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Las Vegas, wahlweise dargestellt als zauberhafte Glitzerwelt oder Sündenbabel (oder beides), fasziniert Hollywood immer wieder, was der Publikumserfolg von „Hangover“ nur bestätigen dürfte.
Mal wieder geht es um einen Junggesellenabschied in der berühmten Spielerstadt in Nevada. Doug (Justin Bartha) steht kurz vor der Heirat und will mit seinen Freundin Phil (Bradley Cooper) und Stu (Ed Helms) sowie seinem Schwager Alan (Zach Galifianakis) noch einmal einen draufmachen. Doug als Bräutigam ist der Normalo, Phil der Draufgänger, Alan der etwas langsame Freak und Stu der unter der Fuchtel stehende Beziehungsmensch – an sich vier Stereotypen, aber doch ausgesprochen charmant, sodass sie doch genug Konturen bekommen.
Jedoch verliert die Truppe im Suff den Bräuterich in spe und muss nun nach Doug suchen. Leider kann sich keiner an die letzte Nacht erinnern, sie haben einen Tiger im Bad und ein Baby in der Suite. Es stehen einige Entdeckungen bevor...

Das geschickte wie fiese an der Erzählstruktur von „Hangover“ ist die Tatsache, dass der Zuschauer nur langsam erfährt, was eigentlich vorfiel, dass erst die Diashow während des Abspanns die endgültige Aufklärung bringt. Auf sonderlich viel Konsistenz wird da auch nicht wertgelegt, warum einer nun im Drogenrausch geheiratet hat oder ein anderer einen asiatischen Gangsterboss als Glücksbringer in den Kofferraum sperrte, all das wird als bloße Folge eingenommener Rauschmittel dargestellt und fertig ist die Lauge.
Doch „Hangover“ ist dermaßen temporeicher, beschwingter Nonsens, dass man das dünne Geschichtlein im Hintergrund eh bald vergessen hat und sich lieber auf die Irrwege des Trios konzentriert, das nun wie bekloppt nach Doug sucht. Dabei stehen einige absurde Begegnungen bevor, denn man hat in der Nacht einen Streifenwagen geklaut, Mike Tyson wütend gemacht und es sich mit örtlichen Gangster verscherzt, doch erst nach und nach stellt sich dann heraus, wie das alles zusammenhängt. Dabei ist „Hangover“ erfrischend respektlos, es werden Babys gegen Autotüren geknallt, Elektroschocker am lebenden Objekt getestet und ein Tiger für entwürdigenden Schabernack benutzt.

Dabei ist es dann das gelungene Timing der Hauptdarsteller, die das Maximum aus der Komik rausholen, denn selbst zigfache gesehene Slapstickmomente wirken hier noch wunderbar frisch und witzig. Toll auch die Parodie auf „Rain Man“ und Konsorten beim Black Jack, wunderbar fetzig der Soundtrack und erfreulich hoch das Niveau, zumindest angesichts des Themas, denn von etwas Gekotze und ein bisschen nackter Haut umgeht die Überbietungslogik aktueller Klamotten, die stets nach Tieferlegung der Geschmacksgrenze lechzen.
Ausgerechnet Justin Bartha, das komödiantische Highlight der „National Treasure“-Filme, muss hier mit angezogener Handbremse spielen und hat als zu verheiratender Jedermann kaum Screentime. Bradley Cooper spielt als charmanter Draufgänger wesentlich eingängiger, ebenso Ed Helms als Pantoffelheld unter der Überwachung seines Hausdrachens von Freundin – wobei Barkeeper Running Gag immer wieder großartig von ihm rübergebracht wird. Offensichtlicher Showstealer ist Zach Galifianakis als nicht so gerne Hosen tragender Volldepp; die Nummer droht zwar gelegentlich zur reinen Masche zu werden, doch dann reißt Galifianakis die Szenen immer wieder an sich, wenn sein liebenswerter Simpel es nie böse meint, aber trotzdem stets in größte Fettnäpfchen tritt. Dagegen hat der Rest der Besetzung wenig zu vermelden, selbst Heather Graham und Jeffrey Tambor absolvieren bessere Gastauftritte. Cameos gibt es von Mike Tyson und Wayne Newton, letzteren sieht allerdings nur bei der Diashow.

Die Geschichte ist dünn wie Papier und Anspruch sucht auch besser nicht soviel, aber trotzdem ist „Hangover“ eine der lustigsten Komödien der letzten Zeit, denn solch ehrlicher Nonsens mit derartig gutem Comedytiming kommt einem nicht mehr so oft unter. 7,5 Punkte für den Kinobesuch, eine Zweitsichtung im O-Ton könnte noch etwas an der Wertung ändern. Auch wenn Todd Phillips mich vermutlich nie wieder so herzhaft zum Lachen bringen wird wie beim „Road Trip“-Kinobesuch damals.

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