„Unter Männern"
Männer sind sicher nicht die traditionell anvisierte Zielgruppe der romantischen Komödie. In Deutschland war man da allerdings schon öfter etwas weniger festgefahren, als die große Konkurrenz aus Übersee. Angefangen mit Doris Dörries Überraschungserfolg Männer, über die Til Schweiger-Hits Der bewegte Mann und Männerpension, zeigte man bereits im Titel, dass man sich ausdrücklich auch an das starke Geschlecht richtete. Was diese Filme von den meisten US-Pendants unterscheidet, ist die bewusste Schilderung aus der männlichen Perspektive. In dieser Tradition steht auch das Regiedebüt von Schauspieler Simon Verhoeven. Und wieder gibt der Titel bereits die Richtung vor.
Männerherzen handelt von fünf Berlinern und ihren ganz persönlichen Problemen mit der Liebe und dem (Berufs-)Leben an sich. Die Entscheidung für einen Ensemblefilm ist eine clevere Möglichkeit, unterschiedlichste Facetten des modernen Mannseins unter die Lupe zu nehmen.
Da gibt es den klassischen Womanizer, der den Zeitpunkt einer festen Bindung verpasst hat und sich darüber mit einer Unmenge an hübschen, jungen und nicht sonderlich intelligenten Starlets hinwegtröstet. Auch beruflich lügt sich „Jerome" in die Designertasche und trägt seine nicht mehr ganz so junge Haut zu Markte. Der erfolgreiche Musikproduzent liebt eigentlich House, muss sich aber mit seichten Schlagerdiven herumschlagen, um seinen exklusiven Lebensstil finanzieren zu können. Der deutsche RomCom-Superstar Til Schweiger gibt eine nur leicht abgewandelte Version seiner Figur aus dem Blockbuster KeinOhrhasen. Das mag nicht sonderlich originell sein, funktioniert für den Film aber erneut prächtig.
Auch Christian Ulmen ist wieder einmal typgerecht gecastet. Der durch seine subversiven MTV-Shows bekannt gewordene Komiker spielt den vertrottelten Loser Günther Stobanski, dessen unbeholfene Versuche beim anderen Geschlecht zu landen zu den unangefochtenen Fremdschäm-Highlights zählen. Seine Misserfolge in Liebesdingen kompensiert er als kleinkarierter und spießiger Bullterrier im Berliner Gewerbeaufsichtsamt.
Der ehemalige Punkmusiker Wotan Wilke Möhring spielt den einzig wirklich dunklen Charakter des Ensembles. S-Bahnchauffeur Roland musste einen Selbstmord auf seiner Fahrstrecke und die Scheidung von seiner Frau verkraften. Unfähig, seine Gefühle auszudrücken wird er vornehmlich von Ohnmacht und Wut getrieben. Möhring meistert diese nicht ganz einfache Rolle bravourös und schafft es, beim Zuschauer so unterschiedliche Emotionen wie Angst, Abscheu und Mitleid zu erzeugen.
Bleiben noch Philip (Maxim Mehmet) und Niklas (Florian David Fitz). Ersterer ist mit der unerwarteten Schwangerschaft seiner Freundin völlig überordert, zumal er sich lediglich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält. Aus exakt gegensätzlichen Gründen schlittert sein Freund Niklas in die Sinnkrise. Beim erfolgreichen Werbefachmann läuft alles zu perfekt. Dank eines strikten Lebensplans scheint auch das private Glück zementiert. Die bevorstehende Hochzeit mit seiner Jugendliebe sowie der unterschriftsreife Vertrag für ein gesichtsloses Reihenhaus bescheren dem Vorzeigeschwiegersohn allerdings unerwartete Panikattacken.
Natürlich sind die einzelnen Charaktere als Typen teilweise überzeichnet, verkommen aber nie zur bloßen Karikatur. Trotz aller Überspitztheit in ihren klischeehaften Defiziten, haben alle Figuren auch etwas Liebenswertes. Das gilt vor allem für die beiden „Hassobjekte" des Films. So kümmert sich der ansonsten daueraggressive Roland liebevoll um seinen Alzheimerkranken Vater und beeindruckt damit auch das teilweise abgestumpfte Pflegepersonal. Und Bilderbuch-Chauvi Jerome freundet sich langsam mit dem zunächst gehassten Schlagerstar Bruce Berger an, als er die Verwundbarkeit und Unsicherheit hinter der Fassade der selbstverliebten und exaltierten Diva erkennt.
Dass insbesondere dieser Handlungsstrang so ausgezeichnet funktioniert, liegt klar an Justus von Dohnanyis umwerfender Vorstellung als Bruce. Vor allem seine Auftritte im Tonstudio - als er vor dem völlig verzweifelten Jerome seine selbst geschriebenen Songtexte verteidigt - sind zum Brüllen komisch. Auch die Tatsache, dass die beiden ungleichen Partner auf Geheiß der Plattenfirma in Jeromes Loft während der Albumproduktion als WG zusammen leben, sorgt für eine Reihe komödiantischer Glanzlichter. Ach ja, wer vor Ende des Abspanns geht, verpasst Bruces „größten Auftritt".
Es ist die große Stärke von Männerherzen, eigentlich ernste Themen wie Bindungs- und Versagensängste, Perspektivlosigkeit und Selbstverleugnung sowie Kommunikationsdefizite und unterdrücke Gefühle in eine launige Komödie zu verpacken, ohne lächerlich zu wirken oder in Banalitäten und völlige Klischeehaftigkeit abzudriften. Viele Männer werden sich - wenn auch in etwas abgeschwächter Form - in der ein oder anderen Figur wieder erkennen. Über Frauen erfährt man hier (abgesehen von der Lüftung des „Schlabberhosen-Geheimnisses") Genreuntypisch weit weniger, aber das war hier auch gar nicht beabsichtigt und ist bestimmt kein Manko des Films. Lediglich das offenkundige Bemühen wirklich alle Episoden am Ende in Wohlgefallen und Harmonie auflösen zu wollen, trübt etwas den zwar nicht sonderlich tiefgründigen, aber durchgängig unterhaltsamen Spaß.
(7,5/10 Punkten)