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"Beherzter Cyborg"

Herz und Hirn sind zwei Attribute, die Actionfilmen eher selten attestiert werden. Geschieht dies dann doch einmal, spricht man schnell von Genreklassikern. In Ausnahmefällen erfolgt gar der Ritterschlag mit dem Gütesiegel „popkulturelles Phänomen". So geschehen bei James Camerons Terminator-Doppelpack. Wer sich in solchen Sphären an eine Fortsetzung wagt, kann sich schon einmal auf einen mittleren feuilletonistischen Tornado einstellen. Zugegeben, Jonathan Mostows Windjacke war etwas dünn. Sein wenig originelles Destillat der beiden Vorgängerfilme entbehrte weitestgehend beider oben genannter Qualitätsmerkmale. In Terminator 3 - Rebellion der Maschinen konnte weder Arnold Schwarzeneggers umjubelte Rückkehr als titelgebender Killer-Cyborg, noch eine Reihe sympathisch old-schooliger Materialschlachten viel am mediokren Gesamteindruck ändern.

Vor diesem Hintergrund kann man lediglich rätseln, ob das finanzierende Studio von extremer Dummheit, oder von extremer Courage angetrieben wurde, als es sich entschloss einen vierten Teil zu wagen und dafür ausgerechnet McG den Regieposten anzutragen. Immerhin hat er nicht wenige Actionfans mit seiner überkandidelten und hyperaktiven Neuauflage der Fernsehserie Drei Engel für Charlie gehörig vor den wenig kompromissbereiten Kopf gestoßen. Ein ADS-Terminator in Bubble Gum Optik hätte der bereits durch den erschreckend-drögen TV-Ableger The Sarah Connor Chronicles ordentlich ramponierte Franchise endgültig die Brennstoffzelle terminiert.

Zumindest wurde die offensichtlichste Tretmine clever umgangen. Teil 3 und vor allem die Fernsehserie machten schmerzlich deutlich, dass das Konzept, unsere Gegenwart mit todbringenden Maschinen aus der Zukunft zu konfrontieren, bereits mit T2 völlig ausgereizt war. So gesehen ist die Entscheidung Terminator- Salvation komplett in der Zukunft spielen zu lassen goldrichtig. Während in den bisherigen drei Teilen diverse Terminatoren immer in der Zeit zurück geschickt wurden, um den Anführer der menschlichen Resistance bereits vor seiner „Inthronisierung" zu eliminieren, zeigt T4 erstmals abendfüllend den postapokalyptischen Krieg der Menschen gegen die Maschinen. Darüber hinaus bot sich damit die Möglichkeit eines Reboots der Serie. Schließlich wurde John Connors Freiheitskampf gegen Skynet bisher bestenfalls angedeutet und nur in wenigen Sequenzen bebildert.

Dass man offenbar gleich an eine neue Trilogie dachte, zeigt der für T4 gewählte Ausschnitt aus John Connors Vita. Vom unersetzlichen Widerstandsheroen ist nicht allzu viel zu spüren. Connor befindet sich noch in Wartestellung und untersteht einem mehrköpfigen Oberkommando, das von einem abgetauchten U-Boot aus operiert. Die Entscheidungen treffen (noch) andere, ein Schwebezustand, der - betrachtet man den Film singulär - dramaturgisch etwas unglücklich gewählt scheint.
Als Folge bleibt auch Leinwandstar Christian Bale in dieser relativ undankbaren Rolle überraschend blass. Ein Problem, das interessanterweise bereits bei seinem Superhit The Dark Knight deutlich wurde, als ihm maskiertes Alter Ego und Nemesis gehörig die Schau stahlen. Ohnehin ist der vermeintliche Besetzungscoup mit dem Batman-Darsteller bei genauerer Betrachtung eher eine Achillesferse des Films. War seine häufig unsympathische Ausstrahlung für die Rolle des gelackten Milliardärs Bruce Wayne noch zielführend, will diese Aura nicht so recht zum idealistischen Widerständler John Connor passen. So ist der eigentliche Sympathieträger ausgerechnet sein zeitweiliger Widersacher Marcus Wright (Sam Worthington). Eine umgekehrte Besetzung der beiden männlichen Hauptrollen hätte dem Film hinsichtlich Figurenzeichnung und Charakterentwicklung besser zu Gesicht gestanden. Es wird interessant sein zu beobachten, ob und wie dieses „Problem" in einer möglichen Fortsetzung umschifft werden kann.

Trotzdem funktioniert Terminator - Salvation erstaunlich gut. Vor allem der „Look" einer durch Atombomben zerstörten Welt ist beeindruckend gelungen. Himmel und Erde sind in ein erdig-fahles Licht getaucht, das erheblich überzeugender wirkt, wie beispielsweise in der Setting-verwandten Mad Max-Serie. Der Film spielt 2018 - also 15 Jahre nach dem Atomkrieg -, so dass das Operieren von Menschen an der verseuchten Oberfläche zumindest denkbar scheint. Themen wie Strahlung und Ernährung werden zwar bestenfalls rudimentär angerissen, erscheinen aber auch nicht bar jeder Logik ignoriert.
Die rechte kurze Laufzeit ist vor dem Hintergrund der nicht sonderlich komplexen Story - ein Problem zahlreicher „Begins"-Streifen der letzten Jahre (u.a. Batman, Star Trek, Wolverine) - ein weiterer Pluspunkt. Es gibt wenig Leerlauf und damit wenig Gelegenheit über die dünne Handlung und etwaige Logiklöcher allzu intensiv zu reflektieren. Ohnehin verbindet man Terminator vornehmlich mit einem Element und das ist „Action".

Auf diesem Sektor wird der Film am eingehendsten unter die Lupe genommen und vor allem am übermächtigen Cameron-Standard gemessen werden müssen. Auch hier zumindest Entwarnung. Das befürchtete Videospiel-Geballer ist glücklicherweise ausgeblieben. Von gelackter Musikclipästhetik ist T4 ebenfalls erfreulich weit entfernt. Am stärksten wiegt allerdings der wohltuende Verzicht auf die aktuellen Unsitten des Actionkinos: Schnittgewitter und Wackelkamera. Die vornehmlich von einer Second-Unit gedrehten Actionsequenzen sind brachial und eindrucksvoll. Skynet probiert allerlei Killer-Maschinen aus, die am Boden, im Wasser und in der Luft zum Einsatz kommen. Das erinnert zwar manchmal an Transformers und teilweise an Matrix, weist aber immer noch genug Phantasie und Reminiszenzen an die Vorgängerfilme auf, um als eigenständige und innerkosmisch gesehen logische Kreationen zu überzeugen. Das von einigen Fans bemängelte Fehlen von Laserwaffen ist in diesem Zusammenhang durchaus vertretbar, spielen doch die wenigen Kriegsszenen der alten Trilogie im Jahr 2029. Zweifellos ist das wohl angestrebte PG-13 Rating sichtbar, bei einem solchen Budget aber auch nicht ernsthaft kritisierbar. Zumal Cameron bei T2 bereits den gleichen „zahmeren" Weg gegangen war. Die durch manchen Trailer geweckte Befürchtung eines „Transformers auf düster" hat sich jedenfalls nicht bewahrheitet.

Will man dem Film ans Edelmetall, so muss man woanders suchen. Natürlich kann man die berechtigte Frage stellen, ob es überhaupt einen vierten Teil geben musste. Fairerweise sollte allerdings erwähnt werden, dass diese bereits 1991 im Raum stand, als James Cameron mit seinem bahnbrechenden Sequel der Geschichte einen würdigen und runden Abschluss verschaffte. Fernsehserie und Teil 3 haben hier bereits gehörige Kratzer im Lack hinterlassen. Ein Reboot, der noch dazu ausschließlich in der Zukunft spielt, ist für den sakralen Nimbus der ersten beiden Filme aber weniger bedrohlich. Monetäre Interessen machen weitere Diskussionen ohnehin obsolet.

Letztendlich hätte es weit schlimmer kommen können im Terminator-Land. Ohne jemals die Faszination und Komplexität der allerdings filmhistorisch auch geadelten Cameron-Filme zu erreichen, zeigt Teil 4 eine weitere Facette des Terminator-Universum, die natürlich nicht zwingend notwendig gewesen wäre, aber auch nicht weiter stört. Die Mühe, den übermächtigen Vorbildern Respekt zu zollen, ist dem inzwischen dritten Sequel immerhin nicht abzusprechen. So gesehen hat der Film zwar nicht allzu viel Hirn, aber immerhin doch ein gewisses Maß an Herz(blut) vorzuweisen. Der insbesondere mit der TV-Serie beschleunigte Negativtrend wurde zumindest sanft gestoppt. Wie heißt es so schön am Ende von T2: "Die Zukunft ist noch nicht geschrieben." Ein fünfter Teil erscheint jedenfalls nicht (mehr) abwegig. "Er kommt (bestimmt) noch mal wieder."

(7,5 Punkte)

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