Die Kritik beruht auf der ungeschnittenen DVD-Fassung vom Low-Budget-Label MCP Sounds & Media!
Was haben die Freunde des germanischen Exploitation-Movies dem ehemaligen Cutter Walter Boos nicht alles zu verdanken?
1974 - auf dem Höhepunkt des internationalen Erfolgs von "Der Exorzist" - brachte er "Magdalena - Vom Teufel besessen" auf die Leinwand, ließ im gleichnamigen Sexfilm die prallen Möpse hüpfen und begeisterte das Kinopublikum mit unzähligen Report-Filmen wie den "Ostfriesen-Report" oder den "Schulmädchen-Report".
Die Sexfilm-Welle der 70er und frühen 80er Jahre machte Boos zu einem der meistbeschäftigten Regisseure dieser Epoche.
Mit seinem Film "Die Schulmädchen vom Treffpunkt Zoo" von 1979 kombinierte er Suchtdrama mit Softsex und nahm somit Bezug auf das ein Jahr zuvor erschienende Buch "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo", dessen autorisierte Verfilmung durch Uli Edel erst 1981 erfolgte.
Mit der damals 12-jährigen, sehr frühreifen Katja Bienert sorgte Boos für einen handfesten Skandal, denn lange bevor Schundfilmer Jess Franco das Lolita-Image der Bienert in dem Sexfilm "Lolita am Scheideweg" in Szene gesetzt hatte, war es Walter Boos, der die knospenden Brüste seiner blutjungen Darstellerin einem Millionenpublikum zur Schau stellte.
Ende der 70er Jahre, nachdem sämtliche Bevölkerungsschichten und ihr Sexleben in unzähligen Report-Filmen durchleuchtet wurden und auch der "Schulmädchenreport" keine neuen Akzente setzen konnte, da alle möglichen Stories bereits erzählt und alle Stellungen abgearbeitet worden waren, kam der autobiographische Roman "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" gerade recht.
Das Buch schilderte minutiös und in deutlichen Worten die Geschichte des drogenabhängigen Mädchens Christiane F. und ihrer Freunde. Dargestellt wurde der Teufelskreis aus persönlichen und sozialen Problemen, Drogenabhängigkeit, Verrohung, Kriminalität und Beschaffungsprostitution.
Die literarische Vorlage lieferte Drehbuchautor Georg Eimer und Regisseur Walter Boos genug Stoff, um daraus eines der schnell und günstig abgekurbelten Flickwerke für die Lisa-Geiselgasteig-Film-Produktionsgesellschaft zu schustern, die darauf spezialisiert war, das deutsche Kinopublikum mit einfach gestrickten, trivialen Groschenheft-Stories zu unterhalten, bei denen Sex, Crime und Comedy im Vordergrund standen.
Und letzten Endes ist "Die Schulmädchen vom Treffpunkt Zoo" auch nichts anderes, als eines der üblichen, plakativen Machwerke für ein voyeuristisches, anspruchsloses Publikum.
Der im Buch detailliert geschilderte Teufelskreis wird bei der inoffiziellen Verfilmung nur ansatzweise und vor allem vordergründig dargestellt.
Regisseur Boos ist zwar bemüht, das kriminelle, schmierige Milieu glaubhaft darzustellen, doch sind diverse Szenen in miefigen Spelunken und Peep-Shows mehr selbstzweckhaft inszeniert. Einzig und allein das, was dem Publikum als Sensation oder Tabubruch verkauft werden kann, dominiert das Handlungsgeschehen, während die eigentliche Drogenthemaik nur angerissen wird.
Das macht sich vor allem gegen Ende des Films bemerkbar, als ein kompletter und für die Handlung nicht unwichtiger Erzählstrang auf fünf Minuten komprimiert wurde, da diverse Sexszenen den Löwenanteil ausmachten und einen höheren Stellenwert innerhalb der Handlung beanspruchten, als die Drogen-Thematik, die vorrangig im Fokus der Insznierung hätte stehen müssen.
Und somit ist Walter Boos zweifelhafter Sex-and-Crime-Exploiter eine leidlich unterhaltsame Mischung aus zotigem "Schulmädchenreport" und reisserischem Milieu-Drama mit fragwürdigen, ausländerfeindlichen Tendenzen.
Zu erwähnen sei noch, dass es Tobias Meister nach diversen peinlichen Auftritten in Filmen dieser Klasse vom teutonischen Zachi Noy-Verschnitt zum Tierarzt-Assistenten in der ZDF-Serie "Ein Heim für Tiere" bis hin zu einem der gefragtesten und meistbeschäftigten Synchronsprecher gebracht hat, der Stars wie Gary Sinise oder Kiefer Sutherland seine Stimme leiht.
Und auch Katja Bienert konnte ihr "Lolita"-Image erfolgreich ablegen und ist heute Mitglied der *Gator-Group*, einem Zusammenschluss von Autoren, Regisseuren und Schauspielern, die gemeinsam Low-Budget-Videoprojekte planen und realisieren.