"Verblendung" stellt den ersten Teil von Stieg Larssons sogenannter Millenieum-Trilogie da. Der Autor Stieg Larsson verstarb im Alter von fünfzig Jahren, sein Vermächtnis sind drei Novellen (Verblendung, Verdammnis und Vergebung) aus denen die Schweden nun kräftig Kapital schlagen dürften. Doch zu Recht, denn Larssons Bücher dürften selbst einen Henning Mankell oder Dan Brown in den Schatten stellen. Ich bereue mittlerweile das Buch noch nicht gelesen zu haben und werde es so schnell wie möglich nachholen, auch wenn mir die verblüffenden Wendungen nun schon bekannt sind. Erst war ich skeptisch, auch aufgrund der Laufzeit von über 150 Minuten, jedoch braucht Regisseur Niels Arden Oplev (Der Traum, Worlds Apart, Chop Chop) diese Zeit, um seinen beiden Hauptcharakteren diese extreme Tiefe zu verleihen.
Zu Beginn fährt man zweigleisig und zwar mit dem Journalist Mikael Blomkvist (Michael Nyqvist), es taucht auch öfter der Name "Kalle Blomkvist" auf. Denn Mikael könnte locker einem Detektiv das Wasser reichen. Er schreibt für das Blatt "Millenium" und ihm droht eine Haftstrafe, weil er dem Industriegiganten Hans-Erik Wennerström (Stefan Sauk) angeblich gefälschtes Beweismaterial untergeschoben hat. Ihm bleibt noch ein halbes Jahr, dann muss er seine Haftstrafe antreten. Doch am Weihnachtsabend wird er von Anwalt Dirch Frode (Ingvar Hirdwall), im Auftrag des 82 jährigen Unternehmers Henrik Vanger (Sven Bertil-Taube) angerufen. Vangers Nichte Harriet verschwand in den 60er Jahren spurlos. Ihre Leiche wurde nie gefunden, doch Vanger bekommt jedes Jahr eine getrocknete Blume, wahrscheinlich vom Mörder, geschickt. Der Fall konnte bis heute nicht aufgeklärt werden und Mikael soll Licht ins Dunkel bringen.
Und dieser Fall ist wirklich kniffelig. Mikael hat kaum Anhaltspunkte, er weiss nur, dass der Täter innerhalb der Familie Vanger zu suchen ist. Doch die Familie ist riesig und Jeder scheint verdächtig. So wie Mikael weiss der Zuschauer gar nichts. Die Ermittlungen gehen nur langsam voran und es gibt viele Punkte, wo Mikael nicht mehr weiter weiss. Für den Zuschauer ist es unmöglich, irgendwelche Details vorauszusehen, daher wartet man stets gespannt auf weitere Spuren. Mit Schweden Star Michael Nyqvist hat man wirklich einen sympatischen Darsteller am Start. Er ist nur ein Mensch, kein Supermann, nicht mal ein Genie. Er feiert mit seiner Familie Weihnachten, doch die Geschichte um die verschwundene Henriette reizt ihn dermaßen, dass er dafür sogar seine Familie und Kollegen bei Millenium vernachlässigt. Der Charakter Mikael Blomqvist wird von Oplev dermaßen tiefgründig und auch verletzlich dargestellt, dass sich der Zuschauer sofort mit Mikael indentifizieren kann.
Zweite Hauptperson ist Lisbeth Salander, grandios verkörpert von Noomi Rapace. Wegen ihrer traurigen Vergangenheit hat die 24 jährige noch heute einen Vormund. Doch Vormund Nils Bjurman (Peter Andersson) hält sie an der kurzen Leine. Sie arbeitet für eine Security Firma, ihr Konto ist unter der Hand von Bjurman. Er missbraucht Lisbeth und vergewaltigt sie sogar. Doch Lisbeth rächt sich grausam und diese Szenen hat Oplev ganz schön deftig in Szene gesetzt. Auch hackt sie schon länger Mikaels Laptop und hegt Interesse am Fall der verschwundenen Henriette. Mit einer wichtigen Information hilft sie Mikael und fortan arbeiten die Beiden zusammen an dem Fall.
Oplev weiss vor allem die kalte und trostlose Kulisse voll auszunutzen. Mikael befindet sich in einem einsamen Waldhaus, auf dem Großbesitz der Vangers. Dort lebt die ganze Familie Vanger, unter denen der vermeintliche Mörder zu suchen ist. Doch man braucht sich gar nicht zu bemühen, die Trefferquote liegt gleich bei Null. Besonders in Halbzeit zwei schlägt "Verblendung" einen Haken nach dem Nächsten, selbst das dritte Reich wird mit eingebunden. Die Auflösung des Rätsels haut einem dann wirklich vom Hocker und ist dermaßen grausam und pervers. Zwischendurch wird auch ein Mordanschlag auf Mikael verübt und er verliebt sich ein wenig in die jüngere Lisbeth. Obwohl sie miteinander Sex haben, ensteht keine richtige Romanze, denn er schafft es einfach nicht zu Lisbeth durchzudringen. Natürlich erfahren wir noch, was Lisbeth zu dem machte, was sie heute ist.
Dieser Thriller ist eine Klasse für sich und punktet mit einer derart komplexen Story, wie ich sie schon lange nicht mehr gesehen habe. Trotz der langen Laufzeit fesselt "Verblendung" von Anfang bis zum fiesen Ende und schlägt währenddessen massig Haken. Die mir unbekannten Darsteller sind brillant und Regisseur Niels Arden Oplev würde ich auch für "Verdammnis" verpflichten. Der nächste Teil darf kommen, vielleicht habe ich bis dahin die Bücher gelesen. Und auch wenn ich Stieg Larssons Meisterwerk nicht gelesen habe, bin ich ohne Probleme mitgekommen.