Die etwas andere Familie
Ohne „The Royal Tenenbaums“ hätte es Wes Anderson, wie wir ihn heute kennen und lieben, nicht gegeben. Kein „French Dispatch“, kein „Asteroid City“, kein „Isle of Dogs“. Und viele seiner treuen Stars und Freunde wären sicher auch nicht da, wo sie danach hinkamen. Die Tenenbaums zwischen Scheidung, Streits und Spleens - aber doch nie so weit von der Realität und echten Problemen entfernt, dass es nur noch ein Comicstrip ist. Eine intellektuelle und bizarre Soap zwischen Malbuch, Geniestreich und Unberechenbarkeit.
Wes ANDERSon
Gefühlt kühlt die Faszination und Liebe für Anderson momentan ja etwas ab. Selbst bei Kritikern. Vielleicht haben wir uns zu sehr an sein Genie und seine Schiene gewöhnt, vielleicht reicht seine Art, die er eigentlich spätestens seit diesem „The Royal Tenenbaums“ schröpft und perfektioniert, auch einfach nicht für eine ganze Karriere. Wir werden sehen. Seinen Platz in den filmischen Geschichtsbüchern hat er eh sicher. Und was ich heute wieder mit Nachdruck gemerkt habe, ist, dass zumindest ein Höhepunkt wie „The Royal Tenenbaums“ von ihm noch immer funktioniert. Egal wieviel Zeit ins Land zieht. Die Stars gehen voll auf und fühlen sich sichtbar wohl, der Soundtrack ist auffällig indie und edel, die Farben und Bildkompositionen waren damals revolutionär, heute aber immer noch eigen und anders und stark genug. Aber vor allem haben mich die tiefen und familiären Themen umgehauen. Scheidung, Depressionen, Todesfälle, Betrug, Selbstmord. Meist mit einem klaren Augenzwinkern und eben Anderson's Kniff, Stimmung, Melancholie. Aber sie wirken selbst durch diesen (für manche eventuell etwas prätentiösen) Kleister. „The Royal Tenenbaums“ war vielleicht schon der perfekte Wes Anderson. Danach dehnte und verdichtete er noch seinen Stil - oft verlor er dabei aber etwas Herz und Zugänglichkeit. Selten war ein Jahrzehnte umspannendes Familienepos zurückgelehnter und heimischer - selbst wenn meine unserer Familien ist wie diese!
Fazit: einzigartige Familiencollage, die Wes Anderson auf die Karte gesetzt hat. Bunt, quirlig, speziell. Was ein Staraufgebot, was ein unverkennbarer Style! Eine sensationelle Sippe! Ein Regiemeister, der sich gefunden hat und den noch nichtmal wagt einer nachzumachen!