Clint Eastwood hat sich über die Jahre zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten im Film gemausert. Als einer der besten Darsteller und Regisseure hat er denkwürdige Leistungen abgeliefert. The Outlaw Josie Wales bot ihm Gelegenheit beides zu tun, und er hat es geschafft.
Dieser Western ist ein Highlight des Genres. Wie vor ihm vielleicht nur John Sturges und Sergio Leone hat Eastwood die Gesetze verinnerlicht, die einen Western regieren und wie die beiden anderen beherrscht er die Kunst gegen diese Gesetze zu inszenieren. Sturges hat in The Searchers den Helden gebrochen, für den John Wayne stand, Leone in The Good, The Bad and The Ugly die Mythen demontiert. Eastwood ergänzt die Reihe mit Josie Wales und Lone Watie. Hier wird der Buddy-Movie vorweggenommen, der später mit Lethal Weapon zum Durchbruch kommen wird.
Josie Wales ist ein Held, der auf der falschen Seite gekämpft hat, nachdem seine Familie von Banditen ermordet wurde, den Kansas Redlegs, die im Sezessionskrieg auf Seiten der Union standen. Seine Kameraden wurden nach der Kapitulation massakriert, er allein bleibt übrig und trifft auf Lone Watie, einen Indianerhäuptling ohne Stamm, der auch von der Union betrogen wurde. Auf Josie Wales wird Jagd gemacht, denn er ist ein Zeuge des Verrats und der Gräuel, die den Sieg der Union begeleitet haben. Auf einem Weg, dessen Ziel zunächst unklar bleibt, räumt er immer wieder seine Gegner aus dem Weg und sammelt dafür Menschen um sich, die wie er ihre Träume verloren haben. Am Ende kämpft die Kunterbunte Truppe den entscheidenden Kampf gegen die Geister der Vergangenheit. Der Sieg sieht aber sehr vorläufig aus.
Eastwood ist hier ein vielschichtiger Film gelungen, der amerikanische Mythen in Frage stellt. Die einzigen Freunde, die Josie Wales hat, sind die Outcasts der amerikanischen Geschichte: Verlierer. Die Siedler die ihr Ziel niemals erreichen können, weil es mittlerweile verschwunden ist, gesellen sich zu den Indianern, deren Land geraubt wurde. Sie haben in Josie Wales, dem Outlaw ihren Partner, denn auch sein Land wurde ihm geraubt, als man die Familie für die er es bestellt hat, ermordete. Auch seine Ziele sind verschwunden, aber in den Verlierern, die er trifft findet er ein neues Ziel, das die Rache, die er sucht, in den Hintergrund drängt. Er übernimmt für diese Verlorenen Verantwortung und findet zu einem neuen Leben. Die ultimative Rache aber ist ihm vergönnt: er tötet den Mann, der für die Ermordung seiner Frau und seines Sohnes verantwortlich ist. Was danach kommt bleibt offen.
Das Zentrum des Films bildet das Duo Josie Wales und Lone Watie. Der Outlaw und der Indianer sind ein kongeniales Paar. Anders als in den früheren Western trägt Eastwood nicht allein den Film sondern stellt sich Chief Dan George zur Seite, mit dem er sich vor allem die coolen Sprüche teilt. Die Dialoge zwischen Wales und Lone Watie dürften zum besten zählen, was der Western zu bieten hat. Ein Beispiel:
Josey Wales: When I get to likin' someone, they ain't around long.
Lone Watie: I notice when you get to DISlikin' someone they ain't around for long neither.
So geht das die ganze Zeit. Man könnte den Beiden stundenlang zusehen und zuhören. Die Darstellung der Indianer ist überhaupt ein interessanter Aspekt des Films. Sie werden durchweg positiv und sehr authentisch abgebildet. Einige Rezensenten sehen darin sogar die Vorwegnahme dessen, was Kevin Costner in Dances with Wolves geleistet hat. Dazu gehört, dass keiner der Charaktere, die Eastwood in Westernfilmen gespielt hat, einen Indianer getötet hat.
The Outlaw Josie Wales gehört auf jeden Fall zu den besten Western, die gemacht wurden. Der Film ist im Kern subversiv, weil er auf sehr subtile Weise die populären Mythen demontiert, die ansonsten den Western bestimmen. Eastwood gelingt die plakativen Metonymien und Metaphern zu vermeiden, die einen Film wie Soldier Blue anstrengend machen. Er konzentriert sich auf das, was er kann: Einen Western zu machen, der mehr ist, als ein Beitrag zum Genre.