Review

Dass in den ersten zehn Minuten der thailändisch / taiwanesischen Co-Produktion gleich vier Selbstmorde gezeigt werden, aus der Vergangenheit aufbereitet, in gegenwärtigen Albträumen und tatsächlich vollzogen, gibt The Fatality von vorneweg eine bedrückende Leblosigkeit mit bei, die sich ausnahmslos in dunkler Unbeteiligtheit manifestiert. Auch darauf folgend, nach einem Start, der viel mehr den Abgang und Zusammenbruch einer Welt darstellt als den Anfang einer neuen, wird das Geschehen mit bedrängenden Vorahnungen und in das Unheil umarmenden Prophezeiungen beschwert. Die Geschichte dahinter ist erstmal völlig untergeordnet und wird stattdessen mit einer losen, wie beliebig und gleichzeitig leichtfertig etwaige Schocks vergebenden Aneinanderreihung von gängigen Horrormotiven gefüllt und gleichzeitig in ihren Überlebenschancen weiter verringert. Das Trauma der dauerhaften Qual, am Rande einer Psychose und an der Schwelle zum Jenseitsglauben.

Um Karma, Tod und Wiedergeburt aufgebaut und dies in sich aufdrängenden Vorstellungen verbreitend beschäftigt man sich eher mit den Umständen selber als den Charakteren in ihnen und den Leidenschaften, die sie antreiben; die Personen des Schauderstücks gelten weniger als Mitakteure denn vielmehr als den jeweiligen Situationen angepasste individualisierte Funktionsträger. Hilfskräfte im Standardspiel, ohne eine menschliche Sensibilität wachzurufen. Mittel zum Zweck. In selbstständiger Einsamkeit. Wie im Schleier von der übrigen Gesellschaft entfernt. Der blässlich-weiche Hauptdarsteller agiert gar wie unter Hypnose, oder auch Amnesie, durch die Geistseele herbeigeführt:

Taiwan.
Ho Shi-rong [ als Mandopop-Sänger durchaus eine Marke: Kenji Wu ], Anfang 30, lebt als Tagelöhner vor sich her, hat den Platz im Leben noch nicht gefunden, den Verlust seines Vaters bereits als Kind nicht verkraftet, sieht keine Zukunft für sich und kein Sinn mehr im Präsenz. Nach einer merkwürdigen Begebenheit mit einem Wahrsager [ leider nur Cameo: Sam Lee ], der hastig verschreckt das Weite sucht, stürzt sich Ho tödlich vom Hausdach auf ein Auto. Wie in einer Utopie der möglichen Änderung erwacht er in Thailand im Körper des seit zwei Monaten ohne jeglichen Grund im Koma liegenden Assanee, versteht die heimische Sprache nicht und kennt die Menschen um sich herum, weder seinen Vorgesetzten Lek [ Somlek Sakdikul ], die Kollegin [ Pajaree na Nakorn ] und auch die "eigene" Ehefrau Nakul [ Pitchanart Sakhakorn ] nicht. Der ihn eher unwillige Betreuende Arzt Stanley [ Matt Wu ] ist keine große Hilfe. Und daß seine plötzliche Ehefrau heimlich einen Liebhaber pflegt, etwas zuviel über den Tod seines Bruders und der gesamten Familie weiß und Ihn nach der Ankunft Daheim aus Angst erschießen will, auch nicht.

Was klingt wie ein Mysterium in schwarzpoetischer Auffassungsweise und mitsamt der verschobenen Identitätsentwicklung in dieser für sich gesonderten Erzählsphäre auch genügend wäre, wird gerade zu Beginn mit derart vielen, lang ausdehnenden, zu oft wiederholenden und so vollständig sättigenden Effekten und Metaphern aus der Gruselkiste vollgebombt, dass man bei dem ersten Anzeichen einer Handlung geradezu dankbar dafür ist. Statt sich mit der Allegorie des Andersseins und der fortschreitenden Entfremdung sowie diesem Prozess der Deutung und den Mittel des Erfahrens auseinanderzusetzen, wird hier nur mit oberflächlichem Budenzauber hantiert, und Ho im Körper des Asanee, dessen komplettes Leben er inklusive des Berufes im Verwaltungsgebäude der Stadt übernimmt, rasch mit schlechten Omen, wohin man sieht, überrannt. Autounfälle auf der Straße, die nach einem zweiten Blick nicht stattgefunden haben. Unzählige Todesurkunden auf seinem Arbeitsplatz, auf dem Fahrtweg, vom Himmel regnend. Ominöse Phantomerscheinungen, die wie ein wilder intersubjektiver Sturm über ihn hereinbrechen, ihn berühren, würgen, attackieren.

Bild für Bild und Szene für Szene ein überaus kalkuliertes und auch so imitierend formuliertes Sammelsurium von übernatürlichen Thrill und Suspense, cliché Erbstücke aus der Antike gerade auch des asiatischen, speziell japanischen Horrorkintopps, die Regisseur Tiwa Moeithaisong selbst in seinen Vorgängern Ghost Delivery [ 2003 ] und The Sisters [ 2004 ] zur Genüge exerziert und teilweise auch bereits parodiert hat. Und in dieser erneuten, wieder nach den Gutschriften modellierten Kanonade mit der schon gespenstisch voluminösen Anhäufung mehr Überdruss und Langeweile produziert als noch so jeder apathische Dialog;[wobei das Sprachengewirr aus Thai, Mandarin und Englisch deren Qualitäten auch nicht gerade in die Hände spielt.] Der einzige Vorteil aus der andauernden Beschäftigung mit derartigen Relikten ergibt sich hier durch eine merkwürdig geographisch begrenzte Veranschaulichung; Moeithaisongs visuell nicht gänzlich einfallslose Regie zeigt in einer verfallenden Monotonie stetig nur Hos Heim, seinen Arbeitsplatz und einen langen Tunnel auf dem Weg dazwischen, wodurch man sich verschleißend wie im Kreis um einen tiefen Abgrund herum dreht.

Nach gut einer Hälfte dieses progressiv standhaften Spukmanövers winkt die Erlösung, in Gestalt einer religiös unterfütterten Katharsis, der Drohung der Selbstzerstörung und den Wölbungen der Erinnerung. Ho entdeckt unter Asanees Arbeitsplatz vornübergeneigt eine Alternative; eine Kammer, deren dort befindliche Gerätschaften ihm ungeahnte, ungewollte und über das herkömmliche Wissen hinausgehende Kräfte verleihen. Er wird wie Assanee zuvor, rekonfiguriert, in Taten des Unbewusstseins und so im Rückschlag auf seine subjektive Natur zum [bürokratischen] Todesengel der Stadt. Ein Sterbehelfer auf Abruf. Ein Serienmörder mit Beweggrund. Ein Paradoxon mit Machtsystemen und entsprechenden Abhängigkeiten und Fallstricken.


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