Review
von Leimbacher-Mario
Karrieresprungnagelbrett
Als Mainstreamdurchbruch der Coens geplant, geriet „The Hudsucker Proxy“ zu einem der größten finanziellen Flops seines Jahrgangs. Die ganz großen Publikumsmagneten wurden die Kritikerlieblinge nie (obwohl als nächstes „Fargo“ kam und sie über die Zeit doch wesentlich bekannter machte). Doch das tut ihrer famosen Filmographie keinen Abbruch. Und es schadet auch „The Hudsucker Proxy“ kein Stück. Es macht ihn eher zu einem der unterschätzteren und unterhaltsameren Werken des cleveren Regieduos. Nicht wirklich total zugänglich, nicht unbedingt typisch Coens (wenn es sowas überhaupt gibt) - aber ohne Frage geschmacklich und intellektuell ein Volltreffer. Erzählt wird von einem ahnungslosen Kaufmann, der ohne allzu große Umwege und mit einem fiesen Plot der Vorstandsetage von der Straße zum neuen Chef einer gierigen Produktionsfirma befördert wird - und der sich im vorweggegriffenen Intro direkt mal (wie sein unglücklicher Vorgänger) vom höchsten Stock seines prachtvollen Firmenhochhauses in den Tod stürzen will…
„The Hudsucker Proxy“ hat eine Menge, das mir gefällt. Der (fast etwas an die Burton-Batmans erinnernde) Art Deco-Style. Die etlichen filmischen Referenzen, von „Citizen Kane“ über „It's a Wonderful Life“ bis natürlich zu „Sweet Smell of Success“. Zu Letzterem kann er sogar fast als Ergänzung und Gegenstück gelesen werden. Er ist höchst aktuell was seine Themen wie Scheinheiligkeit, Arbeitsbedingungen und den firmeninternen Aufstieg angeht. Er ist sehr zany, surreal und schön anzusehen. Viel Capra, viel Gilliam, viel Schönheit in allerlei Grautönen. Zudem ein Winter- wie Silvesterfilm. Urkomisch und schnittig geschrieben. Etliche feine Darsteller von großen bis in kleine Rollen. Sogar Bruce Campbell. Den Raimi-Touch im Script merkt man auch. Jennifer Jason Leigh verschießt mehr Wortsalven als jedes Maschinengewehr. Auch zum im gleichen Jahr erschienenen und ungleich erfolgreicheren „Forrest Gump“ gibt es etliche Parallele und Konterpunkte. Sollte also in keiner Coen-Retrospektive fehlen. Ein bissiger und höchst unterhaltsamer Kommentar zu weit mehr als nur dem „immerbösen“ Kapitalismus.
Fazit: eine Liebeserklärung an's Kino und eine Kriegserklärung an die Gier - ein großer, unterschätzer Art Deco-Wurf der Coens!