Bislang schien die Zielgruppe von Pixar klar definiert: Ein junges Publikum, welches mit perfekter Animation und einiger turbulenter Action durchweg unterhalten werden will.
Doch bereits beim Vorgänger „Wall-E“ fand man Zeit für stillere Töne, was sich in diesem Streifen noch konsequenter fortsetzt, leider nur über die Hälfte der Laufzeit.
Es ist die Geschichte vom greisen Carl, der mit seinem Haus an Tausenden von Heliumballons nach Südamerika fliegt, um die Paradise Falls zu sehen. Mit dabei ist der blinde Passagier Russell, ein dicker achtjähriger Pfadfinder, der ihn mit seiner oft naiven Denkweise in manche Schwierigkeit bringt.
Selten begann ein Pixar so melancholisch und nachdenklich stimmend, obgleich die ersten zehn Minuten schon fast den erzählerischen Höhepunkt des Streifens bilden.
Hier wird ganz ohne Worte in treffenden Bildern das komplette Leben Carls und seiner Frau Ellie illustriert, die es bis zur Erfüllung des gemeinsamen Lebenstraums nicht mehr schafft.
Als Witwer steht Carl mit seinem Haus allein in einem Zentrum voller Bauarbeiten, ein einsamer Mann inmitten der technischen Revolution, wenn man so will.
Dieser stellt er sich stoisch entgegen, indem er kurz vor der Abschiebung ins Altersheim mit seinem Haus abhebt.
Allein die ersten Minuten reichen für die Figurenzeichnung Carls aus, man hat ihn spätestens lieb gewonnen, als er auf den Treppenlift haut oder liebevoll die Fläche unter der roten Porzellanente putzt, - im Realfilm wäre das die perfekte Rolle für Walther Matthau oder Ernest Borgnine gewesen.
Mit Carl wird die Botschaft vermittelt, seinen Traum nie aufzugeben und darüber hinaus im hohen Alter Mut zu fassen, sich weitere Ziele zu stecken.
Dem jüngeren Publikum kommt man alsbald entgegen, indem kleinere Actionsequenzen nicht lange auf sich warten lassen, da man in eine Unwetterfront gerät, am Seil über Abgründe schliddert und sich gegen Ende noch einer wilden Meute sprechender Hunde ausgesetzt sieht.
In solchen Momenten brilliert die insgesamt weiche Animation klar, ohne dabei auf brachiale Effekte zu setzen, sondern die 3D-Technik subtil anzuwenden.
Dass dabei einige Detailverliebtheit zum Vorschein kommt, scheint mittlerweile genauso selbstverständlich wie ein eingängiger Score, der über weite Strecken im Ohr hängen bleibt.
Und obgleich im letzten Drittel am meisten Bewegung herrscht, ist es für das Gefühlsleben des etwas reiferen Betrachters an dieser Stelle nicht so optimal bestellt, da das Geschehen in zu vorgeformten Bahnen abläuft, ein Bösewicht verfolgt und bekämpft wird und der Showdown zum witzlosen Gefecht zwischen Gut und Böse verkommt.
Der Schmunzeleffekt bleibt zwar erhalten, doch das Charmante weicht der puren Action.
Dennoch bleibt ein schönes Stück Wohlfühlkino mit einer wunderbar sympathisch knarzigen Hauptfigur und ein paar netten Gags in geschmeidiger Animation.
Ein Film über das Altwerden, aber auch über das Schwerelose, welches „Oben“ zu herrschen scheint. Dieser erfrischenden Form von Freiheit kann man sich ebenso wenig entziehen, wie dem Drang aus sich herauszukommen, Barrieren zu überwinden und am Ende seines Schaffens noch etwas zu bewegen, - zur Not ein ganzes Haus an Ballons.
Knapp
8 von 10