Review
von Con Trai
<!--StartFragment -->Eine rührend unzulängliche Liebe zwischen zwei Menschen, die nie wirklich richtig zueinander finden, dies noch nicht einmal wahrhaftig suchen, aber sich dennoch auf ihre Weise näher stehen als sonst Jemand in ihrem Leben erzählt If You Are the One. In einer unaffektierten, angenehm natürlich erscheinenden Formulierung fern von jeder schwärmerischen Pose oder auch kultivierten Pedanterie zeichnet Regisseur Feng Xiaogang in seinem Werk ironischer, aber auch dramatischer Selbstunterminierung die langsame Fühlungsnahme eines Paares auf, die doch keines sind.
Die Geschichte ist im Grunde konventionell, von einem nie zu erschöpfenden Stoff. Auf gängiger Praxis entstanden, in gefälligen Ton gestimmt und aus unumstößlichen Grundsätzen erwiesen. Der Ausgangspunkt ähnelt verblüffend der streng durchgezogenen Idee von Call for Love [ 2007 ], in der ein reifer Mann inmitten seiner midlife crisis merkt, dass Ihm doch etwas zum Glücklichsein fehlt und auf die Suche nach der Richtigen im Leben geht. Wo dort der Mitvierziger per Zufallstreffer diverse blind dates in die Ethnografie absolviert, die allesamt mehr oder minder im Fiasko des Gegensatzes der Geschlechter enden, bevor er durch viel Glück doch Jemand Passendes erhascht, ist hierbei wie auch unter umgekehrten Vorzeichen beim taiwanesischen The Personals [ 1998 ] dieselbe Schwierigkeit gegeben. Die Abstraktion des Gedankens, durch möglichst viel Ausprobieren entsprechende Ergebnisse zu erzielen, quasi jeden Stein im Lande umdrehen, um zu schauen, ob nicht darunter das Glück liegt. "Better to kill thousand innocents, than set one guilty person free."
Das Dilemma, die eigenen Ansprüche mit denen anderer Personen, die inneren Vorstellungen mit der äußeren Unvollkommenheit und das Glück des Traumes mit der Gefahr des Traumes anzugleichen, hat auch hier wie dort und wie so oft eine ähnliche vorrangige Bedeutung für die Handlung im screwball setup, die Charakterisierung und die Kommentierung der Figuren, deren Wortgefechte getreu der Tradition mit Ausflüchten, Argumenten und Spitzfindigkeiten gefüllt sind. Sehnsucht und verloren gegangene Erfüllung im selten erreichten Ideal:
Qin Fen [ Ge You ] hat viel gesehen und viel erlebt in seinem bisherigen Dasein, war im Ausland, hat verschiedenen Tätigkeiten ausgeführt, manche Freundschaften geschlossen und einige Liebschaften gehabt. Im Grunde genommen fällt er in der Menge der Gemeinschaft ebenso nicht großartig auf, wie er wie Jeder Andere für sich gesehen dennoch etwas Besonderes darstellt. Qin, Jemand wie Du und Ich, finanziell auf Weiteres ausgesorgt, ringt nach Glückseligkeit und Abgeklärtheit, nach einer Beziehung und nach Freiheit. Er gibt eine Annonce nach einem Partner auf, trifft sich erstmal wahllose mit mehreren potentiellen Kandidatinnen, doch entweder die Anziehungskraft ist nicht gegeben, das Interesse von Ihm oder der Anderen, oder man passt ganz einfach nicht zueinander. Auch das Date mit der Stewardess Liang Xiaoxiao [ Shu Qi ], Spitzname Smilie, entpuppt sich schnell als Schlag ins Wasser; die junge Dame ist bereits seit Jahren unglücklich in einen verheirateten Mann [ Alex Fong ] verliebt. Als sich alle Drei unerwartet auf einem Flug wiederfinden, ändert sich für Jeden von Ihnen der bisherige Weg.
Die Suche nach etwas scheinbar Unmöglichen, der gleichzeitigen Erregung seines eigenen und der Eroberung eines anderen Herzens, stellt dabei nur den Eingangssatz der zwischen Schwank, Anekdote und sozialer Kreisgeschichte konzipierten Gestaltung dar; die Wechselbeziehung zweier Menschen innerhalb einer ausgeglichenen Komödie romantischer und dramatischer Struktur als der entscheidende Schritt aus der konventionellen Haltung heraus. Die Wandlung erfolgt mittig, während des Zusammentreffen aller drei Personen an einem gemeinsamen Ort. Bis dahin wurde das Davor erzählt, in einer lebensfrohen Realität, die im Triumph der Instinkte nicht extra eine komödienhafte Scheinwirklichkeit vortäuschen muss. Inszeniert mit der ästhetischen Kraft eines scheuen Wunschdenkens, dass selbst in einfacher Allgemeinheit seine Besonderheit findet; die der einer unverdorbenen, da irgendwie unschuldigen Schöpfung ohne Verstellung und Zwang.
Zwar zielen einige Begebenheiten in dem Kreislauf der Liebe und der Nichtliebe sowohl auf das Herz, den Verstand und auch auf das Bauchgefühl ab, wirkt das seltsam vertraute Geschehen aber niemals so, als hätte man es aus der fremden Phantasie heraus erschaffen müssen.
Auch wird die Öffentlichkeit mit eingebunden, drehen sich in den Zusammenkünften zwischen Mann und Frau die Gespräche auch immer um aktuelle Belange wie die Verfassung der Gesellschaft, die Finanzkrise, der Absturz des Aktienmarktes, Katastrophen wie Flut und Erdbeben, und hat Qin sein Geld auch mit der Angst vor Konflikten und Kontroversen und der Beruhigung dessen gemacht. "What is the most precious in the 21st Century? Harmony." [Eine Botschaft, die im chinesischen Festland hervorragend ankam und der Huayi Brothers Media Corp./Media Asia Films Produktion das Zweithöchste Einspiel des Kinojahres 2008 einbrachte, in HK allerdings als unter ferner liefen ignoriert wurde; was den seit durchgängig einem Jahrzehnt vom Erfolg verwöhnten Regisseur prompt zu einer kleinen Tirade gegenüber dem unwilligen/unreifen Publikum verführte.]
Nun, wo es an das Eingemachte geht, das Höchstpersönliche, das Subjektive und das Intime, wo jeder Ziel versagt, folgt das wohlausgesuchte Währenddessen. Denn Qin, der bislang nur missliche Abenteuer in all ihrer beliebigen Auswechselbarkeit erlebt hat und an seiner fortschreitenden Einsamkeit leidet, und Liang, die einsehen muss, dass ihr Objekt der Begierde keine Anstalten macht, seine Ehefrau für sie zu verlassen, schließen in aller traurigen Besonnenheit einen stillen Pakt miteinander: Sie heiraten sich gegenseitig. Er, der von ihrer Schönheit überwältigt ist, darf ihre Anwesenheit und die ehelichen Pflichten mit ihr genießen. Sie, die von den Männern bzw. einem Exemplar speziell zutiefst enttäuscht mit leerem Herzen ist, bekommt einen zuverlässigen Rückhalt geboten. Eine Art treuen Freund, der als Zuhörer und Seelsorger ohne Murren immer für sie da ist.
Das ist die nackte Theorie. Die Lösung. Und der Fehler.
Die lange Zeit anhaltende Glaubhaftigkeit des ganzen Reigen und die erst nachfühlbaren Schilderungen, die greifbaren Gefühle und die vertraut klingenden Dialoge und Monologe verändern sich, zu einer Maßnahme wie eine Pflichtübung, wie eine private Festaufführung, für einen konkreten Anlass. Ohne den magischen Zauber intensiver Gefühle, aber auch frei von Schmerz, Verlustängsten und anderen Affekten. Eine rein praktisch intendierte Verwirklichung, die sowohl eine gewisse Portion Egoismus als auch den Anspruch auf alleinigen Besitz des Anderen miteinbezieht, ohne gleich eine innere Vereinigung mit diesem zu erreichen oder wenigstens das sinnliche Verlangen danach zu hegen. Ein jeweils einseitiger, aber stabil anmutender Kompromiss, gleichzeitig befreiend in seiner wesentlichen Offenbarung nach Sicherheit und Heilung als auch beängstigend als sanftschauernde Wahrheit. Ein geteiltes Glück, dass momentan das Beste für sie darstellt, in all seiner Wärme und Kälte und den hellen und dunklen Stellen.
Einen ausgeprägt lyrischen Stil weist deswegen nicht das nunmehrige Zusammensein der beiden Individuen und auch nicht das erst tragische, dann doch wieder nachträglich ins Optimistische verwandelte Ende, sondern in ihrem regelmäßigen Einerlei der Schauplatz voll Reichtum der Natur selber auf. Liang reist von Berufs wegen durch das Land, Qin aus privaten Gründen, dann Beide zusammen. Von Beijing nach Haikou, von Huangzhou nach Hokkaido samt Shiretoko-Nationalpark, der Küste des Ochotskischen Meeres, den Kushiro-Sümpfen, deren jeweils betörend friedliche, nahezu makellose Geographie die tiefe Macht des Gemüts auslöst. Und das Paar gleichfalls kollektiv in unmittelbare, zur Andacht einladenden Existenz unauslöschlicher Eindrücke rückt.