Review

Neorealismus trifft Magie

Ohne Frage De Sicas verkanntester und vielleicht bemerkenswertester Film, für viele seiner Fans eine zu große, kitschige und billige Anbiederung an das fantastische Genre. Eine große Umstellung zu seinem sonst so realistischen Ansatz - und für mich doch die perfekte Ergänzung und sogar Weiterentwicklung (!) seines Stils. Eine mutige Stilblüte seiner Kunst und Karriere. Und in jedem Fall eine Wiederentdeckung und Reevaluation wert! Der Meister des italienischen Neorealismus erzählt hier über mehrere Jahrzehnte von Toto, einem ausgesetzten Waisenkind, das in den armen Randbezirken von Mailand landet und mit seinen Nachbarn um mehr Geld, Anerkennung, Land, Dächer über den Köpfen und Lebenslust kämpft - sehr schnell auch mit magischen Mitteln und Zaubern, die Wünsche wahr werden und diese Unterschicht aus der harschen Realität fliehen lassen… Wenn es sein muss mit fliegenden Besen quer über den Mailänder Dom!

Dome und Gnome 

„Wunder von Mailand“ hat mich sehr positiv überrascht. Vielleicht habe ich mich etwas von den kritischeren De Sica-Hardcore-Fanboy-Stimmen verunsichern und den Film auf die lange Bank schieben lassen. Doch wenn ich nach der jetzigen Sichtung dermaßen zufrieden bin und ich erstaunlich oft laut lachen musste während der kurzweiligen, nichtmal 100 Minuten, dann würde ich das als vollen Erfolg, genau mein Geschmack und einen von De Sicas Besten werten. Zack! Ich liebe den trockenen Unterschichthumor hier. Ich liebe De Sicas Mut hier mal außerhalb seiner Komfortzone aufzuschlagen. Ich liebe es wie er hier dennoch dem Neorealismus unter den „magischen Auswegen“ treu bleibt. Ich liebe das Nachkriegs-Mailand in dem Film, das eventuell nie schöner und poetischer eingefangen wurde. Ich liebe Toto, unseren naiven und freundlichen und begabten Hauptcharakter. Ich liebe die absolute Hoffnung hier. Ich liebe die Leichtigkeit hier. Ich liebe die Balance aus Melancholie, Fantasie und Armut hier. Und durch all das kann ich „Miracle In Milano“ einfach nicht als zweitklassiges Werk abtun. Selbst wenn über „Fahrraddiebe“ und „Schuhputzer“ zurecht legendär und leidenschaftlich viel geschwärmt wird, sie etliche Bestenlisten zieren und zum Grundstock des Weltkinos zählen, hat auch dieses kleine Wunderwerk seinen Charme und mehr als nur Daseinsberechtigung. Surreal, schön, strahlend positiv. Positiv bis über beide Backen. Das kann ich nicht haten. Das will ich nicht haten. Das macht die Welt besser. Das wünscht die Welt besser! Ein fast chaplin'eskes Märchen mit dem gewissen Etwas - mindestens mal Mailand! 

Fazit: über Gier und Güte. Der wohl unterschätzteste und polarisierendste De Sica… für mich ein ganz zauberhafter Goldschatz! 

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