Review

Mit „Cannibal Holocaust“ erlangte der italienische Regisseur Ruggero Deodato einen eher zweifelhaften Ruhm – der Splatterfilm schockierte mit extrem widerwärtigen Kannibalismusszenen, die im krassen Gegensatz zu den tollen Landschaftsaufnahmen standen.

„Cut & Run“ ist die insgeheim gewünschte „Fortsetzung“ von „Cannibal Holocaust“, welche zwar die Reporter-im-Dschungel-Thematik aufgreift; zwar nicht mit Kannibalismusszenen aufwartetend, dennoch was harten Splatter angeht seinem „Vorgänger“ in nichts nachsteht.

Im tollen Vorspann fährt die Kamera durch venezuleanische Gewässer zu auf einem im Wasser errichteten Stützpunkt eines Drogenkartells. Hier wird der „Stoff“ verarbeitet und verpackt – der Transport verläuft über Luftwege. Doch der Schein der stillen, malerischen Natur (die Bilder sind wirklich klasse) trügt. Wie aus dem Nichts taucht ein glatzköpfiger Hüne auf, der unbemerkt den ersten der kontrollierenden Wächter erledigt. Ihm folgen (ebenfalls aus dem Nichts auftauchend) dutzende von Eingeborenen, die mit Blasrohren und Co. so richtig aufräumen...wie sich später herausstellt, war dies ein Anschlag eines befeindeten Drogenkartells unter der Leitung des sadistischen Colonel Horne (Richard Lynch).

Ist dieser auch verantwortlich für die Entführung des Sohnes eines führenden TV – Nachrichten - Chefs. Dies wird in den folgenden Minuten klar, als die ambitionierte Reporterin Fran (Lisa Blount) und ihr Kameramann Mark in Miami Zeuge eines stattgefundenen Massakers an Drogendealern werden. Sie finden ein Foto, auf dem der Colonel und der Sohn des Nachrichten – Chefs zu sehen sind. Mithilfe seiner finanziellen Unterstützung machen sie sich auf nach Venezuela, nicht wissend, auf was sie sich eingelassen haben. Denn neben den Eingeborenen müssen sie sich noch unzähligen anderen Gefahren des Dschungels erwehren...

„Cut & Run“ ist sicherlich einer der besten Filme von Deodato. Einer der bekanntesten sowieso. Warum kann dieser Film überzeugen? Nun es liegt wohl an der tollen Mischung aus Splatter- und Abenteuerfilm, angereichert mit guten Actionszenen und einem überzeugenden Cast.

Die Gewaltszenen sind wie gesagt nicht so schockierend und anwidernd wie bei „Cannibal Holocaust“, aber dennoch ziemlich krass und krude. Insbesondere im Prolog wird die Gangart des Filmes deutlich gemacht. Gottseindank entfernt sich Deodato in „Cut & Run“ von den kannibalistischen Einlagen; Föten werden hier nicht aus dem Mutterleib gerissen, dennoch gibt es genug extreme Szenen. Erwähnend sei eine Szene, in dem ein Mann durch eine Falle in zwei Teile gerissen wird. Weder ein Fulci (Demonia) noch ein Ittenbach (Burning Moon) erreichen die Intensität wie hier. Zwar sind die Splatterszenen selbstzweckhaft und auch zahlreich, aber kurz geschnitten und nicht wirklich explizit.

Tiersnuff hat ebenfalls keinen Weg in den Film gefunden, was nach „Cannibal Holocaust“ nicht zu erwarten war, aber letztlich dem Film nicht schadet.

Aufgrund der reisserischen Machart und quasi „vorgewarnt“ durch unzählige Verbote von „Cannibal Holocaust“ lechzten vor allem japanische und deutsche Vertriebe nach mehr Blut, so das Deodato „Cut & Run“ in zwei verschiedenen Versionen drehte, die sich u.a. durch ihre graphische Darstellung unterscheiden. Seine volle Pracht der gut gemachten F/X entfaltet der Film natürlich nur in der Unrated Fassung.

Die Landschaftsaufnahmen und der Dschungel sehen einfach nur toll und wunderschön aus. Die restaurierte Anchor Bay DVD strotzt förmlich vor satten Grüntönen. So soll es sein – echter Dschungel statt Studiokulissen oder vorgegaukelter Urwald. Denn nur so kann Atmosphäre erreicht werden. Und die hat der Film. Besonders in den Jagdsequenzen oder allgemein in der venezuleanischen Botanik wird ein hohes Maß an Atmosphäre erreicht. Durch den stimmigen Score von Claudio Simonetti gewinnt der Film an Spannung.

Der Cast ist auch sehr gut; Lisa Blount als Reporterin ist überzeugend neugierig und entschlossen und auch ihr Kameramann ist mit Leonard Mann gut besetzt. Zwar sind die Charaktere nicht so stark ausgebaut, dennoch sympathisch. Auf der „Gegenseite“ gefällt vor allem Michael Berryman als furchteinflössender Hüne mit seinen riesigen Augen; die Szenen wo er agiert, gehören mit zu den besten im Film. Richard Lynch als Colonel hat leider nur in den letzten Minuten einen Auftritt, was sehr schade ist – hier hätte Deodato ihm mehr Platz einräumen sollen. Trotzdem eine intensive Darstellung seines Charakters.

Fazit: Deodatos zweiter Dschungelsplatter ist das, was „Cannibal Holocaust“ nicht war: ein sinnfreier, blutiger Splatterfilm in wunderbarer Landschaft, der sich zwar nicht in seinen Gewaltszenen wälzt, den Genrefreund jedoch bestens unterhält - unterhält, nicht "ins Gesicht schlägt"! Das solch ein „namenhafter“ Cast mitwirkt, ist weiterer Pluspunkt des Filmes.

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