Review

Über 200 Millionen US-Dollar Einspiel – das muß ein Kracher sein.
Allein, weil es in jedem Kinojahr wenigstens eine US-Überraschungskomödie gibt, die das Publikum offensichtlich wegbläst oder – aufgrund eines akuten Lemming-Verhaltens, Massen durch Mundpropaganda in die Kinos zieht, weil man den Film einfach gesehen haben muß.

Bisweilen sind die Filme dann letztendlich eher mäßig (ich erinnere da nur an eine recht bekannte „griechische Hochzeit) – doch „The Hangover“ verdient wenigstens die Auszeichnung, daß es sich wirklich um einen sehr lustigen Film handelt.

Doch wieso nun diese Rekordsummen, handelt es sich am Ende doch um einen Film, der im Wesentlichen das Erfolgsrezept der Deppen-Comedy „Ey Mann, wo is mein Auto?“ recycelt: ein Junggesellenabschied in Las Vegas, der aufgrund von Drogen offenbar aus dem Ruder gelaufen ist.
Die Suite ist ruiniert, auf dem Klo ein Tiger, neben dem Sofa ein Baby, ein Zahn fehlt und der Bräutigam sind verschwunden, das animiert zu einer Suche nach Puzzleteilen der Erinnerung, also machen sich drei Kumpel auf, um anhand spärlicher Hinweise die Spur der Verwüstung zu rekonstruieren, die sie in der letzten Nacht hinterlassen haben.

Mehr braucht man eigentlich nicht, um gute Laune im Publikum zu verbreiten, denn die Schritt-für-Schritt-Analyse, der man von nun an beiwohnen kann, wird für Figuren wie Zuschauer zum abstrusen Aha-Erlebnis mit immer neuen unangenehmen Überraschungen, die spätestens dann aus dem Kofferraum springen, wenn man sich gerade wieder festgefahren hat.

Todd Phillips, wahrhaft kein Meister innovativer, aber immerhin ordentlicher Komödien, aktiviert hier ein Ensemble von nominell für das Kino unbekannten Gesichtern, bei denen man genau deswegen eben nicht weiß, was als Nächstes passieren wird, weil sie noch nicht auf einen Typ festgelegt sind.
Bradley Cooper als zynischer Lehrer war zwar in „Yes Man“ Stichwortgeber, aber eigentlich erinnert man sich mehr (oder weniger) an seinen schüchternen Will Tippin aus der Serie „Alias“. Ed Helms als der unter dem Pantoffel einer biestigen Ehefrau stehender Zahnarzt ist sonst mehr als Stichwortgeber aufgefallen und der bärige Zach Galifianakis war maximal in „Love Vegas“ schon am selben Ort, ist aber auch mehr aus „Tru Calling“ bekannt.
Alle drei bilden totale Gegensätze, die sich in einer Notsituation zusammenraufen müssen, um Kumpel Doug (Justin Bartha aus den „National Treasure“-Filmen als netter Everyman) wiederzufinden, da dieser von seiner Braut erwartet wird.

Aus diesen Gegensätzen und den zahlreichen wahnwitzigen Entdeckungen (u.a. natürlich einer vergessenen Schnellhochzeit und einem nackten Asia-Mafioso im Kofferraum) bildet sich eine alberne, aber nie geschmacklose Perlenschnur von Peinlichkeiten, in der Galifianakis am Besten wegkommt, weil sein hochnotpeinlicher, drogengeschwängerter, kreuzdumpfer und allgemein wenig kontrollierbarer Alan eben den verbalen und aktivistischen Faktor X geben darf, der die Dinge nicht selten auf merkwürdigste Weise am Laufen hält.

Zuviel über den Inhalt zu erzählen, hieße hier natürlich jegliche Überraschung verderben, denn der Film muß erfahren und miterlebt werden, sonst macht er keinen Spaß und es geht auch jeglicher Überraschungsfaktor flöten – es sei nur gesagt, daß es nie zu hysterisch wird und immer in einem flotten, aber nicht zu schnellen Tempo voran geht und es tatsächlich gelungen ist, den Nervfaktor aller Beteiligten auf einem erstaunlich niedrigen Level zu fixieren.
So bleiben alle Figuren durchgängig sympathisch bis zum unvermeidlichen Happy-End und unausweichlichen Nachspann, wo man mittels Kamerabilder dann erstmals sieht, was wirklich alles geschehen ist und wie Panne der Film hätte werden können, wäre das linear gezeigt worden.

Dennoch: „The Hangover“ ist ein schöner, lustiger Film mit vielen guten Zutaten, hat aber aufgrund seiner Struktur die Halbwegzeit eines Einmal- und Erstmalsehens, danach läßt der Film eigentlich nach, weil man schon weiß, was passieren wird (außer natürlich man gehört zu dem Menschenschlag, die sich einen Gag fünfzigmal ohne Reizverlust ansehen können).
Er ist frisch und unverdorben, lustig und gemütlich, flott und reizvoll, aber nun auch keine Offenbarung für die Komödienwelt (obwohl: für die inzwischen schon wieder konfektionierte Apatow/Rogen-Methode wirkt er innovativ), sondern einfach ein schöner Film, den man sich gut anschauen und später weiterempfehlen kann.
Womit auch die Sache mit der Kohle eine Erklärung gefunden hätte. (7,5/10)

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