Wow.(teilweise Spoiler)
Es fällt mir schwer, dieses Review zu schreiben, weil dieser Film so unglaublich Vieles beinhaltet. Francis Ford Coppola, der uns das Meisterwerk "Der Pate" bescherte, setzt sich filmisch mit dem Vietnamkrieg auseinander. Auch Apocalypse now ist zweifellos ein Meisterwerk. Jedem, der das nach dem ersten Sehen nicht anerkennen will, empfehle ich, ihn sich ein zweites Mal zu Gemüte zu führen. Denn die Längen, die zweifellos teilweise existieren, lassen Raum, um mal über ernste philosophische Themen nachzudenken. Kaum zu glauben, was Coppola alles in diesem Film untergebracht hat.
Dabei verlief der Dreh nicht gerade problemlos und ich wünsche mir, irgendwann die Hände an die Dokumentation zu bekommen. Zunächst sollte Harvey Keitel die Rolle des Captain Willard übernehmen. Nach den ersten abgedrehten Szenen sägte Coppola ihn jedoch ab und entschied sich für Martin Sheen, der so zu seiner wohl besten Rolle kam. Das Seltsame: Sheen ging es zu dieser Zeit gar nicht gut, die Anfangsszenen des Films, inklusive der Spiegelverletzung sind ECHT und später erlebte Sheen sogar noch einen Herzinfarkt während dem Dreh. Gedreht wurde auf den Philippinen, wo ein heftiger Sturm zwischendurch fast das ganze Set zerstörte. So wurde das Vorhaben auch zum finanziellen Problem, da Coppola (der angeblich über 50 Kilo während des 16monatigen Drehs verlor) aus eigener Tasche bezahlen musste. Marlon Brando war zu fett und schlecht vorbereitet, Dennis Hopper ständig zugekifft. Trotzdem führte Coppola seine Mission zu Ende.Grundlage des Films ist der Roman von Joseph Conrad namens Herz der Finsternis. Die Amerikaner sind heute selber der Ansicht, dass das Vorgehen im Vietnam ein Desaster war. In wenigen anderen Krieg wurde dermaßen brutal und menschenverachtend gehandelt wie im Vietnamkrieg. Es ist wichtig, die Menschheit daran zu erinnern, um zu verdeutlichen, wie unnötig menschliches Leid oft sein kann. Man denke an die Verwendung von Napalm, um zu verhindern, dass sich die Vietnamesen in der Dschungeldichte verstecken können. Dieses Vorgehen führt noch heute zu Fehl- und Missgeburten. Schätzungen gehen bis zu einer Zahl von 5 Millionen Vietnamesen, die während des Krieges ihr Leben lassen mussten. Davon 4 Millionen Zivilisten. Ich möchte mir nicht anmaßen zu wissen, dass diese Zahlen stimmen. Ich sage nur, dass die Schätzungen teilweise so hoch gehen. Die Brutalität, die zu dieser Zeit an der Tagesordnung stand, lässt sich wohl tatsächlich schwer in Worte fassen. Diejenigen, die das Erleben mussten, hatten großenteils mit erheblichen psychischen Problemen zu kämpfen. Das wird in Apocalypse Now hervorragend dargestellt.
Zur Story: Captain Willard (Martin Sheen) befindet sich in einer kleinen Wohnung in Saigon in Südvietnam, für welches die USA damals kämpfte, um dem aus Nordvietnam herannahenden Kommunismus zu verhindern. Er befindet sich seit seinem letzten Einsatz auf Eis und das macht ihm gehörig zu schaffen. Er fühlt sich nicht mehr als vollständiger Mensch, hat sich von seiner Frau getrennt, erliegt dem Alkohol, ist zu keinem Leben mehr außerhalb des Krieges im Stande. Es ist ihm ganz recht, als er einen neuen Geheimauftrag erhält: Er soll Colonel Kurtz zur Strecke bringen. Dieser war einst einer der besten amerikanischen Kämpfer, hat aber anscheinend komplett den Verstand verloren und operiert mittlerweile in Kambodscha (Nachbarland von Vietnam, damals in den Konflikt miteinbezogen) unabhängig von autoritären Anweisungen mit unvergleichlicher Brutalität. So weit kam es, weil er "Das Grauen" gesehen hat, wie er es selbst am Ende beschreibt. Sein Monolog gegen Ende ist konfus wie erschütternd zugleich und lässt nur erahnen, was Kurtz gesehen hat und wie tief solche Erlebnisse in die menschliche Psyche vordingen und diese verändern können. Um seinen Auftrag erfüllen zu können, erhält Willard eine kleine Crew, die sich mit einem kleinen Boot auf den Weg nach Kambodscha macht, um dort Kurtz unmenschliches Treiben zu beenden. Der Film beschäftigt sich hauptsächlich mit dieser Bootsreise. Vorher gibt es noch einen kleinen Abschnitt, der durch Robert Duvall legendär geworden ist. Er verkörpert den absolut durchgeknallten Lieutnant Bill Kilgore, der durch den Krieg bereits so abgestumpft ist, dass er während den Kampfhandlungen surfen will und Bombeneinschläge unweit von ihm kaum noch realisiert. Unvergessen wird wohl die Szene bleiben, in der Richard Wagners Walkürenritt den Angriff auf das vietnamesische Dorf begleitet. Der abschließende Teil spielt sich dann in Kurtzs kleinem Dorf ab, wo er sich seine eigene kleine Armee aufgebaut hat. Diese besteht allerdings zur Hälfte aus abgetrennten Köpfen und Leichen, weil Kurtz zwischendurch anscheinend gerne Mal die Fassung verliert und skrupellos mordet. Sehr surreal das Ganze, durch den ganzen Film hinweg. Dieser surrealen Atmosphäre kann sich wohl kaum jemand entziehen.Was soll ich noch sagen? Die Schauspieler sind hervorragend (abgesehen von Hopper, dessen Rolle ich irgendwie unpassend fand), die Atmosphäre vereinnahmend, die Gewalt dosiert aber mit der nötigen Härte dargestellt, die Bilder atemberaubend. Die beste Szene ist für mich schon die Anfangsszene, begleitet durch das melancholische "End" von den "Doors". Wirklich ein Augenschmaus, trotz der Brutalität, die die Bilder verkörpern. Es ist schwierig, die Spannung des Films zu beurteilen. Großenteils ist das der Film eigentlich nicht. Es ist aber irgendwie nicht schlimm, weil sich der Zuschauer, soweit er es vermag, sich dem Film zu öffnen, in einer ganz eigenen Stimmung befindet, wo andere Dinge im Vordergrund stehen. Schwierig zu beschreiben. Jedenfalls fand ich den Film über seine drei Stunden hinweg nie wirklich langweilig. Vor allem nicht in der Originalversion. Dass die Redux-Version seine Längen hat, lässt sich nicht abstreiten, die Nuttenszene und die Liebesszene finde ich persönlich ziemlich überflüssig. Zwar beschreiben sie noch einmal intensiv, was aus den Menschen werden kann, wenn sie diesem Leid ausgesetzt werden, allerdings geschieht das während dem restlichen Film ausgiebig genug. Die Franzosenszene fand ich persönlich ganz und gar nicht überflüssig, wie es manche tun. Das sind wohl diejenigen, die sich nicht richtig mit der Vietnamthematik auseinandersetzen wollen. Denn es wird erzählt, wie es überhaupt zu dem Krieg kam und wie die Franzosen involviert waren.
Noch ein kleines Faktum zum Schluss: In der Version, die ich vom Film sah, ist Schluss, als Willard nach der Ermordung Kurtzs seine Waffe niederlegt und das Funkgerät ausschaltet. Es gibt aber noch eine Szene, in der man sieht, wie Kurtzs Station noch gnadenlos zerbombt wird. Von dieser Szene hat sich Coppola distanziert, daher sieht man sie nicht mehr in der Redux-Version. Seine Begründung: Er wolle mit dem Film eine friedliche Botschaft vermitteln, zu der das Gebombe am Schluss einfach nicht passt. Daher soll der Film enden, als Willard seine Waffe niederlegt...Don