<!--StartFragment -->Der im Januar 2007 als verheißungsvolle Ankündigung ins Leben berufene Kinta 1881 ist trotz des Hinauszögern des Veröffentlichungsdatums um über 18 Monate ein Einzelfall mit repräsentativer Bedeutung. Zeitgleich proklamiert mit einem ominösen Projekt namens Kuala Lumpur Samurai, dass bis Heute keinerlei Fortschritte gemacht hat und so allein auf weiter Flur stellt man sich tatsächlich als "Malaysiens Erster Martial Arts Film" überhaupt dar und so als einziger Vorgang auch in den Vordergrund der Öffentlichkeit heraus. Die Anstrengungen und Bemühungen von Regisseur Hor Chee Leong und seinem Drehteam zur Verwirklichung werden dabei leider ein wenig von der losen Gedankenfolge des Endergebnisses dementiert; die Black Box Pictures Sdn Bhd Produktion ist sicherlich keine umfassende Enttäuschung an sich, kann allerdings auch nicht das kleine Kunststück von The Rebel [ Vietnams Einstieg ] wiederholen und wird sich als Vorbote der etwas anderen Art künftig auch mit dem indonesischen Merantau messen lassen müssen. Den Grund und Boden für eine Eingangsphase mit spannender Annäherung hat man dabei zwar geschaffen, aber trotz Rückbesinnung auf das Genre selber und den Anklängen seiner Ausdrucksmöglichkeiten trotz oder gerade wegen mehrerer Monate im Schneideraum noch nicht das herausgestellt, was den rechten Nutzen bringen kann.
Das größte Problem des Filmes ist vor allem sein Aneinandervorbeileben der Handlung, die theoretisch ein Erinnerungsort für all die notwendigen Assoziationen und Emotionen für eine begründende Rahmenerzählung stellt und somit Raum für die folgende Bewegungs- und Kampfästhetik schafft, sich aber bei dieser methodischen Grundforderung verhaspelt. Nicht nur die Chronologie der leitmotivischen Hinweise von Aufruhr gegen Unterdrückung, Rache für aufgezwungenes Leid, Vergeltungsmaßnahmen für lange zurückliegendes Unrecht ist in dieser letztlich siebenten Schnittfassung ungeschickt verschachtelt, auch die Dramaturgie gelangt dadurch und den noch anschließenden Albernheiten und Beziehungslosigkeiten nie richtig zur vollkommenen Kraft.
Selbst die Basisaustattung, die Action, kann [anders als bei vielen thailändischen Vertretern] diesen nichts sagenden, da im Nachhinein mehrmals veränderten und verkürzten Gedanken nicht jedes Mal vorweg eilen:
Chinesische Immigranten haben sich aufgrund des riesigen Eisenerzvorkommens in den Minen des Kinta-Tals als mehr oder weniger unfreie Arbeiter anstellen lassen, wobei Ihnen zwar viele Versprechungen für die Zukunft gemacht wurden, aber die unmenschlichen Plagen und Qualen nicht weiter zu ertragen sind und auch die ausgezahlten Löhne keinerlei Entschädigung mehr bringen. Da eine Flucht zudem strengstens bestraft wird, beschließen die Tagelöhner Dragon [ Robin Ho ] und Tiger [ Michael Chin ] unter vorheriger Fürsprache durch den leitenden Angestellten und im Grunde genommen auch Pflegevater Tin Sok [ Albert Yuen ] um eine Audienz bei Master Hoong [ Patrick Teoh ], dem Besitzer der Mine. Da dieser allerdings bereits einen Nachfolger für den seiner Meinung nach zu gutmütigen Verwalter Tin und auch japanische Investoren gefunden hat, lässt er durch seinen Handlanger Forest [ Shawn Lee ] sowohl die beiden Bittsteller als auch parallel die Essensausgabe der aufmüpfigen Werktätigen, darunter auch ihre besten Freunde Blaze [ David Bao ] und Ace [ Kuan Jun-Fei ] überfallen. Schwer verletzt werden die Vier dem Massaker gerade noch Entflohenen im Dorf von Tok Mat [ Zulkifli Ismail ] versorgt; ihr Gegenangriff nur eine Frage der Zeit.
Eine Annäherung an das, was war und was ist.
Das, was als normatives Wuxia Epos über die Wahrnehmung und Wiedererinnerung von landeseigener Kultur und Historie angekündigt wurde, vermischt nunmehr auf relativ beliebig erscheinende Weise eher wahllose und auf jeden Fall differente Vorstellungsverknüpfungen zu einem additiven Experimentierfeld im Pop Art Lichtenstein tutorial. Nicht bloß, dass die Ereignisse nunmehr wieder mehrmals in die Vergangenheit zurückspringen und dort mit Hilfe eines um die Erklärung willens erklärenden voice overs zusätzlich zu exakten copy & paste Rückblenden die Geschichte bis zum Massaker erneut von vorne aufrollen, auch überlagern und überschneiden sich die eingangs gestellte Problematik und die nun forcierten Leitgedanken.
Verheerende Eingriffe in das ehemalige Drehbuch, dass weit mehr als die nun gebotenen Plotstränge bereithalten und einen gänzlich anderen Fokus als auf die Bruderschaft der Vier Recken legen sollte, sowie die konkrete Einflussnahme ausländischer Geldgeber – der Film wurde nach Angaben des sich vorsichtig distanzierenden Regisseurs nach dem ersten Screening in Cannes auch gerade aufgrund eines angestiegenen Budget zu 4 Mio Malaysische Ringgit im Hinblick auf den internationalen Markt spürbar getrimmt und aus Sanierungsgründen wiederholt unter die Fittiche genommen – lassen ihn zwar an Schnelligkeit und Mannigfaltigkeit gewinnen. Aber an Eigenständigkeit und Orientierung verlieren. Und an Pleiten und Peinlichkeiten scheitern. Hauptsächlich die versuchte, aber nie vollbrachte oder wenigstens in Ansätzen gekonnte Einbeziehung auch von Frauenrollen als flankierenden Antriebsgrund versagt vollkommen. Weder die angedeutete Affäre von Tiger mit Dan Dan [ Anita Kwan ], der Tochter des Eigentümers birgt außer unfreiwilliger Lächerlichkeit etwas in sich; noch dass sich der ebenfalls verknallte tumbe Tor Forest aus verschmähter Zuneigung an ihre britische Freundin Rose [ Laura New ] heranschleicht und ihr als Zeichen der Gunst erstmal das Dekolleté mit seinem Wein erfrischt.
Während sich anfängliche Befürchtungen des Eingreifens der staatlichen Zensur als haltlos erwiesen, machte sich das einschmeichelnde Herumschwarwenzeln um das westliche Absatzgebiet umso frappierender bis hin zum ad absurdum bemerkbar, von der Trübung einstmals charakteristischer Nuancen bis hin zur Umformung der Wiedergabe in Bild und Ton. Visuell wird man vom ehemaligen advertising art director Hor weiterhin mit beeindruckenden Perspektiven der Originalschauplätze von Kampar, Papa, dem Kek Look Tong Höhlentempel bei Ipoh und anderen stilbewussten Oberflächen berieselt, aber die einstmals intentionale Tradition trifft jetzt nicht bloß auf nachretuschierte Moderne, sondern im Missklang auf Dekadenz und ein abstraktes Gemisch aus einer berichtigenden synthetischen Struktur. Alle Figuren sind in ihrer Zeichnung grundweg verschuldet, entweder in die apathische emotionale Leere oder deren Übermaß, das kaum zu erduldende Chargentum.
Krampf und Erstarrung auch bei den Kampfszenen – derer soviel abgesehen von einem zünftig angerauten Showdown in last man standing Manier auch gar nicht sind –; werden sie doch parallel und abwechselnd in verschiedenen formalen Ausdrucksarten zu Kunstfilter und Papiercollage verwandelt, digital nachbearbeitet, ohne ersichtlichen Grund plötzlich der Farbe beraubt, in harte Schwarzweiß-Beleuchtung getaucht, comicartig mit dem Einbruch von knallroten Blutspritzern befleckt. Präzision durchaus, Très chic ebenfalls, deren Sinnhaftigkeit aber nicht. Eine in mancherlei Momenten [wie dem schwelgerischen Mark Cheng - Cameo auf einer Freitreppe oder dem finalen robusten Death Cage Turnier] sicherlich auch für den Effekt funktionierende, aber zumeist unnötige Dekoration, die gerade in Anbetracht von Mittel zum Zweck weder der offenkundigen Körperbeherrschung der extra deswegen angeheuerten Wushu - und Tai Chi - Talente noch dem ebenfalls separat ausgesuchten Choreographen Chin Kar-lok wirklich dienlich ist.