„People don´t like People who see dead People.”
Nach dem überraschenden Erfolg von M. Night Shyamalan´s „the Sixth Sense“ an den weltweiten Kinokassen im Jahre 1999, welchen ich mir bis heute (besonders angesichts der doch eher mäßigen Qualität jenes vielerorts gnadenlos überschätzten „supernatural Thrillers“) noch immer nicht umfassend zu erklären vermag, erschienen in der Folgezeit (erwartungsgemäß) diverse ähnlich konzipierte bzw geartete Produktionen – zu denen David Koepp´s (meiner Meinung nach sträflich ungenügend gewürdigter) „Stir of Echoes“ übrigens nicht gezählt werden darf, denn obgleich später veröffentlicht, ist jener tatsächlich etwas früher als sein bekannterer „Genre-Kollege“ entstanden. Vorliegend soll es nun aber im Speziellen um „the Sight“ (2000) gehen – ein von Paul W.S. Anderson („Event Horizon“/„Resident Evil“/„Death Race“) im Auftrag der britischen „Sky Broadcasting“-AG sowie des amerikanischen „20th Century Fox Television“-Senders verfasster, produzierter und inszenierter Pilotfilm für eine letzten Endes nie realisierte Fernsehserie, welche sich aller Voraussicht nach im (hauptsächlich inhaltlichen) Windschatten des genannten „großen Vorbilds“ bewegt hätte…
Michael Lewis (Andrew McCarthy) ist ein aufstrebender New Yorker Architekt, der seit einiger Zeit unter einer Reihe bizarrer Albträume leidet, in denen in erster Linie ermordete Kinder vorkommen und deren Herkünfte er sich einfach nicht erklären kann – schließlich geht es ihm, abgesehen von jenen nächtlichen Heimsuchungen, allgemein eigentlich ganz gut. Gerade in Sachen Karriere schreitet sein Leben aktuell in großen Schritten in eine erfreuliche Richtung voran: Kürzlich war es ihm und seinem Geschäftspartner Jake (Kevin Tighe) nämlich erst gelungen, einen umfangreichen wie prestigeträchtigen Deal an Land zu ziehen – die Renovierung des alt-ehrwürdigen „Arcadia“-Hotelkomplexes im Herzen Londons, welches viele Jahre lang leer stand und nun das Potential in sich birgt, ihm den internationalen Durchbruch auf dem Gebiet seiner Profession zu bescheren. In der britischen Hauptstadt eingetroffen, begibt er sich umgehend an die planerischen Vorbereitungen der eigentlichen Arbeiten – aber auch hier reißen die Träume nicht ab, sondern werden stattdessen gar noch intensiver. Zudem lassen ihn merkwürdige Erscheinungen bzw Visionen nicht zur Ruhe kommen: Beispielsweise trifft er eines Nachts innerhalb der alten Gemäuer auf ein kleines Mädchen, welches ihm noch schnell die Frage „Can you help me?“ stellt, bevor sie spurlos verschwindet. Nervlich entsprechend angespannt, verschlimmert sich seine gesamte Verfassung und Lage ein merkliches Stück weiter, als er auf dem späten Heimweg eine alte Dame (Honor Blackman) überfährt, die plötzlich direkt vor seinen Wagen auf die Straße getreten war – ohne der geringsten Chance, den Unfall noch abzuwenden, verstirbt sie, die seltsamerweise seinen Namen kennt, im Anschluss mit den Worten „You mustn´t worry, Michael…I know you can be strong“ in seinen Armen…
Auf der Polizeiwache berichtet man ihm infolge dessen, dass ihr Name Margaret Smith war und sie zuvor (heimlich) ein Krankenhaus verlassen hatte, in dem sie sich zuletzt aufgrund einer Krebserkrankung (im Endstadium) aufhielt. Es dauert daraufhin nicht lange, da wird Michael (zu seiner großen Verwunderung) von Margaret´s Anwalt kontaktiert, welcher ihm eröffnet, dass sie die Besitzerin des „Arcadia“-Hotels war und von Anfang an speziell seine Person für den Auftrag verlangt hatte. Zusätzlich überreicht jener ihm (im Namen seiner Klientin) einen Brief sowie den Schlüssel zu einem geheimnisvollen Zimmer des Gebäudes: In ersterem eröffnet sie ihm, dass er (wie sie zuvor) über das „Zweite Gesicht“ verfügen würde, also die „zwischen den Welten gefangenen Toten“ sehen und mit ihnen interagieren könne – und in letzterer Umgebung erscheint sie ihm schließlich „leibhaftig“ als Geistergestalt, quasi als Beweis ihrer schriftlich fixierten Worte. Bevor sie dann selbst eine beeindruckende Spiraltreppe dem „göttlichen Licht“ entgegen hinaufschreitet, erklärt sie noch, dass es nun an ihm liegen würde, den rastlosen Seelen zu helfen, um jenen auf diesem Wege den ewigen Frieden zu ermöglichen. Zurück bleibt ein ziemlich verwirrter Michael, der ab sofort von 21 Verstorbenen begleitet wird, unter denen sich sowohl die ihm hilfreich zur Seite stehende Isobel (Jessica Oyelowo) als auch das kleine Mädchen aus dem „Arcadia“ befinden, welches (wie sich herausstellt) kürzlich einem in der Stadt wütenden Serienkiller zum Opfer gefallen war. Sobald er sich einigermaßen gefasst und mit dieser Gegebenheit mehr oder minder abgefunden hat, erkennt er, dass jener aktuelle Fall nun also seine „Feuertaufe“ darstellen soll: Gemeinsam mit den Getöteten sowie Jake und der Polizistin Pryce (Amanda Redman), welche er über die spezifischen Details natürlich im Unklaren belässt, geht er fortan den gelieferten Hinweisen nach – und kommt so dem Täter auf die Spur, der anscheinend eine alte Mordserie aus der Nachkriegszeit kopiert. Erwartungsgemäß bringen ihn seine Ermittlungen zunehmend selbst in direkte Gefahr – ferner avanciert er in den Augen der Behörden aufgrund seiner genauen Kenntnisse rasch zu ihrem Hauptverdächtigen…
„the Sight“ feierte am 29. Oktober 2000 seine Premiere auf dem US-TV-Sender „FX“ – warum die eigentlich angedachte Serie (wie bereits erwähnt) nie grünes Licht erhielt, obgleich die Verantwortlichen bei „Sky“ angeblich ein nicht unerhebliches Interesse an dem Projekt (in seiner Gänze) bekundeten, vermag ich leider nicht zu sagen. Vielleicht resultierte das letztliche Scheitern zum Teil mit aus der Gegebenheit, dass es sich um eine britisch-amerikanische Co-Produktion handelte und sich solche Verbindungen in der Vergangenheit schon des Öfteren relativ schnell als ziemlich kompliziert entpuppten – ich weiß es nicht. Inhaltlich kann man diesen übernatürlichen Mystery-Thriller jedenfalls in etwa als eine Kreuzung aus einigen klassischen Grusel-Archetypen, einer „gängigen“ Veröffentlichung aus dem Hause Chris Carter („the X-Files“) sowie der zu jener Zeit allgemein ja angesagten „den Toten Unterstützung leisten“-Materie umschreiben. Es ist offensichtlich, dass diese Show, wäre sie denn umgesetzt worden und auf Sendung gegangen, auffällig viele Elemente aufgewiesen hätte, welche verschiedene seither entstandene Serien (teils recht prominent) aufgegriffen haben – man betrachte da nur mal (vergleichend) „the Dead Zone“ (2002), „Medium“ (2005) oder „Ghost Whisperer“ (2005).
Im Sinne eines eigenständigen Spielfilms, als welcher er im Folgenden in etlichen Ländern auf DVD herausgebracht wurde, leidet der Streifen in unterschiedlichen Bereichen geradezu zwangsweise (variierend stark) sowohl an so manch einer Ausprägung seiner TV-Herkunft als auch an seiner ursprünglichen Konzeption als Einstiegsfolge einer eigentlich ja (u.a. hinsichtlich der Art der Handlungsentfaltung) längerfristig ausgerichteten Reihe. Demgemäß oberflächlich ist die grundsätzliche Charakterzeichnung ausgefallen, da man erst einmal nur die notwendigsten Informationen zu den einzelnen Protagonisten geboten erhält, und diverse Storylines, wie zum Beispiel die sich um Isobel und die anderen der insgesamt 21 unruhigen Seelen rankenden, bloß angerissen werden sowie ohne Auflösung verbleiben. Zudem endet die gesamte Angelegenheit mit einem riesigen Cliffhanger, der den Blick auf eine ganz neue Ebene der Geschichte preisgibt: In den Abspann entlassen wird der Zuschauer nämlich in Form einer (post-) apokalyptischen Vision, welche Michael inmitten eines verwüsteten und meterhoch mit Sand bedeckten New Yorker Straßenzugs stehend zeigt – und zuvor hatten ihn noch zwei dunkel gekleidete Gestalten (Jason Isaacs & Edie Falco) aus einiger Entfernung heraus beobachtet sowie die Feststellung bzw Anmerkung „He doesn´t know how special he is…“ ausgesprochen, was eventuell auf eine existierende Organisation ähnlich jener in TV´s „Millennium“ hindeuten mag, was aber rein als eine Spekulation meinerseits zu werten ist (sie könnten schließlich ebenso gut Geister gewesen sein).
Andrew McCarthy, seines Zeichens ja einer der ursprünglichen „Mitglieder“ des 80er Jahre „Brat Packs“ der Traumfabrik, ist bis heute noch immer vor allem für seine Beteiligung an Werken wie „Pretty in Pink“, „Mannequin“, „Less than Zero“ oder „Weekend at Bernie´s“ bekannt, bevor es in den 90ern deutlich ruhiger um seine Person wurde und man ihn zuletzt in erster Linie in verschiedenen TV-Produktionen (á la „Kingdom Hospital“ oder „Lipstick Jungle“) zu Gesicht bekam. Er agiert solide, das will ich ihm mal lassen, aber ich bin mir beim besten Willen nicht sicher, ob das ausgereicht hätte, um als Lead einer Serie (wie der hier angedachten) auf Dauer bestehen zu können – dazu fehlt es ihm einfach zu sehr an Charisma und Nachhaltigkeit. Amanda Redman (TV´s „Dangerfield“/„Sexy Beast“) spielt die resolute Polizistin mittleren Alters überzeugend, ihr Vorgesetzter wird von Maurice Roëves („Beautiful Creatures“) verkörpert. Als Isobel hat mir Jessica Oyelowo („Sleepy Hollow“) angenehm zugesagt – was allerdings, das gebe ich offen zu, eher an ihrer Schönheit und Ausstrahlung als der tatsächlichen Performance lag. Die weiteren Nebenrollen wurden, u.a. mit Kevin Tighe („Men of War“), Alexander Armstrong („Match Point“) sowie einigen talentierten Kinderdarstellern, mehrheitlich passabel besetzt, und außerdem habe ich mich gefreut, Honor Blackman („Pussy Galore“ aus „Goldfinger“ herself) erneut mal wieder vor der Kamera agieren zu sehen – jedenfalls in einem Film, der mich interessiert (allgemein ist sie ja recht aktiv in der Hinsicht). Die Auftritte von Jason Isaacs („the Patriot“) und Edie Falco („the Quiet“) sind im Übrigen nichts mehr als Cameos und daher nur eine Randbemerkung wert.
Paul W.S. Anderson war noch nie für die Qualität seiner Drehbücher bekannt: Seine Stärken liegen primär im Bereich der handwerklichen Umsetzung der entsprechenden Vorlagen seiner ins Auge gefassten bzw zur Realisierung angedachten Projekte – und auch „the Sight“ markiert da keinerlei Ausnahme. Freilich bedient sich das Skript (fleißig) einer ganzen Reihe altbekannter Versatzstücke des Genres, was den Überraschung- und Originalitäts-Faktor jeweils auf ein Minimum reduziert, und wartet ebenso nicht gerade mit reichhaltigen oder preisverdächtigen Dialogzeilen auf – jedoch vermag es gleichermaßen (zumindest punktuell) einige nette Einfälle und Szenarien aufzubieten, die aus den sonstigen inhaltlichen Geschehnissen positiv herausragen und somit ein generelles Verdammen der Story-Zusammensetzung verhindern. Betrachten wir erst einmal die „Soll-Seite“: So wirkt es beispielsweise leicht merkwürdig, dass die beiden Amerikaner in dem vorliegend präsentiert erhaltenen Umfang in die britischen Ermittlungen mit eingebunden werden, während die Verhaftung Michaels bei mir unweigerlich die Frage heraufbeschwor, warum jener seine Unschuld nicht einfach dadurch belegt, dass er den zuständigen Behörden den Nachweis seines Aufenthalts in einem anderen Land zum Zeitpunkt der Morde liefert, wie per Benennen von Zeugen oder anhand der Einträge in seinem Reisepass – und wer hat eigentlich die (scheinbar weit verbreitete) „Regel“ in Stein gemeißelt, dass die Geister der Getöteten zwar (sporadisch) auf bestimmte Dinge aufmerksam machen sowie hilfreiche Hinweise beisteuern können, wenn es um die Suche nach ihrem Killer geht, sie die konkrete Identität jener Person hingegen aber letztlich nicht verraten „dürfen“...?
Die oberflächlich ausgefallenen Charakterzeichnungen resultieren weitestgehend (wie augenfällig) daraus, dass man sich das Preisgeben etlicher Hintergründe (etwa hinsichtlich der 21 Geister) für künftige Episoden aufsparen wollte, was untrennbar mit diversen offen verbleibenden Handlungsfäden verwoben ist. Indessen sagten mir einige nette „Comic Relief“-Beigaben und „ungewohnte britische Begebenheiten“ (wie dass die Polizisten dort das Tragen von Waffen zuerst ausdrücklich genehmigen lassen müssen) ebenso zu wie die eingebundenen „Jenseits-Vorstellungen“ (die Himmelstreppe, das Licht am Ende des Tunnels etc) und so manch ein gen Lewis Carroll´s „Alice in Wonderland“ gerichteter Verweis nicht allzu aufdringlicher Beschaffenheit (u.a. in Gestalt von Namen, Örtlichkeiten und speziell ausgewählten Requisiten). Der mit Mystery- und Horror-Elementen angereicherte Einstieg wird im fortschreitenden Verlauf übrigens zunehmend von traditionellen Krimi-Zusätzen überlagert (sprich: die Jagd auf den Kindermörder und das Verhindern weiterer Taten rückt stärker in den Vordergrund), was ich ein wenig herkömmlich und schade fand – obwohl des Rätsels Lösung (also die Identität des Killers) zum Glück nicht allzu offensichtlich bzw simpel zu durchschauen ist…
Seitens der Inszenierung kann man (qualitativ wie stilistisch) vollkommen frei heraus von einem „typischen Paul W.S. Anderson Flick“ sprechen: Cinematographer David Johnson („Resident Evil: Extinction“) arrangierte einige coole Kamerafahrten und fing verschiedene anregende Bildkompositionen ein, welche, besonders in Verbindung mit dem inspirierten Einsatz von passenden Farbfiltern sowie der stimmig-zurückhaltenden Ausleuchtung der Schauplätze, den Geschehnissen einen modernen Look verpassen und zugleich beim Aufbau einer trostlos-kühlen Atmosphäre behilflich sind. Die „visuellen Spielereien“ nehmen allerdings nie überhand, sondern fügen sich ergiebig in den (von Jocelyn Pook´s Score klangvoll unterstrichenen) Kontext ein, was ebenso für die gebotenen Effekte und vereinzelten (mäßig erfolgreichen) „Jump Scares“ gilt. Anderson ist es gelungen, einige Momente zu konzipieren, die einem hervorstechend positiv in Erinnerung verbleiben, wie zum Beispiel eine Szene an einem Spielplatz, auf dem sich die ermordeten Kinder treffen, der Teilnahme an der Beerdigung eines der jungen Opfer (im Beisein des betreffenden (für Michael sichtbaren) Mädchens, wohlgemerkt) oder ein in den zweiten Weltkrieg zurückreichender Flashback, der eine Frau aufzeigt, die damals in der U-Bahn bei der Bombardierung Londons ums Leben kam und seither noch immer keinen Frieden zu finden vermochte – von der apokalyptischen Schlusseinstellung mal ganz zu schweigen. „Style over Substance“ also…mal wieder. Das Hauptproblem ist hier jedoch, dass der Film, trotz seines recht zügigen Tempos, den Idealkurs gelegentlich nicht unbedingt optimal halten kann und in diesen Bereichen dann irgendwie leicht ins Stocken gerät – und das unabhängig der auf die (früher mal vorhandene bzw angedachte) Werbung hindeutenden Mini-Cliffhanger (inklusive anschließender „Fade to Blacks“) jede Viertelstunde oder so. Ohne einem genügenden Grad an Spannung, der eventuell noch hätte kaschierend fungieren können, werden einem die eher lahmen Serienkiller-Aspekte der Geschichte mit der Zeit umso deutlicher gewahr: Nicht nur deshalb enttäuscht der in der Kanalisation unter den Straßen der Metropole an der Themse angesiedelte (konventionell gestrickte) Showdown – man hätte sich schlichtweg mehr als diesen 08/15-Plot-Strang im Zentrum der Geschehnisse gewünscht. Dass das durchaus möglich gewesen wäre, beweisen ja einige hoffnungsvolle Ansätze, welche aber leider zu halbherzig aufgegriffen wurden – zumindest in diesen „ersten“ rund 85 Minuten…
Fazit: „the Sight“ (2000) ist ein routiniert und optisch ansprechend inszenierter Serien-Pilot in Spielfilmlänge, der eine Reihe Mystery-, Thriller- und Horror-Elemente solide miteinander vereint und allein schon deshalb verhältnismäßig „ansehbar“ ist. Man hätte noch so einiges aus der Materie herausholen können, soviel ist sicher, schließlich versprechen allein die letzten Einstellungen eine Menge – bloß werden wir, die Zuschauer, das wohl nie erfahren, da das Projekt seinerzeit keinen konkreten Abnehmer fand bzw nicht über diese Start-Episode hinaus realisiert wurde, welche für sich allein (also in dieser Form) nun aber doch etwas zu holprig, oberflächlich und uneigenständig daherkommt, um wirklich „aktiv“ empfohlen werden zu können…
„4 von 10“ (allerdings nahe der Grenze zur „5“)