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2009, das Jahr des Robert Langdon? Nicht nur angesichts des mittlerweile dritten Buchauftrittes des Harvard-Proffessors in Dan Browns The Lost Symbol, das im September in den USA und unter dem Titel Das verlorene Symbol Mitte Oktober auch in Deutschland erschien, sondern auch aufgrund seines zweiten Filmauftritts, hätte man dies durchaus vermuten können. Doch die überragenden 760 Millionen, die The Da Vinci Code 2006 erwirtschaften konnte und die ihn zur weltweit zweiterfolgreichsten Produktion des Jahres machten, täuschen nicht wirklich darüber hinweg, dass der damalige gewaltige Hype rund um die Verfilmung letztlich in einem künstlerisch höchst unbefriedigenden Ergebnis mündete. Besonders Regisseur Ron Howard lieferte, um mal einen Begriff des American Sports zu entleihen, nicht gerade sein A-Game (es sei denn, das „A" stünde für Average). So ließ das Interesse und auch die Erwartungshaltung an den Nachfolger, der in der Reihenfolge der Bücher eigentlich der Vorgänger ist, merklich nach und mit 485 weltweiten Millionen gingen auch die Zahlen deutlich zurück. Aber, und das ist wahrlich überraschend und hätte wohl selbst Alleswisser Langdon die Worte geraubt, bei Illuminati hat man es tatsächlich mit dem eindeutg besseren Film zu tun, der zwar auch und wieder in der Inszenierung einige Schwächen aufweist, mit viel Tempo und diesmal wirklich vorhandenem Thrill, der dem Vorgänger völlig abging, aber dennoch überzeugt.
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Aufruhr im ‚Stato della Città del Vaticano‘: der Papst ist verstorben und ein alter Feind der katholischen Kirche erhebt sich, der Geheimbund der Illuminaten. Nicht nur, dass diese die vier ‚preferiti‘, die Favoriten auf das Amt des Papstes, entführt haben und nach und nach zu töten drohen, auch haben sie einen Behälter mit Antimaterie in ihren Besitz gebracht. Der Stoff verfügt über eine enorme Sprengkraft und wird um vierundzwanzig Uhr explodieren und ganz Vatikanstadt ausradieren. Die Kirche wendet sich an den Symbologen Robert Langdon, der die Päpstliche Schweizergarde auf der Suche nach den Illuminaten und ihren Verstecken unterstützen soll. Gemeinsam mit der Physikerin Vittoria Vetra, die an der Erschaffung der Antimaterie beteiligt war, beginnt für Langdon eine Hetzjagd quer durch Rom, wobei er nicht nur die verstreichende Zeit und einen erbarmungslosen Assassinen gegen sich hat...
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Nach kurzer Einleitung, die die Trauer um den verstorbenen Papst zeigt und einen Fernsehreporter aus dem Off das folgende Prozedere erklären lässt, fährt Illuminati mit den CERN-Laboratorien, der dort entwickelten Antimaterie und Retina Scannern ein Szenario auf, das einem Bond-Film aus der Pre-Craig-Ära gerecht geworden wäre. Das eher theoretische und in der Vergangenheit verankerte The Da Vinci Code-Konstrukt weicht hier einer modernen Hightech-Bedrohung, die, physikalische Grundlagen betrachtend, zwar noch viel weiter hergeholt scheint, als alle Theorien um Jesus Christus und Maria Magdalena, gleichzeitig kommt die wenig später zur Superwaffe erklärte Antimaterie einer praktischen und mehr physischen Filmdramaturgie jedoch gerade recht. Das ist zwar alles ziemlich großer Quatsch, zudem leider völlig ironiefrei verkauft, aber warum sollte man einem Harvard-Symbologen etwas übel nehmen, das man einem MI:6-Agenten über Jahrzehnte verziehen hat? Zumal Illuminati sein hanebüchenes Konzept gar nicht allzu lange und ausführlich erklären will, sondern die Story actionreich und mit genau den Spannungshöhepunkten würzt, die dem Thriller zu Ereignisreichtum und Sehenswürdigkeit verhelfen.
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Nachdem Langdon in die Geschehnisse hinein gezogen wird, die wichtigsten Hintergründe kurz und knackig und auf das wesentliche reduziert erklärt werden, statt sich in handlungshemmenden Ausschweiffungen zu verlieren, begibt sich der Film schnell zur Ausschöpfung seines Action- und Spannungspotenzials. Ab acht Uhr am Abend werden die Illuminati zu jeder vollen Stunde einen der entführten Anwärter für das Papstamt ermorden, im Anschluss droht die Zerstörung Vatikanstadts durch die Antimaterie. Im Vatikanischen Geheimarchiv stoßen Langdon und Vittoria in einem Werk Galileo Galileis auf einen Hinweis, der zum „Pfad der Erleuchtung" führt, auf dessen Weg die vier „Altäre der Wissenschaft" liegen, Kirchen, Gemäuer und Orte, an denen die Entführten hingerichtet werden sollen. Nach und nach muss Langdon die Rätsel entschlüsseln, die von einem der „Altäre" zum nächsten führen und am Ende des „Pfades der Erleuchtung" den geheimen Treffpunkt der Illuminati offenbaren, an dem die Antimaterie explodieren wird. Diese Vorgaben des eingeengten Zeitraums und der Leben, die auf dem Spiel stehen, sorgen für mächtig Rasanz und für eine wirkliche Hetzjagd, statt gemütlicher Sonntag Nachmitag Rumrätselei. Wirkte der Da Vinci Code eher wie eine Morphiuminjektion, strömt Illuminati beinahe durchgehend pures Adrenalin aus.
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Die Spannungsbögen, die eigentlich jedes Mal, mit jeder bevorstehenden Ermordung (ganz nach dem Fußballmotto „Nach dem Mord ist vor dem Mord") den gleichen Verlauf nehmen und in Buchformat zunächst besser aufgehoben zu sein scheinen, funktionieren im Film tatsächlich äußerst effizient. Zwar bleiben einem die vier Papstkandidaten als Charaktere allesamt fremd und sind eigentlich nur ihr eventuelles Amt, dennoch ist einem ihr Schicksal vor allem insofern nicht egal, als dass man hier mit einem sehr viel aktiveren und im Gegensatz zum Vorgänger den Typus des Helden sehr viel physischer, präsenter und mitreißender einnehmenden Robert Langdon zu tun hat. Die neue Ausrichtung als zupackender Antreiber steht nicht nur dem Charakter besser, als die klug- und geschwätzige Besserwisserattitüde im Vorgänger, sie ermöglicht auch Darsteller Tom Hanks ein breiteres Spektrum, das er sich vornehmlich über körperlichen Höchsteinsatz erschließt, der Langdon dieses Mal auf verschiedenste, aufreibende Weise abverlangt wird. Ob um Sauerstoff und sein Leben ringend, als in den abgeriegelten Archiven des Vatikan die Strom- und damit auch die Sauerstoffzufuhr abgestellt wird, womit ein großartiger Spannungsmoment gestaltet wird, oder beim Versuch, einen der Entführten vor der grausamen Verbrennung zu retten, der Einsatz für Langdon liegt ständig hoch und der Proffessor muss mehr als einmal „All In" gehen.
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Die Sub-Plots um den engagierten Camerlengo Patrick McKenna und Vittoria, die feststellen, dass der Papst nicht eines natürlichen Todes gestorben ist, sondern mit einer Überdosis Medikamente getötet wurde, und rund um die Kardinäle, die sich unter Vorsitz des undurchsichtigen Kardinals Strauss in der Sixtinischen Kapelle zum Konklave versammeln, sind weniger nervenaufreibendes, aber auch nicht unwichtiges Beiwerk. Aus den starr an ihren Riten festhaltenden Kardinälen und dem eher aufgeschlossenen Camerlengo, der die historischen Fehltritte und irrgeleiteten Taten der katholischen Kirche beim Namen nennt und auf eine Evakuierung des Vatikans drängt, ergibt sich ebenfalls ein spannend gelagerter Nebenschauplatz, der mehr bietet, als bloßes TimeOut-Unterhaltungsprogramm zwischen der Action mit Langdon. Die Konflikte zwischen dem Glauben an Göttlichkeit und der Rationalität der Wissenschaft, DER Streitpunkt zwischen Kirche und dem Bund der Illuminaten, wird zwar nicht annähernd voll ausgeschöpft, bekommt aber durch Ewan McGregor als McKenna und Armin Mueller-Stahl als Strauss einen Ausdruck. Ihre Gespräche setzen einige stille Highlights, der Schotte McGregor glänzt dabei mit Charisma und liefert die wohl beste schauspielerische Leistung des Films, Mueller-Stahls Charakter ist ein etwas zu offensichtlicher Spielzug der Story, indem er ihr als einer der vermutbarsen heimlichen Drahtzieher auf Seiten des Bösen dient, dennoch liefert der gebürtige Ostpreuße eine tadellose Leistung. Ayelet Zurer, deren Vittoria Vetra mit geringerem persönlichen Motiv ausgestattet wird als in der Vorlage, da im CERN nicht wie im Buch ihr Vater, sondern ein Kollege umgebracht wird, meistert ihren Part fehlerfrei. Sie wirkt nicht so teilnahmslos, wie Audrey Tautou im Vorgänger, wenn ihre Rolle insgesamt auch eher chancenlos auf der Außenbahn nebenher läuft. Ähnliches gilt für Stellan Skarsgård, der den Kommandanten der Schweizergarde Richter spielt und mit viel Rumgebrummel, schlechter Laune und undurchschaubaren Taten eine so offensichtlich falsche Fährte ist, dass man sich seiner Unschuld fast sicher sein kann. Der namenlose Assassine im Auftrag der Illuminaten, gespielt vom Dänen Nikolaj Lie Kaas, meuchelt sich indes durch Papstanwärter und Carrabinieri, bleibt dabei blasser als der Albino-Mönch Silas, geht allerdings deutlich brutaler und unerbittlicher zur Sache, was in einigen erschreckenden Szenen seinen Teil zur düstereren, bedrohlcheren und greifbareren Atmosphäre von Illuminati beiträgt. Von den übrigen Darstellern, unter anderem Pierfrancesco Favino, Thure Lindhardt und Cosimo Fusco, kann sch niemand besonders profilieren, allerdings fällt auch niemand negativ auf.
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Betreffs Ausstattung und Sets, große (oder einzige) Stärke von The Da Vinci Code, glänzt im Großen und Ganzen auch Illuminati, aber auf andere Weise. Die Drehgenehmigungen an den Originalschauplätzen wurden dem Team an vielen Orten selbstredend verweigert. Zwar konnte man die Produktion, wie von den Protestgruppen angedacht, nicht gänzlich aus Rom fernhalten, der Petersplatz, die Sixtinische Kapelle, diverse Kirchen und natürlich der Vatikan selbst standen aber nicht zur Verfügung. Neben aufwendigen Nachbauten wurde dies vor allem durch massiven CGI-Einsatz kompensiert. In vielen Einstellungen, wie während der Prozession zu Beginn, sorgt dies für pompöse Aufnahmen, bei der die Authentizität des Vorgängers der schieren Pracht weicht, die ihren künstlichen Ursprung aber längst nicht immer verheimlichen kann. So wecken einige computergenerierte Fußböden und Hintergründe in riesigen Hallen Erinnerungen an die Jedi-Tempel in der neuen Star Wars-Trilogie. ‚Obi-Wan Kenobi‘ Ewan McGregor dürfte sich auf unangenehme Art heimisch gefühlt haben, hatte er doch ein ums andere Mal während der Prequels gegen das Arbeiten vor Greenscreens gewettert. »This is not Italy. It's not even Rome, it's the Vatican. A country of its own with its own laws« erläutert Kommandant Richter an einer Stelle und unter diesem pragmatischen Motto lassen sich die storytechnische Absurdität und der teils artifizielle, aber überwiegend beeindruckende Look als funktionierendes Doppel zusammenfassen, das bei einem GrandSlam-Turnier dank soliden Zusammenspiels mindestens ein Halbfinal-Kandidat wäre.
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Bei allen logistischen Kreuzbandrissen, realitätsfremden Knochenbrüchen und einiger Vorhersehbarkeit im Spiel mit der Offenbarung des wahren Drahtziehers, landet „Illuminati" am Ende dennoch nicht wie befürchtet in der Abstiegszone, sondern positioniert sich in der oberen Tabellenhälfte des Kinojahres 2009, zwar mit einigem Abstand zur Spitze, aber weit vor manch anderer kolossaler Enttäuschung. Einige völlige Verrücktheiten aus Dan Browns Roman ersparen einem die Autoren Akiva Goldsman und David Koepp außerdem noch, wie etwa beim Verzicht der Liebesgeschichte zwischen Langdon und Vittoria und beim Showdown. Der Film ist sicher nicht der Sieg des Blockbuster-Kinos gegen dessen typische Schwächen, aber er ist ein technisch ausgezeichneter Hochglanzvertreter, der die gröbsten Schwächen des Vorgängers mit einer gehörigen Steigerung von Action und Spannung vergessen macht und seinen Dienst als Sequel damit übererfüllt. Salvatore Totino leistet gelungene Kameraarbeit, Designer Daniel Orlandi liefert schöne Kostüme, Hans Zimmer variiert seinen Score aus dem Vorgänger sehr hörenswert, wenn auch teils zu dick aufgetragen. Die Ankunft der Kardinäle beispielsweise wird derart bombastisch von Zimmers Musik untermalt, als trete Gott selbst zur Papstwahl an, dabei steigen nur ein paar alte Männer in wallenden Gewändern aus schnöden Reisebussen. Doch bis auf solche gelegentlichen Aussetzer sitzen die Flankenwechsel vom visuellen zum akkustischen und zurück. Das mea culpa, jene christliche Formel des Schuldbekenntnisses, die The Da Vinci Code ob seiner mangelnden Qualitäten sprechen musste, muss Illuminati jedenfalls nicht abverlangt werden.

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