Review

Im Jahr 2018: Supercomputer Skynet hat die Welt mit einem eigenmächtigen Nuklearangriff nahezu vernichtet. Nur ein Rest menschhlichen Widerstands regt sich gegen die Übernacht der Maschinen. Auf seinem Weg zum Anführer der Resistance ist John Connor, der seit frühester Kindheit von seinem Schicksal als designierter Retter der Menschheit weiß, nachdem vor Jahrzehnten eine von Skynets Killermaschinen, ein Terminator, in die Vergangenheit gesandt wurde, um seine Mutter zu töten und damit Connors Geburt zu verhindern. Damals (bzw. zukünftig) ebenfalls zurück geschickt: der Soldat Kyle Reese, der nun Primärziel der Maschinen ist, da er John in der Vergangenheit zeugen wird. Da taucht ein gewisser Marus Wright auf. Und birgt ein erschreckendes Geheimnis...
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Michael Ferris und John Brancato sind zwei Herren, die sich möglicherweise anno 1992 mit ein paar Kumpels zum Videoabend verabredet haben. Im Programm: James Camerons Klassiker Terminator und die gerade veröffentlichte Mega-Fortsetzung Terminator 2 - Tag der Abrechnung. Ferris und Brancato gröhlten ob der geilen Action und Killer-Cyborg Schwarzeneggers cooler Oneliner - und merkten spätestens nach dem vierten, fünften Bier nicht mehr (oder von Anfang an nicht...), dass sich hinter Camerons Maschinen-Saga eine Unmenge an tieferem Sinn verbarg und nicht zuerst mit Krawall, sondern intelligenter Story und erinerungswürdigen Charakteren aufwartete, womit hier nicht nur der Terminator selbst gemeint ist. Dann, zehn Jahre später, bekamen Ferris und Brancato die Gelegenheit, Terminator 3 - Rebellion der Maschinen zu schreiben und setzten dabei auf das, was sie für sich als den Kern der Reihe ausgemacht hatten: geile Action und coole Oneliner. Sie rissen die eigentlich abgeschlossene Geschichte wieder auf (unter anderem, um Schwarzenegger ein letztes schauspielerisches Aufbäumen vor der Politiker-Karriere zu schaffen), erzählten im Prinzip die selbe Story zum dritten Mal und landeten nur mit dem Ende einen besonderen Kniff, der Fans und Kritiker einigermaßen versöhnte. Am Schluss von Terminator 3 passiert der viel zitierte und für abgewendet gehaltene Judgement Day, die Welt versinkt im nuklearen Feuer und anschließend im scheinbar aussichtslosen Krieg mit den Maschinen. Dort beginnt nun Terminator Salvation, wiederum verfasst von Ferris und Brancato, unterstützt von diversen überarbeitenden Kräften, die in den offiziellen Credits aber unerwähnt bleiben.
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Nachdem der dritte Teil schon keine neue bot, verzichtet Salvation, der nicht nur Fortführung, sondern auch gleichzeitig Beginn einer neuen Trilogie sein soll, im Grunde komplett   auf eine Story. Eine akurate Charakterzeichnung, die schon bei der Rebellion der Maschinen zu kurz kam, geht gleich mit über Bord. Terminator Salvation ist geile Action ohne coole Oneliner, der Film besitzt keine Spannung, kein Zentrum, keine innere Schlüssigkeit und auch keine  Logik innerhalb der Terminator-Reihe als großes Ganzes. Terminator Salvation ist eine Hülle ohne Kern.
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Der Einstieg zeigt den Todeskandidaten Marcus Wright im Jahre 2003 kurz vor seiner Hinrichtung und bei der Einwilligung, seinen Körper der Wissenschaft zu überlassen. Danach springt der Film fünfzehn Jahre in die Zukunft, der Angriff des Computersystems Skynet hat längst stattgefunden und die Welt liegt in grau-braunen Trümmern. Dem Film gelingt es durchaus, in diesen ersten Szenen der trostlosen Zukunft eine bedrückende Atmosphäre zu erzeugen und legt mit gewaltigen Explosionen und einer imposant gefilmten Hubschrauber-Absturz-Sequenz temporeich und mit optischer Wucht gut los. Doch bereits dann beginnt es bei Terminator Salvation zu haken. Statt eines sinnvollen Storyaufbaus, der die Absichten der handelnden Personen klar vertritt und im tristen Einerlei der Apokalypse den roten Pfaden markiert, geht so ziemlich gar nichts voran. John Connor findet heraus, dass der junge Kyle Reese, den er später in die Vergangenheit schicken wird, um seine Mutter vor dem Angriff eines Terminators zu schützen und seine eigene Geburt zu bewirken (siehe Terminator 1) an oberster Stelle der primären Ziele Skynets steht. Dies macht im Grunde ebensowenig Sinn, wie Connors zweiter Platz auf dieser Liste, denn er ist zu diesem Zeitpunkt noch längst nicht der große Führer des Widerstands und von Kyle Reese‘ zukünftiger Vaterschaft in der Vergangenheit weiß außer Connor selbst niemand.
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Die Zusammenhänge sind zwar nicht gerade unkompliziert, für Kenner der Vorgänger aber auch klar genug bekannt, um die Story von Terminator Salvation hier in Frage zu stellen. Besser wird es auch mit dem zweiten Handlungsstrang um Marcus Wright nicht, der in der zerstörten Zukunft erwacht, eine zeitlang umherwandert und schließlich in den Trümmern von Los Angeles zunächst auf einen schwerfälligen, aber waffenstarrenden T-600 und schließlich auf Reese und die kleine, stumme Star trifft. Während die Stimmung des Szenarios weiterhin stimmt, stimmt an Marcus zunächst nicht viel. Für einen Mann, der nicht etwa von einem kompletten Gedächtnisverlust geplagt wird, seinen Namen und seine Vergangenheit als dreifacher Mörder kennt, und dessen letzte Erinnerung somit seine Hinrichtung im Jahre 2003 ist, findet er sich arg fix mit der neuen Situation ab, werkelt unbekümmert an alten Funkgeräten und Autos herum und scheint locker damit klar zu kommen, dass die ganze Welt zum Teufel gegangen ist und sich im Krieg mit Maschinen befindet. Hier verpasst es sowohl die Inszenierung, als auch das Spiel von Sam Worthington, Marcus als Figur eine Dimension zu geben, die er später, wenn sich sein Geheimnis offenbart, so dringend gebrauchen könnte. Bereits die Trailer haben es (ungeschickterweise) verraten: Marcus ist eine Maschine, weiterentwickelt als jeder bisherige Terminator, versehen mit (über-)menschlichem Herz und Hirn. Der interessante Ansatz, der so dramaturgisch ohnehin frühzeitig verschenkt wurde, wird im Film selten platt und unnachvollziehbar dämlich umgesetzt. Später lernt Marcus die Kampfpilotin Blair kennen, rettet sie vor ein paar Raufbolden irgendwo in der Wüste, begleitet sie zu John Connors Standort und wird versehentlich von einer Miene verletzt, die sein Maschinendasein offenbart. Nun sind die Maschinen in Terminator der klare Feind und während Connor und seine Mannen dem fremdartigen Marcus misstrauen und seine Vernichtung fordern, rettet Blair ihn aus einem Anflug romantischer (oder wie auch immer gearteter) Gefühle heraus. Das ist in Anbetracht der gesamten Menschheitslage einfach nur stumpfsinnig und von vielen dämlichen Ideen in Terminator Salvation, die die Story am Laufen halten sollen, mit weitem Abstand die idiotischste.
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Dies setzt sich in vielen kleinen und großen Ungereimheiten fort, die letztlich auch den Spaß an der größten Stärke des Films rauben, nämlich der Action. Die Soundkulisse ist gewaltig und die Schauwerte enorm, nur der Weg, der zu den ausladenen Action-Sequenzen führt, ist halt ein unfassbar holpriger. Ein Beispiel: eine Gruppe von Menschen steht in einer kaum von irgendetwas zusammengehaltenen Barakke und giftet sich an, plötzlich setzt das Mädchen Star einen besorgten Blick auf und plötzlich bricht mit tosendem Lärm ein riesieges Maschinenungetüm durch die Decke, das mit viel Wumms die ganze Gegend auseinandernimmt. Wie bitte kann sich dieser gigantische Klotz vorher scheinbar völlig lautlos der Hütte genähert haben?
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Terminator Salvation findet über die gesamte Laufzeit zu keinem einzigen Punkt, der mitreißen könnte. Bei all den vielen atmosphärischen Gemälden der Schlachtfelder kommt dennoch nie die apokalyptische Bedrohung auf, die die ersten beiden Teile auszeichnete. Es fehlt ein Gegner mit einem Gesicht, der wirklich für eine konstant lauernde Gefahr sorgen könnte. Was hier für Thrill sorgen soll, ist die Entführung von Kyle Reese in ein Konzentrationslager der Maschinen, wo diese Forschung zur Weiterentwicklung der Cyborgs betreiben. Dass Reese dabei, nachdem er von den Maschinen identifiziert wurde, nicht sofort terminiert wird, wo er doch oberstes Ziel sein soll, ist ein weiterer gewaltiger Bruch in der filminternen Logik. Insgesamt plätschert das Geschehen zwischendurch einfach geradezu belanglos vor sich hin; der Plan der Menschen, den entscheidenen Schlag gegen Skynet mit Hilfe eines abgefangenen Signals, das die Maschinen lahm legen kann, auszuführen, wirkt völlig undurchdacht und taugt kein bißchen zum dramatischen Triebwerk der Story. Auch schlimm ist dabei der von Michael Ironside gespielte General Ashdown, der einen Militärschlag gegen Skynets Hauptquartier auf Kosten der dort Gefangenen Menschen anordnet. Unterste Klischeeschublade.
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Der Showdown überzeugt widerum auf der Action- und versagt auf erzählerischer Seite. Connors Duell gegen das Erst-Modell des T-800 ist nett anzusehen, auch wenn nach kurzer Zeit hier ein Zitat an die alte Trilogie das nächste jagt. Arnold Schwarzeneggers Cameo, bei dem sein Gesicht digital auf den Körper des Bodybuilders Roland Kickinger kopiert wurde, wird pompös eingeleitet und wirkt trotzdem irgendwie völlig verfehlt und zu selbstgefällig in Szene gesetzt. Die Story um Marcus Wright wird nebenbei absolut unzureichend zu Ende gebracht (oder überhaupt nicht, je nach dem was die Fortsetzungen bringen) und außer, dass Sam Worthington nach der schwachen Einführung ein gewisses Charisma mitbringt, hätte es diesen Charakter im Terminator-Universum nicht gebraucht, da er dem ganzen trotz seiner propagierten Einzigartigkeit eben nichts einzigartiges hinzufügt.
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Terminator Salvation ist ein Film mit vielen, vielen Schwächen und einigen wenigen Stärken, die nur über den Rücken der Schwächen geschaffen werden können und dadurch nahezu verpuffen. Hauptdarsteller Christian Bale kommt nicht dagegen an, dass sein John Connor zu wenig zu tun bekommt, um wirkliche Präsenz zu entwickeln, Worthington scheitert an seinem nicht weit genug gedachten Charakter und dem Film selbst fehlt es daran, was er als den wichtigsten Unterschied zwischen Menschen und Maschinen nennt: ein starkes Herz. Aber, wenn sich irgendwann einmal wieder ein paar Kumpel zu einem Videoabend treffen, werden sie zumindest ob der geilen Action gröhlen. Und bis dahin wird man vielleicht längst vergessen haben, dass Terminator einmal intelligentes Kino mit spannender Story und Charakteren war...
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