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Gleich zu Beginn schockt Regisseur und Autor Harold Ramis sein Publikum - er lässt Darstellerin June Diane Raphael ihren Arm heben, unter dem sich dunkles Achselhaar kräuselt. Während Furz-Konzerte und Fäkalverspeisungen zum normalen Umgangston des Genres gehören, verweist Ramis mit dieser Szene gleich auf die inhaltliche Linie des Films - er spielt zwar angeblich unter den Höhlenmenschen, also im "Jahr 1" (nicht etwa nach Christus, sondern insgesamt betrachtet), aber eigentlich in der Gegenwart.

Angesichts der Lebensumstände, in denen der kleine Urstamm im Wald haust, hätte sich bei einer ernsthaften Betrachtung kaum Jemand über unrasierte Achseln gewundert, aber wenn die Frauen schon geschminkt, gut frisiert und mit blitzenden Zähnen gesegnet sind, erwartet man diese Hygienevorschrift einfach. Ähnliches gilt für die beiden Hauptdarsteller Jack Black und Michael Cera, denn Ramis hat ihnen keine individuellen Rollen auf den Leib geschrieben, sondern sich konsequent an deren Image orientiert, vor allem an ihren klischeehaften Figuren.

Jack Black als "Zed" sieht zwar aus wie ein Höhlenmensch und benimmt sich auch so, aber das macht er üblicherweise auch in seinen anderen Filmen. Nur könnte man annehmen, dass seine gekonnte Mischung aus Egoismus, Unsensibilität und ständiger Selbstüberschätzung damals besser angekommen wäre, als Männer ihre Frauen angeblich noch mit einem Schlag auf den Kopf eroberten. Mit dieser Methode ist er zwar schnell zur Hand, aber genauso wenig erfolgreich wie bei der Jagd, was seiner Reputation insgesamt schweren Schaden zufügt.

Michael Cera als "Oh" (womit die beiden Protagonisten jeweils den letzten Buchstaben eines Alphabets einnehmen) ist dagegen der unbehaarte Jüngling, der sich schon beim Sammeln von Erdbeeren schwer tut, und dessen Intelligenz in diesen harten Zeiten nicht gefragt ist. Wie auch bei seinen Nerd / Highschool-Rollen wird er vom weiblichen Geschlecht einfach nicht wahrgenommen und von den sportlichen Kerlen (hier Jäger / Kämpfer) nicht ernst. Jemand wie Cera hätte damals gar nicht überleben können, aber darum geht es Ramis auch nicht.

Nachdem "Zed" und "Oh" von ihrem Stamm verstossen wurden, weil "Zed" von der verbotenen Frucht gekostet hat und "Oh" ihn begleitet, erkennen sie schon bald, dass die Welt doch größer ist als der Wald und die paar Berge, die sie kennen. Sie fallen deshalb auch nicht plötzlich ins Nichts, sondern begegnen Kain (David Cross) und Abel (Paul Rudd), die sich ständig streiten, was bekanntlich für Einen von ihnen tötlich endet. Ab diesem Moment verlässt Ramis jegliche historische Ebene, wälzt sich durch bekannte biblische Figuren und Stories und schmeisst die Zeitebenen wahlweise durcheinander, bis seine Protagonisten irgendwann in Sodom landen, bekanntlich ein verfluchter Ort, aber desto attraktiver für "Zed" und "Oh".

"Year One" ist eine Komödie, die einen Gag nach dem anderen raushaut und sein Szenario nur dazu nutzt, möglichst absurde Widersprüchlichkeiten zwischen der angeblich antiken Zeit, in der der Film spielt, und der heutigen Gegenwart herzustellen. Dabei wechseln sich gelungene, unlustige und geschmacklose Gags miteinander ab. Wenn sich "Zed" und "Oh" zuerst wegen der für sie ungewohnt hohen Geschwindigkeit eines Ochsenkarrens übergeben müssen, ist dass witzig, wenn kurz danach bei einer Verfolgungsjagd im Ochsenkarrentempo ein Fussgänger an ihnen vorbei zieht, eher albern, und wenn sich "Oh" , weil er an den Füssen aufgehängt wurde, selbst ins Gesicht pinkelt, geschmacklos. Die gesamte Angelegenheit bleibt letztlich eine Sache der persönlichen Vorliebe.

Leider gelingt es Ramis nicht, von seiner Linie einmal abzuweichen, und nachdem die ständigen Orts- und Zeitwechsel, die für die komischsten Momente sorgen, in Sodom zu ihrem Ende gekommen sind, zieht sich die gesamte Chose doch merklich hin und verfällt in die übliche Happy-End-Stimmung, auch wenn damit nicht übertrieben wird. Insgesamt bleibt das ironische Potential des Films zu belanglos, orientiert sich in seinen Schockmomenten (besonders aufregend jede Art ungebührlicher Körperbehaarung) ausschließlich am ästhetischen Idealbild der Gegenwart und macht auch vor homophoben Witzchen nicht halt - nur etwas für einen Abend zum Gehirnabschalten (4/10).

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