Wer hat eine solche oder ähnliche Situation bisher noch nicht erlebt ? - Da beginnt man gerade das unfreiwillige Ende einer Beziehung zu verkraften, als man zufällig der/dem Verflossenen auf einer Party wieder begegnet. Und - große Überraschung - Die-/Derjenige ist ausgesprochen nett, man kommt sich wieder näher und am Schluss wird man zum nächsten Wochenende eingeladen. Mit welcher Erwartungshaltung geht man zu einem solchen Treffen ? - In einem seiner besten Momente splittet der Film sein Bild, zeigt links die Wunschvorstellung und rechts die Realität, die sich von Minute zu Minute auseinander entwickeln. Und am Ende hat man den Eindruck, dass diese Sequenz symptomatisch für den gesamten Film ist.
Kann man einen Liebesfilm in Tagen erfassen ? - Man kann, vor allem, da es sich - wie zu Beginn eine Stimme aus dem Off bemerkt - gar nicht um einen Liebesfilm handeln soll. Allerdings kann man diese Bemerkung getrost unter Ironie ablegen, denn für Tom (Joseph Gordon-Levitt) ist es Liebe, und auch wenn er selbst sicherlich nicht Buch über die Tageszahl geführt hat, klappt das filmtechnisch sehr gut. Während man sonst im Film den Eindruck bekommt, Beziehungen funktionieren ganz schnell, kann die jeweilige Tageszahl einen guten Eindruck davon vermitteln, dass die Begegnung zwischen Tom und Summer (Zooey Deschanel) ziemlich zäh anläuft.
Nachdem er sie (Tag 1) das erste mal in seiner Firma sah, wo sie als neue Assistentin des Chefs anfing und er schon seit Jahren Grußkarten entwarf, bedarf es einiger Zeit bis zu einer Firmenfeier, um sie näher kennenzulernen. Ab dann geht es erstmal schnell - überraschende Küsse im Kopierraum, gemeinsamer Besuch der Ikea-Möbelabteilung und erster Sex. Besonders in dieser Szene verdeutlicht sich der Vorteil der Tageszahl - während er vor lauter Glück über die Straßen bis zum Aufzug läuft, steigt mit den Geschossen auch rapide die Tageszahl, so dass er mit finsterem Gesicht oben wieder aussteigt.
Seine Beziehung zu Summer ist schwierig, denn sie flirtet, schläft und verbringt viel Zeit mit ihm, aber seine feste Freundin will sie nicht sein. Die wechselnden Tageszahlen, die mal vor und zurück springen, können den Charakter dieser ungewöhnlichen Partnerschaft mit ihren Höhen und Tiefen aus Toms subjektiver Sicht plastisch vermitteln, ohne dabei zu konkret zu werden. So gelingt es zum Beispiel, ihre Trennung gar nicht darzustellen, sondern sie nur an Hand der Tageszahlen und Toms Zustand zu transportieren.
Zooey Deschanel hat schon mehrfach als natürliche, attraktive junge Frau überzeugt, die sich wenig um Konventionen schert. Auch als Summer lebt sie einfach ihre Gefühle, bleibt immer authentisch und fordert Tom, der sich auch beruflich schon zur Ruhe gelegt hatte, damit heraus. Dieser hatte ursprünglich Architektur studiert, war im Berufsleben daran gescheitert und hatte allen Ehrgeiz in diese Richtung verloren. Sie dagegen schmeisst schon nach kurzer Zeit wieder ihren neuen Job, weil er ihr nicht gefällt. Ähnlich entwickelt sich auch ihre Beziehung, denn ihr freier Geist braucht keine Einordnung, während Tom, der eigentlich glücklich sein müsste, immer mehr den offiziellen Status einer Beziehung einfordert und einmal in einer Bar ausrastet, als ihn ein schmieriger Typ provoziert.
Während Tom mit der Situation zunehmend nicht zurecht kommt, und sich von seiner kleinen Schwester den Vorwurf machen lässt, ein Softie zu sein, kann man Summer nichts anlasten. Niemals verspricht sie mehr, als sie halten kann, bleibt immer souverän in ihren Reaktionen und einige Male sogar sehr liebevoll, nachdem sich Tom offensichtlich idiotisch verhalten hatte. Die Tatsache, dass ihre Beziehung nicht funktioniert hat - wie der Film schon sehr früh an Hand einer hohen Tageszahl demonstriert - kann man ihr objektiv nicht anlasten und auch wenn Tom sich immer wieder fragt, woran das gelegen haben mag, so gibt er mit seinem eigenen Bericht darauf die Antwort.
"(500) Days of Summer" entfernt sich in seinen besten Momenten weit vom üblichen Schnittmuster der romantischen Komödie, zeigt eine unkonventionelle Beziehung, dank einer Frau, die sich, ohne in Extreme zu verfallen, an keine Regeln hält. Und einen Mann, der dieser Frau zwar nachvollziehbarerweise verfällt, aber nicht mit ihr Schritt halten kann, weil er seine Bedürfnisse nach Verlässlichkeit nicht erfüllt sieht. Beide Gesichtspunkte sind gerechtfertigt und werden von den Darstellern jeweils überzeugend umgesetzt - es war für einen Moment sehr schön, aber es hat nicht gepasst - that's Life !
Nur natürlich nicht für Hollywood und - wie zu befürchten ist - auch nicht für den Großteil des Publikum, dass mit einer solchen Konstellation nur in einem französischen Drama leben kann. Genauso wie in der kurzen Persiflage, als Tom sich ein solches Drama auf dem Höhepunkt seines Leidens, mit sich selbst in der Hauptrolle, im Kino ansieht. Dieses Leid will Hollywood seinem Publikum verständlicherweise ersparen und begeht damit Verrat an der gesamten, bis dahin sensibel erzählten Geschichte. Und zwar genau in dem Moment, als sich das Bild in Wunschvorstellung und Realität teilt. Als die Realität wieder das gesamte Bild einnimmt, ist die originelle Story am Ende.
Im letzten Teil wickelt Hollywood wieder seine gesamte Pallette von Konventionen ab, vom sich verändernden und wieder kämpferisch eingestellten Hauptdarsteller bis zur angemessenen Alternative. Doch das wäre alles noch verzeihlich gewesen, da es immerhin kurz, zurückhaltend und ohne die übertriebenen Erfolgsmeldungen abläuft, aber der Schlussmonolog der wunderbaren Zooey Deschanel, die ihr gesamtes zuvor gezeigtes Verhalten als Irrtum darstellt, lässt die Differenz zwischen Wunschvorstellung an diesen Film und der letztlichen realistischen Umsetzung zu einer enttäuschenden Differenz anwachsen (3/10).