*Leichte "Emotions-Spoiler*
(wenn man den Film nicht gesehen und nicht viele Infos dazu hat, am besten gar nicht weiterlesen, sondern auf die Wertungen der ofdb-User vertrauen. Dann haut "Oben" auch richtig schön in die Fresse...)
Heutzutage muss man bei Animationsfilmen, egal von Pixar oder aus anderen Schmieden stammend, nicht mehr nach der Qualität der Animationen hinterherfragen. Bei mir stagnieren sie seit Jahren - weil sie eben ihr "Hoch" erreicht haben und perfekt sind. Eigentlich geht es bei Animationsfilmen nur noch da drum, ob sie vorallem kindertauglich sind, dann rollt schon mal automatisch der Rubel über die Theke. Für einen Erwachsenen zu unterhalten dürfen solche Filme natürlich nicht auf einen gewissen Anspruch verzichten, bzw. hier oder da einen Joke platzieren, den die "Kleinen" noch nicht verstehen.
Doch "Oben" geht noch ein Stückchen weiter...
Seit ihrer Kindheit sind Ellie und Carl Fredricksen ein Paar, deren Schicksal es ist, keine Kinder zu bekommen. Sie suchen sich neue Ziele und eifern ihrem Held, dem Abenteurer Charles Muntz hinterher, ferne Länder zu bereisen. Ihr größtes Ziel ist es, einmal ein Haus in Südamerika an den geheimnisvollen Wasserfällen stehen zu haben. Doch aus Geldnot kann sich das Ehepaar diesen Wunsch nie erfüllen. Als Ellie im hohen Alter stirbt und Carl´s Haus für einen Neubau abgerissen werden soll, fasst er den Entschluss, dem ganzen Alptraum zu entkommen. Der ehemalige Ballon-Verkäufer rüstet sein Haus mit tausenden Helium gefüllten Luftballons, reißt es aus dem Boden und fliegt Richtung Südamerika (liest sich sau blöd, oder ?!?). Aus Versehen nimmt er Russel mit auf die Reise, einen Pfadfinderjungen, der sich unter seiner Veranda versteckt hat. Dort angekommen, wird das Abenteuer noch größer: Sie machen Bekanntschaft mit einem Paradiesvogel, sprechenden Hunden und Carl´s Idol, Charles Muntz...
Pixar´s mittlerweile zehnter Streich (bzw. erster 3D-Streich) wurde von Peter Docter produziert. Ich gab mir diesen Film um die Gefahrenuhrzeit von 17.00 Uhr - ich alleine umgegeben von Eltern mit Kindern oder Frauen mit Kindern und auch Kinder mit Kindern. Die schlimmsten Befürchtungen, vor lauter Gaga und Kichern nichts zu hören, wurde schon nach der Anfangssequenz erstickt.
Natürlich beginnt "Oben" rasant, schrill, schräg und witzig wie jeder andere Animationsfilm: Ellie und Carl lernen sich als Kinder kennen und erleben Turbulenzen. Was jetzt jedoch folgt ist der absolute Knaller (und für mich eine der intensivsten Szenen ever): In einer wunderschönen Zeitraffer-Szene ohne gesprochene Worte wird das Leben von Ellie und Carl mit vielen Höhen und Tiefen dargestellt - bis zum Tod von Ellie. Carl sitzt alleine in seinem Sessel, nebendran der leere Sessel, auf dem er jahrzehntelang schöne Stunden mit Ellie verbracht hat. Als Zuschauer wird man davon mehr als erschlagen und kann die Gefühle von Carl wahrlich spüren . Diese Szene wirkte so intensiv auf mich, dass ich mir selbst vorstellen musste, wie es in 30 Jahren bei mir aussehen wird. Aber da Pixar keinen zweiten "About Schmidt" (2002, mit Jack Nicholson) verfilmen wollte, fällt ab da der Anteil an humorvollen Passagen weitaus höher aus. Anfangs bedingt durch die Gegensätzlichkeiten des kleinen, naiv-dümmlichen Pfadfinder und dem alten, verschrobenen Mann. Diese beiden Figuren könnten vielleicht sogar den ganzen Film tragen, wenn "Oben" den Schwerpunkt noch mehr auf die Melancholie gelegt hätte. Diese herzzereißenden Szenen schimmern hier und da zwar immer wieder mehr oder weniger stark durch, aber das Duo bekommt (damit die Kiddies auch was von dem Film haben) einen Paradisvogel und einen sprechenden Hund ( seine Laute werden über ein High-Tech-Halsband übersetzt) vor die Latz geknallt. So entwickelt sich ein kunterbuntes Lala um das Quartett. Und Abenteurer Muntz mit seinen 587 dressierten Hunden sollen auch noch eine Rolle spielen. Erwähnenswert wäre noch das Finale, dass (zumindest im Kino) ganz schön Adrenalin erzeugt. Seinem Titel "Oben" macht der Streifen alle Ehre und kann Leuten, die Höhenangst haben, ganz schön beisetzen.
"Oben" ist ein verdammt guter Film geworden - Schon alleine wegen der Anfangssequenz ist er sehenswert."Oben" wurde ganz klar für (junggebliebene) Erwachsene abgedreht, da neben dem Humor vorallem die Stärken auf der Melancholie liegen, die das Herz berühren. Mein einziger Kritik-Punkt (der die Höchstwertung versaut) ist der "Gag" mit dem Rottweiler-Halsband, das kaputt ist und somit den bösen Rudel-Chef mit einer Pieps-Stimme zur dümmlichen Witz-Figur macht - selbst die kleinsten haben darüber nicht gelacht.
Pixar, bitte mehr von solchem Stoff.
9/10