Der nunmehr sechste Zombiebeitrag der Of-the-Dead-Reihe von Genreurvater George A. Romero krankt an einer unentschlossenen Haltung zumeigenen Sujet. Romero scheint sich nicht sicher zu sein, ob sein Zombiewestern nun ironische Satire oder ernstzunehmender Survivalhorror sein soll. Das Resultat ist ein wackliges Zwischending, das weder besonders lustig, noch besonders gruselig daherkommt. Seiner gesellschaftskritischen Grundhaltung bleibt Romero gleichwohl treu und die konsequente Auflösung versöhnt ein wenig mit etlichen inszenatorischer Kröten, die der Zuschauer vorher zu schlucken hat.
Eine abgelegene Insel vor der Küste von Delaware bietet zwei verfeindeten Familien einen scheinbar sicheren Rückzugsort vor der weltweiten Zombieepidemie. Im Streit darüber, ob man die untoten Angehörigen entsorgen oder wegsperren sollte, wird Familienoberhaupt Patrick O‘Flynn (Kenneth Welsh) von seinem Erzfeind Seamus Muldoon (Richard Fitzpatrick) verbannt. Mit Hilfe eines marodierenden Militärtrupps unter der Führung von Sarge Crockett (Alan van Sprang) plant O'Flynn seine Rückkehr auf die Insel.
Mittlerweile dürfte selbst der letzte Gorehound mitbekommen haben, dass Romero seine Zombiefilme seit „Dawn oft he Dead" (1978) als
Gesellschaftsparabeln begreift, in denen die Menschen letztendlich die größere Gefahr für sich selbst darstellen, als jede noch so blutrünstige Zombiehorde. Dieses Grundthema durchströmt auch „Survival" in jeder Sekunde und genau deshalb sind gewisse Ermüdungserscheinung nicht zu verleugnen. Im jüngsten Teil des Franchise portraitiert Romero das zerstörerische Potenzial einer uralten Familienfehde, in denen eine Zombieseuche nicht mehr und nicht weniger ist, als ein Grund, den nächsten Nachbarschaftsstreit vom Zaun zu brechen. Optisch und inhaltlich an das Westerngenre, insbesondere in Rio Bravo (1959), angelehnt, wirkt der Film dabei streckenweise allerdings genauso gelangweilt und routiniert wie seine
Protagonisten, wenn sie sich einzelner Zombies entledigen. Wirkten die
Protagonisten in „Dawn" noch wie begeisterte kleine Kinder, als sie einen der
schlurfenden Untoten möglichst kreativ um die Ecke gebracht haben, so geschieht das in „Survial" stets vollkommen beiläufig, fast pflichtschuldig, als müsse sich Romero den Konventionen jenes Genres beugen, das begründet hat. Die Tötungsszenen nehmen sich dabei stets wie losgelöste Minifilmchen innerhalb des eigenen Films aus und sind wenig bis gar nicht in Handlung eingeflochten. Diese eigenartige Distanziertheit zum eigene Sujet bildet dann auch den größten Kontrast zum sehr gelungenenVorgänger „Diary oft he Dead" (2007), der mit seinem Found Footage Ansatz das Publikum maximal miteingebunden hatte.
Spannung kann in „Survial" schon deshalb kaum aufkommen, weil Romero sein durchaus ernstes Geschehen immer wieder durch slapstickartige Szenen bricht. Ob dabei nun Zombieangler von Dächern segeln, Handgranaten comicartige Löcher in Hauswände sprengen (inklusive rußbeschmierter Menschen, die verdutzt zum Vorschein kommen), der beinharte Sarge sich lässig seine Zigarette an einem brennenden Zombie ansteckt, oder einer seiner Soldaten einen Untoten mittels Löschschauminfusion zum Platzen bringt - alle diese Szenen wirken auf der einen Seite irritierend deplatziert, auf der anderen Seite sind es doch die Momente, die den stärksten Eindruck hinterlassen.
Ein weiterer Negativpunkt und Grundproblem bei Romero sind die Figuren, die auch in „Survial" kaum Projektionsfläche bieten. Sie sind und waren stets der Geschichte und der darin transportierten Gesellschaftskritik untergeordnet und können deshalb selten ein Eigenleben entwickeln. Eher holzschnittartig gestrickt, sind sie kaum komplexer als Zombies und wanken dabei stets an der Grenze zum Klischee. Hier bildet „Survial" nur dahingehend Variation, indem sich ausnahmslos alle Protagonisten wie Idioten aufführen müssen, um die Handlung in Gang zu halten. Die mutet dem Zuschauer im Verlauf
auch einige haarsträubenden Plotpoints zu, um letztendlich in den dafür
beabsichtigen Bahn zu landen. Das Finale ist dabei, Logik hin oder her, die große Stärke des Films. In einem treffenden Schlussbild spiegelt sich nicht nur die gesamte Aussage des Films in einer einzigen Szene wider, es entlarvt den Titel des Films auch als nett ausgedachte Doppeldeutigkeit. Denn die einzigen, die in Romeros Zombieuniversum langfristig überleben werden, sind die Zombies und nicht die Menschen. Auch, weil Romero einigen von ihnen so etwas wie Anpassungsfähigkeit und einem toleranten Umgang mit den eigenen Prinzipien zugesteht. Eigenschaften, von dem die lebenden Exemplare in seinen Filmen bekanntermaßen meilenweit entfernt
sind. Diese Tradition spitzt „Survival" innerhalb der Serie, die jeweils
schlaglichtartige die Auswüchse einer dystopischen Gesellschaft betrachtet,
vielleicht am radikalsten zu.
Das macht zwar unterm Strich keinen wirklich guten Film, aber auch trotz der Schwächen von „Survival oft he Dead", versöhnen einige nette Zombieeinlagen und das konsequente Ende ein wenig mit dem bislang letzten Beitrag der Serie. Gleichwohl wirkt „Survial" jederzeit wie ein unüberlegter Schnellschuss, um dessen nette Ausgangsidee allzu hastig eine Geschichte gestrickt wurde, die an vielen Stellen hanebüchen bis grotesk wirkt und von wandelnden Klischeefiguren aus filmischen Mottenkiste bevölkert wird. Genau wie die Persiflage „Shaun of Dead" (2004) als Liebeskomödie mit Zombies begreift, wirkt „Survival oft he Dead" wie ein Western, der zufällig in der Gegenwart spielt und in dem sich quasi zufällig Zombies verirrt haben. Als einstige Antagonisten haben sie bei George A. Romero spätestens seit „Day oft he Dead" (1985) gänzlich ausgedient, hier taugen sie aber kaum noch Handlungskatalysator. Ob man den stark konstruierten Storyaufbau seiner Zombieparabel goutiert oder ihn als uninspirierten, sechsten Aufguss mit reichlich Holzhammersymbolik abtut ist wie immer Romero pure Geschmackssache. Auf jeden Fall haben seine Filme damit innerhalb des Genres, das er selbst begründet hat, ein absolutes Alleinstellungsmerkmal.
Daran werde ich mich erinnern: O‘Flynn und Muldoon duellieren sich bis in alle Ewigkeit.