Review

"Apocalypse Now" ist definitiv der beste aller Filme, die sich auf den Vietmankrieg beziehen und genau genommen auch der beste Film mit dem Thema Krieg überhaupt. Für einen amerikanischen Streifen schonmal ohne auch nur den Hauch von Pathos, distanziert sich der Film von jedwedem moralischen Anspruch und zeigt den Krieg überdeutlich als das, was er ist: purer Wahnsinn. Der Film ist unter anderem auch deswegen als Meisterleistung zu bezeichnen, weil die Dreharbeiten für F.F. Coppola fast den Ruin bedeutet hätten. Durch Unwetter zerstörte Sets und ein extrem zickiger Marlon Brando (der ausschließlich im Dunklen gefilmt werden wollte) brachten den genialen Regisseur an den Rande eines Nervenzusammenbruchs.

Unorthodox beginnt der Film schon gleich (nein, nicht gleich, sondern nach eine fiebrigen Szene des hackedichten Martin Sheens in seinem Bett) mit der Handlung, in der es nicht etwa um den heldenhaften Einsatz von GIs irgendwo im Dschungel geht oder um neue Rekruten, die mit dem Gesicht des Krieges zum ersten Mal konfrontiert werden, sondern mit der Aufgabenstellung für Cpt. Willard (oben beschriebener, ständig geplättet wirkender Martin Sheen): er soll den offensichtlich wahnsinnig gewordenen Colonel Kurtz (dämonisch: Marlon Brando) aufspüren, der sich mit seinen Soldaten irgendwo in Vietnam festgesetzt hat, keine Befehle mehr befolgt und statt dessen ein Terrorregime aufgebaut hat, in dessen Rahmen ein Massaker aufs Nächste folgt. Willard nimmt den Auftrag an und fährt mit einem Militär-Motorboot und einer kleinen Crew (u.a. Laurence Fishburne) den Fluss bis zur Grenze zu Kurtz´ „Reich" hinauf. Auf der Fahrt kommt es bereits zu diversen Vorfällen, die in ihrem Wahnsinn des Krieges der jungen Crew mehr und mehr den Verstand rauben - bis schließlich auf dem Höhepunkt der Fahrt das Lager des Colonels erreicht wird...

„Apocalypse Now" lebt vor allem durch seine Ausdrucksstärke, Symbolik und die metaphorische Visualisierung des Grauens (übrigens auch eines von Brandos Lieblingswörtern in diesem Film). Allein schon die Eröffnungssequenz, in der zu „The End" von den Doors ein kompletter Streifen Dschungelland in Flammen aufgeht, prägt den Zuschauer vor und verdeutlicht, wo es im Film langgeht: nämlich immer tiefer und vor allem hässlicher in menschliche Abgründe hinein, bis auf dem Höhepunkt wirklich nur noch die Barbarei steht. Dabei bedurfte es Coppola vergleichsweise wenigen wirklich brutalen Szenen als man sie in modernen Kriegsfilmen findet - zwar wird nicht mit brutalen Szenen gegeizt, doch das Antlitz des Krieges kommt eher durch andere Momente hervor: so macht beispielsweise eine Flotte von Hubschraubern einen ganze Vietcong-Bastion platt, während dessen Kommandeur seine Leute unten am Strand mit Surfbrettern ins Wasser schickt - im Hintergrund hierzu ertönt Wagners Walkürenritt. Je tiefer der Trupp um Martin Sheen auf dem Fluss in den Dschungel fährt, desto mehr wird die Crew nicht nur von Feinden dezimiert, sondern desto wahnsinniger werden die Übrigen.
Maßgebliche Stilelemente sind unter anderem hypnotisch-unbequeme Klänge und Musikstücke, die definitiv im Gedächtnis eines Jedermann bleiben. Hier gibt es keine Militärischen Trommelwirbel, auch keine Trauermusik wie anderswo, hier herrschen ausschließlich gespenstische Klänge kombiniert mit subversiven, zeitnahen Melodien damaliger Künstler. Ständig werden an allen Stellen Signalgeber gezündet, deren Farben gelb und auch rosarot stickig den Bildschirm füllen. Hinzu kommen unbequem düstere Perspektiven und surreale Momente, die fernab menschlicher Gewohnheiten liegen. Wenn der Trupp schliesslich nur noch mit drei Leuten das Lager von Marlon Brando erreicht, ist endgültig Schluss mit Lustig. Sheen streift durch das mit aufgehängen Leichen und abgetrennten Köpfen übersäte Lager, in dem nur noch Wahnsinn herrscht (was auch sehr gut von Dennis Hopper als dort ansässigem Fotograf gezeigt wird) und begegnet seinem Ziel. Brando, immer nur als schemenhafte, dämonisch wirkende Gestalt zu erkennen entpuppt sich zwar als das, wofür er vom Militär gehalten wurde, doch die Gründe hierfür sind in andere Schubladen einzuordnen, als Sheen vorgegeben wurde. Dennoch führt Sheen den Befehl aus. Auch diese Szene, in der parallel ein Ochse geschlachtet wird, schlägt - wie der ganze Film - hart in die Magengrube.

In Summe eine geniale Verwirklichung des Grauens, im Gemüt einschlagend wie eine Granate, visualisiert wie ein Fiebertraum. So surreal „Apocalypse Now" dem Zuschauer anmutet, so nah erscheint mir der Film an der Realität des Krieges. Einhundert Prozent. Und ganz ehrlich: wenn ich hier in Reviews Sätze wie „Schaut euch lieber Black Hawk Down oder Der Soldat James Ryan an. „ lese, wird mir fast genauso schlecht wie es so manch zart besaitetem beim Ansehen von „Apocalypse Now" werden könnte.

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