„Vollkommen egal wie der Film wird, er wird eine Menge Geld einspielen!"
Leider scheint das das Credo der Produzenten gewesen sein, noch bevor Gavin Hood als Regisseur engagiert oder auch nur eine Seite des Witzes von Drehbuch niedergeschrieben wurde. Die Verfilmungen der Comics aus dem Hause Marvel entpuppten sich in den letzten Jahren größtenteils mehr als Goldesel denn als die riesige Fangemeinde zufrieden stellende Werke.
So ist auch das X-Men Spin-Off über die Vorgeschichte von Marvels beliebtestem Mutantenhelden trotz guter Leistung von Hugh Jackman (er lebt die Rolle inzwischen) nicht dazu geeignet, dass man als Zuschauer den Kopf allzu sehr benutzt. Logiklöcher und Kontinuitätsprobleme mit der Kerntrilogie gibt es leider nicht wenige.
Ebenso wird erneut der größte Fehler der Trilogie begangen, indem der Film getreu dem Motto „Viel hilft viel" vollkommen überladen wird mit illustren Figuren, die zumeist in der wenigen Screen-Time keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ganz im Gegensatz dazu hatten viele Fans gehofft, dass der Titelcharakter in „seinem" Film im Zentrum steht. Stattdessen werden dem Zuschauer wieder mehr oder weniger interessante Comicfiguren im Minutentakt um die Ohren gehauen, dass es keine Freude mehr ist. Allen voran wären das Gambit und Deadpool. Ersterer, verkörpert von Taylor Kitsch, wurde von vielen Fans in den bisherigen drei X-Men Filmen schmerzlich vermisst und scheint hier zwanghaft zur Wiedergutmachung in die Handlung gequetscht worden zu sein, und weist in seinen Kampfszenen einen gewissen Trashfaktor auf. Während letzterer zwar fester Bestandteil der Entstehung von Wolverine ist, kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass „X-Men Origins: Wolverine" nur der Werbetrailer für den bereits geplanten Deadpool-Film ist. Ryan Reynolds gefällt zwar in der Rolle des Superkämpfers mit der riesigen, auf Dauerfeuer gestellten Klappe, aber wenn man ehrlich ist, spielt er genau den gleichen Stiefel runter, wie er es in der Rolle des Hannibal King in „Blade: Trinity" schon einmal für Marvel getan hat, nur ohne Bart, dafür aber mit zwei Schwertern.
In der Rolle des William Stryker,der für Wolverines Schicksal verantwortlich ist, kann Danny Huston nicht an Bryan Cox, der den Charakter in der X-Men Trilogie verkörpert, heranreichen. Viel Gelegenheit dazu wird ihm allerdings vom Drehbuch nicht dazu geboten.
Wolverines vermeintlichgrößter Widersacher ist Sabretooth, der durch Liev Schreiber deutlich charismatischer und heimtückischer wirkt, als der Chewbacca-Abklatsch in der X-Men Trilogie. Schreiber und Jackman gehört auch gemeinsam das Highlight des Films: Eine Montage zu Beginn, die optisch beeindruckend zusammenfasst, wie die beiden Halbbrüder (unnütze Veränderung gegenüber dem Comic, die nur für weitere Unstimmigkeiten mit der Trilogie sorgt) Seite an Seite in den Kriegen des letzten Jahrhunderts zu Felde ziehen. Im Vergleich zu dieser Sequenz wirkt der Rest des Films nicht ganz ernst gemeint.
All diese Probleme hätte man ignorieren können,wenn das Studio sich dazu entschlossen hätte, eine der härtesten Figuren des Marveluniversums nicht wieder Kindgerecht zu präsentieren. Während man bei der Trilogie noch verschmerzen kann, dass der Mann mit den alles zerfetzenden Krallen an der kurzen Leine gehalten wurde, so ärgert es bei einem Film, in dessen Zentrum er steht (oder besser stehen soll), dass man nicht bekommt, was man sehen möchte. Die Figur Wolverine bietet auf diesemGebiet so viel Spielraum, wie kaum eine andere. Sogar wenn es darum geht, einzustecken. Mit Leichtigkeit hätte sich eine Szene zusammenbasteln lassen, in der Wolverine heftig einstecken muss, und man das auch sieht, ganz ähnlich dem Look des lädierten Terminators. Wäre auch für den Rest des Films nicht mit sonderlich viel Aufwand verbunden gewesen, denn durch die Heilungskräfte wäre der Schaden schnell behoben. Was man stattdessen bekommt, ist eine Hauptfigur, die während des ersten Einsatzes mit seinen Teamgefährten nicht einen Finger krumm macht, aber einen Abgang hinlegt, als wäre der wichtigste Mann des Teams gerade ausgetreten, nur um später mit stolz geschwellter Brust zu skandieren: „Ich bin der Beste in dem, was ich tue"!
Dass der Film in deutschen Kinos geschnitten läuft, merkt man an einigen Stellen leider deutlich, und es tut der Unterhaltung nicht gerade gut.
Unterm Strich 5 von 10 Punkten, da man zwar nicht sinnig, aber immerhin kurzweilig Unterhalten wird, und der Hauptcharakter einen gewaltigen Bonus geniesst. Für den fest geplanten zweiten Teil sollten sich die Autoren, Produzenten und der Regisseur aber um einiges mehr ins Zeug legen, um
der Thematik gerecht zu werden.
Gebt uns einen Wolverine „ab18"! Bei Blade und dem Punisher hat's ja auch geklappt.