Review

„Lost in Vegas"

Die „klassische" Junggesellenparty ist meist so ziemlich das peinlichste Ereignis im Leben der teilnehmenden Männerfreunde. Noch mal so richtig die Sau rauslassen mit möglichst viel Alkohol und der unvermeidlichen Striplokal-Nummer haben eigentlich nur zwei Sorten von Typen nötig: Spießer und solche, die ähnliche Vergnügungen jedes Wochenende zelebrieren und endlich mal etwas Anderes als das völlig ausgelutschte „Party machen" als fadenscheinigen Grund zum kollektiven Besäufnis ausgeben wollen. Ähnlich der Realität sind auch die zahllosen Filme über dieses „Großereignis" fast ausschließlich fade und niveaulose Blaupausen zum beherzten Fremdschämen.

So gesehen musste man bei Todd Phillips Hangover mal wieder das Schlimmste befürchten: bis zur Grasnarbe tiefergelegter Fäkalhumor, tonnenweise lauwarme Alkoholikergags und allerlei Situationskomik der Marke „Wer macht sich am extremsten und schnellsten zum absoluten Volltrottel". Zumal die wenig innovative Story kaum Hoffnung auf einen Irrtum macht: Zwei Tage vor seiner Hochzeit macht sich Bräutigam Doug (Justin Bartha) mitsamt Schwager Alan (Zach Galifianakis) und seinen zwei besten Freunden Phil (Bradley Cooper) und Stu (Ed Helms) auf ins Sündenbabel Las Vegas, um die letzte Nacht in Freiheit mit allem zu füllen, was Männern so Spaß macht.

Und jetzt die Überraschung: Wer sich von diesem Drohpotential abschrecken lässt, verpasst eine der lustigsten Komödien der letzten Jahre. Diesen Umstand verdankt der Film vor allem einem simplen, aber dramaturgisch höchst effektivem Kniff: Hangover zeigt nicht die hundertste Saufparty, sondern dreht sich fast ausschließlich um den Kater danach. Am folgenden Morgen ist nicht nur das Erinnerungsvermögen der Helden massiv getrübt, sondern auch noch der Bräutigam spurlos verschwunden. In mühsamer Kleinarbeit müssen nun die drei Freunde die vorhergehende Nacht rekonstruieren, was natürlich zu allerlei aberwitzigen Situationen führt. Erst nach und nach erschließt sich Zuschauern wie Teilnehmern das ganze groteske Ausmaß der Junggesellenparty.

Neben dieser cleveren Erzählstruktur wartet Hangover mit einem erfrischenden Maß an politisch unkorrekten Gags und Sprüchen auf. Zudem wird auf den in Filmen dieses Genres so häufig eingesetzten Ekelhumor erfreulicherweise weitestgehend verzichtet. Mehr sollte nicht verraten werden, um einen ungetrübten Filmspaß zu garantieren. Nur so viel: Der Auftritt des ehemaligen Boxchampions Mike Tyson sowie eine Persiflage auf Rain Man gehören zu den Highlights. Die Witztrefferquote ist jedenfalls erstaunlich hoch, auch das ordentliche Tempo kann beinahe über die gesamte Laufzeit gehalten werden. Natürlich ist das Szenario weder sonderlich hintersinnig, noch von dauerhafter Substanz. Der Film funktioniert sicherlich bei der Erstsichtung am besten, was allerdings für die allermeisten Komödien gilt.

Seinen enormen Spaßfaktor verdankt Hangover nicht zuletzt auch dem groß aufspielenden Hauptdarstellertrio. Vor allem Ed Helms als unter der Fuchtel eines buchstäblichen Hausdrachens stehender Pantoffelheld sowie Zach Galifianakis als unfehlbarer Fettnäpfchendetektor liefern grandiose Vorstellungen. Aber auch Bradley Cooper hat als zynischer College-Lehrer ein paar knackige Oneliner auf Lager und gibt als Normalster der drei Verkaterten der aberwitzigen Story immer wieder die nötige Bodenhaftung.
Bleibt das Setting. Ohne Frage ist Las Vegas die perfekte Location für ein solches Szenario. Die Glitzermetropole mitten in der Wüste gilt insbesondere in den USA als Inbegriff für Sex, Drugs and Fun. Dementsprechend effektvoll und leinwandfüllend werden die Fassaden der bekanntesten Themenhotels und Casinos immer wieder ins Bild gerückt. Auch in den weniger spektakulären Shots ist der Originalschauplatz Las Vegas häufig klar zu erkennen.

Fazit:
Hangover ist ein fast durchgängig zum Brüllen komischer Beitrag zum komödientechnisch eigentlich völlig ausgelutschten Thema „Junggesellenabschied". Die clevere Idee nicht das nächtliche Treiben, sondern die Folgen am Tag danach zu zeigen, hebt den Film wohltuend aus dem Genreallerlei und vermeidet die x-te Aufwärmung hundertfach gesehener Besäufnis-Gags. Die sympathischen Darsteller waren offensichtlich mit Feuereifer dabei und verpassen ihren teilweise skurrilen Figuren einen glaubwürdigen menschlichen Anstrich. Die immer wieder durchbrechende politische Unkorrektheit ist der Sektkorken auf einer spritzigen, launigen und überaus kurzweiligen Sommerkomödie.

(8,5/10 Punkten)

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