fällt die Überleitung nicht schwer zum knallig-bunten „Dick Tracy“, der übrigens als Realverfilmung wenige Jahre zuvor auf ganz ähnliche Weise auf die Nase fiel.

Dementsprechend lässt sich auch über den Cast leicht orakeln. Allen voran über Tim Curry, der gemäß seiner üblichen Rollenwahl (die sich wohl auch aus einem recht eng und auf eine Richtung ausgelegten Rollenangebot ergibt) mal wieder den fiesen Handlanger gibt, nicht anders als ein beliebiger Batman-Gegner-Helfershelfer oder gar Kevin J. O'Connor in „Die Mumie“. Den (Anti?-)Helden macht Alec Baldwin, als Sympathieträger wie immer auch hier ungeeignet. Und das ist ein wesentlicher Makel des Films, denn der Zuschauer dringt nicht durch die bunten Linien und Formen zu den Figuren hindurch, was eben gerade beim Hauptdarsteller ein wesentliches Problem ist. Man merkt schon in der Anfangssequenz, dass Baldwin als Bösewicht vielleicht besser aufgehoben wäre. Besonders der mit einem lebenden Dolch erzwungene Wandel zum Gutmenschen kommt nicht glaubhaft rüber, vor allem, weil er in der einen Szene von grundauf böse ist und in der nächsten die pure Güte gegenüber den Guten verkörpert (an die Bösen werden natürlich in Asskicker-Manier Prügel verteilt). Eine innere Zerrissenheit, ein quälender Kampf zwischen den beiden Seiten ist nie zu finden; ein weiteres Qualitätsdefizit gegenüber dem Flattermann aus Gotham City, möglicherweise auch gegenüber der eigenen Comicvorlage (die mir jedoch nicht bekannt ist, weshalb ich das nicht beurteilen kann).
Allerdings, und das muss man Baldwin zugestehen, er versteht es, seine Figur trotz des fehlenden Identifikationspotentials unglaublich cool und mysteriös erscheinen zu lassen. Sicherlich auch durch den ein oder anderen Effekt forciert, verschmilzt Baldwin mit den Fähigkeiten und Eigenschaften seiner Figur, stiert mit hypnotisierenden Augen sein Gegenüber an und strahlt eine faszinierende Leinwandpräsenz aus, die es durchaus in sich hat. Insofern ist er dann doch nicht fehlbesetzt.
John Lone spielt den Gegenspieler Shiwan Khan ganz ähnlich wie Baldwin: keineswegs in irgendeiner Art und Weise nachvollziehbar, jedoch mit einer überraschenden Tiefe, die wiederum bevorzugt durch die Augen ausgestrahlt wird. Zumindest macht er das Beste aus dem Drehbuch, das die Figur dann doch auf den wahnsinnigen Welteroberer reduziert und ihr damit unzählige Klischees aufdrängt. Penelope Ann Miller agiert lediglich als verschiebbares Objekt, sozusagen der Prototyp dessen, was einst Patricia Arquette berühmt gemacht hatte, und ist in ihrer Funktion ähnlich wie Tim Curry ein klassisches Utensil des Comicfilms, wenig überraschend, aber irgendwie beruhigend. Ian McKellen ist leider mal ganz verschenkt.

Nun handeln und dialogisieren sich diese Figuren also durch einen Plot, der auf Authentizität pfeift und lieber auf Action und Eyecandy setzt. Das beginnt bei dem anfänglichen Kampf mit dem lebenden Dolch und endet im ultimativen Endkampf, der aber leider kein bisschen spektakulärer ausfällt als das, was man zuvor sehen durfte. Sich stets auf einem Level bewegend, wird es zwar nie langweilig, jedoch auch nie so wirklich aufregend, was daran liegt, dass einfach ein Klimax fehlt, der den dramaturgischen Aufbau strukturieren könnte. Nun kommt es aber so, wie es halt kommen muss: Böse wird zu Gut, Gut trifft in einer Art Spiegelsituation auf Böse, Böse will Gut auf eigene Seite bringen, Gut schlägt aus, es folgt ein Fernduell zwischen Gut und Böse, dann trifft Gut auf Böse's Helferlein, bevor Gut zum letzten Mal auf Böse trifft und es plattmacht. Hupps, war das jetzt ein Spoiler?

Was nun über die enorme Vorhersehbarkeit des Plots weghilft, das ist die tricktechnische Inszenierung, die vielleicht auch wegen fehlender Kenntnis über die Comicvorlage zum Glück mit Unvorhersehbarkeit glänzt und das ein oder andere Schmankerl zu bieten hat. Wirklich verblüffend gut, wenn auch sehr zentral präsentiert sind die zahlreichen Spezialeffekte, die 1994 noch zur Spitze des Möglichen gehört haben dürften. Das 30er-Jahre New York wirkt dadurch zwar alles andere als authentisch, dafür aber ungemein lebhaft und detailverliebt. Besonders bemerkenswert ist es, dass man immer, wenn die Aussicht auf glaubwürdige Special Effects gering war, lieber auf Altbewährtes wie Schatten- und Lichtexperimente gesetzt hat. Nie hat man das Gefühl, ein Effekt sei störend oder dränge sich in seiner Unvollkommenheit vor den beabsichtigten Zweck. Das war sicherlich auch gerade in Hinblick auf die Thematik ein geschickter Schachzug, denn die Story über einen Menschen, der in seinem eigenen Schatten verschwinden kann, erfordert auch etwas Subtilität und Undurchsichtigkeit. Und erfreulicherweise bekommen wir trotz der knallbunten Schauplätze davon auch etwas zu sehen: der nächtliche Kampf auf der Brücke wirkt mit Shadows schallendem Gelächter niemals lächerlich, sondern erreicht stattdessen sogar eine gewisse Dreidimensionalität, während die Vorstöße aus dem Dunkeln schon das erahnen lassen, was in Paul Verhoevens „Hollow Man“ beinahe zur tricktechnischen Perfektion getrieben wurde. Ganz stark bleiben jedoch die Beleuchtungstricks im Gedächtnis hängen, vor allem, als Lamont Cranston Margo Lane im Restaurant geistig vernebelt und sich dabei sein Gesicht ganz dezent in Schatten hüllt, ebenso wie die Szene, in der man bei wechselnden Lichtverhältnissen im Rückspiegel eines Taxis sieht, wie sich Lamont Cranston in „The Shadow“ verwandelt. Das ist alles wunderbar subtil, zumal sich die Gesichtskonturen bei der Verwandlung auch noch leicht verändern. Ohne den Comic zu kennen, kann man hier schon beinahe von vorlagengetreuer Umsetzung sprechen.

So ist „Shadow und der Fluch des Khan“ in der Summe eine ebenso knallig-bunte wie angenehm-subtile Comicverfilmung, die optisch einige Sehenswürdigkeiten zu bieten hat, handlungstechnisch jedoch daherkommt wie eine unfreiwillige Comicfilmparodie. Dazu trägt auch das fehlende Identifikationsvermögen der Hauptfigur bei, die dafür sorgt, dass man dem Geschehen nur auf Distanz folgt. Auch sämtliche andere Charaktere geben sich eher als Typen denn als individuell interessante Figuren. Außerdem stagniert der Spannungsaufbau durchweg. Das Interesse des Zuschauers wird dennoch durch die visuelle Umsetzung erhalten. Des Schauwertes wegen:
6/10

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