Ein Mann geht ins Badezimmer und macht sich für den Tag zurecht: Er putzt sich die Zähne, färbt und schneidet sich die Haare, er rasiert sich und steigt anschließend in einen frischen Anzug. Seelenruhig geht er hinunter in die Küche - wirft dabei einen kurzen Blick in das weihnachtlich geschmückte Wohnzimmer - und macht sich zum choralen Gesang von "*Stille Nacht, heilige Nacht*" ein Toast mit Erdnussbutter.
Es scheint ein ganz gewöhnlicher Morgen zu sein, wenn sich nicht in den weihnachtlichen Gesang die düsteren Klänge einer zweiten Komposition mischen würden. Eine Melodie, die die anfängliche morgendliche Ruhe in eine unheilvolle, beängstigende Atmosphäre umschlagen lässt.
Ganz langsam bewegt sich die Kamera durch die Küche - ein schneller Schnitt - und der Körper eines kleinen Jungen, der leblos über dem Küchentisch liegt, lässt Böses erahnen.
Erst jetzt fängt die Kamera die brutal zugerichteten Leichen einer kompletten Familie ein, die mit weit aufgerissenen Augen und blutüberströmten Körpern im Wohnimmer, der Küche und in der Diele verteilt sind.
Mit gepackten Koffern in der Hand wirft der Mann einen letzten Blick zurück, während der Zuschauer aus dem Hintergrund die Todesschreie der Kinder hört, die kurz zuvor von ihrem Stiefvater getötet wurden und der nun auf der Suche nach einer neuen Familie ist...
Mit dieser intensiven, perfekt inszenierten Einleitung beginnt das Remake des gleichnamigen Films "The Stepfather" aus dem Jahre 1987, der hierzulande auch als "Kill, Daddy, Kill!" oder dem deutschen Verleihtitel "Vatertag" bekannt ist.
TV-Regisseur Nelson McCormick, der bereits die Neuverfilmung des Horrorklassikers "Prom Night" verfilmt hatte, setzte hier mit einigen bekannten Serienstars wie Dylan Walsh (bekannt aus "Nip/Tuck") in der Titelrolle, Sela Ward ("Auf der Flucht", "Dr. House" und demnächst neue Ermittlerin bei "CSI: NY") und Jon Tenney (*Fritzi* aus "The Closer") routiniert das Drehbuch von J.S.Cardone in Szene und lieferte einen durchweg spannenden, von einer unheimlichen und unheilvollen Stimmung gezeichneten Thriller ab, der mit Dylan Walsh perfekt besetzt ist.
Es mag sein, dass Walsh auf den ersten Blick blass und unscheinbar wirkt, doch genau das macht ihn als *Familienvater* mit mörderischem Doppelleben auch so glaubwürdig.
McCormicks Film spielt zwar von Anfang an mit offenen Karten und macht überhaupt kein Geheimnis daraus, wer oder was David Harris ist oder war.
"The Stepfather" bezieht seine Spannung vor allem daraus, dass David sehr schnell in der neuen Familie sein wahres Gesicht offenbart, als er in einem unbeobachteten Augenblick seinen jüngsten Stiefsohn mit brutaler Gewalt im Genick packt ohne zu ahnen, dass dessen leiblicher Vater davon erfahren und über ihn Nachforschungen anstellen würde.
Und so will es das auf Schocks und nervenaufreibenden Thrill aufgebaute Drehbuch, dass auch der älteste Stiefsohn Michael allmählich Zweifel an dem perfekten Ehemann seiner Mutter hegt.
Eine Nachbarin, die in Davids Aussehen Ähnlichkeiten zu einem Fahndungsfoto in *Americas Most Wanted* erkennt und Davids Frau darauf aufmerksam macht, wird genauso brutal von ihm aus dem Weg geräumt wie Jay, dem Exmann seiner neuen Frau.
Immer mehr verändert sich David in seinem Verhalten, verwickelt sich in Widersprüche und sieht sich dem Mißtrauen von Michael ausgesetzt. Als er sich in die Enge gedrängt fühlt und seine Schein-Identität aufzufliegen droht, fasst er den Entschluss, sich von seiner Familie zu trennen...
"The Stepfather" mag das mehr oder weniger gerechtfertigte Remake eines Klassikers sein und sich sklavisch an den gängigen Versatzstücken des Genres orientieren - inklusive dem genretypischen, actionreichen Finale in einer stürmischen, gewittrigen Nacht - aber auch als eigenständiger Film - ohne dass ich jemals das Original gesehen hätte - funktioniert diese Neuverfilmung wunderbar.
Regisseur McCormick kommt ohne Umschweife schnell zur Sache und zieht die Spannungsschraube bis zum unausweichlichen Final Fight zwischen Michael und David unaufhörlich an.
Zusätzliche Dramatik wird dem Thriller dabei von dem düsteren Score Charlie Clousers ("SAW") verliehen, der die unheilvolle Atmosphäre des Films noch zusätzlich unterstreicht.
"The Stepfather" bietet genau das, was man von einem packenden Thriller erwarten sollte: Dramatik und Hochspannung von Beginn an und mit einem charismatischen Bösewicht - eingepackt in ästhetische Hochglanzoptik, garniert mit etwas Teenie-Liebelei und angesagten Charts für die MTV-Generation, und abgerundet mit klassischen Slasher-Szenen und wohldosierten Schocks.
Teilweise vorhersehbar, ohne Überraschungen oder Wendungen - dafür aber durch und durch unterhaltsam, nett anzuschauen und ohne Längen.
7,5/10