Review

Mit der Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Chuck Palahniuk gelingt Hollywoods wohl finsterstem Regisseur David Fincher ein ebenso bitterböses wie brillantes Meisterwerk über die postmoderne kapitalistische Oberflächengesellschaft und die radikalen Methoden, die es braucht, diese zu unterwandern.

Wie sich ein geheimer Kampfclub in eine anarchistische Terrororganisation, wie sich frustrierte Männer, die an ihrer Männlichkeit (ver)zweifeln, in gewaltbereite Fanatiker verwandeln, das erzählt „Fight Club" auf unnachahmlich zynische, rasante und dynamische Art und Weise. Wie nur selten in großen Hollywood-Produktionen gehen hier Form und Inhalt eine geniale Synthese ein, und einige der größten Stars zeigen hier ihre besten Leistungen: Brad Pitt gibt mit Tyler Durden seinen teuflischsten Charakter seit „Kalifornia", nur viel intelligenter und gefährlicher; Edward Norton brilliert als psychisch zerrütteter Spießer, dessen Ausbruch aus dem selbst angelegten gesellschaftlichen Korsett nur mit brachialen Methoden möglich scheint; und Helena Bonham Carter, von der man dank Tim Burton ja schon einiges gewohnt ist, schockiert hier regelmäßig als abgewrackte Psychopathin mit zerbrechlichem Herz. Um dieses Trio herum entspinnt sich ein Albtraum aus Gewalt, Anarchie und eskalierender Gruppendynamik.

Und wie sich dieser Albtraum Stück für Stück entwickelt und ausweitet, ist erzählerisch zwar vor allem der brillanten Vorlage geschuldet, verdankt sich aber auch der kongenialen Übersetzung in filmische Mittel: Hohe Schnittfrequenz und häufige Szenenwechsel erzeugen von Anfang an eine rasante Dynamik, die von eingeschobenen zynischen Kommentaren, surrealen Traum- und Fantasiesequenzen und kleineren Zeitsprüngen dominiert ist. Das alles wird mit einem treibenden, aber perfekt unterschwelligen Soundtrack kombiniert sowie einer Kamera, die den postmodernen Großstadt-Moloch in fiebrigen, blau-schwarzen Bildern einfängt. Und wer ganz genau hinsieht, der entdeckt von der ersten Szene an in sekundenbruchteilkurz eingestreuten Bildschnipseln Hinweise auf die radikale überraschende Wendung des Films (und am Ende gar auf die Schweinerei, die Tyler Durden selbst als Filmvorführer gerne mal anrichtet). Mehrmaliges Ansehen ist bei der visuell radikalen, bitterbös-humorvollen Inszenierung dieses Anarchie nicht nur thematisierenden, sondern teilweise auch formal umsetzenden Meisterwerks absolute Pflicht, will man jedes geniale Detail erfassen.

Neben der darstellerischen Intensität und formalen Gewagtheit, mit der „Fight Club" das Tempo und die Spannung durchgehend aufrecht erhält, funktioniert er aber auch noch inhaltlich auf mehreren Ebenen gleichzeitig: Die Geschichte ist eine rasiermesserscharfe Analyse spätkapitalistischer Auswüchse und einer Großstadt-Gesellschaft, in der die Menschen nur noch aneinander vorbei leben - und selbst ihr eigenes Leben nach den Wünschen und Hoffnungen ausrichten, die ihnen von Medien und Werbung zeitlebens eingeimpft werden; eine bei allem Zynismus treffende Ausbreitung anarchistischer Ideen, um der Seelenlosigkeit dieser Konsumgesellschaft den Spiegel vorzuhalten; eine psychologisch hochkomplexe und kluge Darstellung der Radikalisierung und gruppendynamischen Fanatisierung junger, frustrierter Männer und ihrer Vorstellung von dem, was man mittlerweile „toxische Männlichkeit" nennt; und nun wirklich nicht zuletzt der ultimative Kommentar zu einer hochtechnologisierten Gesellschaft, in der Wirtschaftszahlen und Statistiken jeden Wert eigenen menschlichen Lebens zu ersticken drohen. Bis zu einem bestimmten Punkt wecken die radikalen Ausbruchsversuche der Figuren hier durchaus Verständnis und Sympathie, was das Abkippen in gesellschaftsbedrohende Gewalt nur umso krasser werden lässt. Nur selten wagt es eine teure Hollywood-Großproduktion, solch radikale Gedanken derart vielschichtig auszubreiten. Das alles dürfte ein Hauptgrund für den absoluten Kult-Charakter sein, den „Fight Club" innerhalb kürzester Zeit unter Filmfans erreicht hat.

Mit dieser Literaturverfilmung hat David Fincher das eine große Meisterwerk geschaffen, das alle seine sonstigen Meisterleistungen - man denke an „Sieben" oder „The Game" - in den Schatten stellt. Die wahrhaft perfekte Einheit von radikalem Inhalt und radikaler formaler Umsetzung erzeugt hier ein zeitlos geniales Gesamtwerk, das der eigenen Ursprungs-Industrie den Mittelfinger hinrotzt und seine anarchistischen Ideen dabei mit intellektueller Durchtriebenheit würzt. Ein hochintelligentes, tief gesellschaftskritisches Meisterwerk, das im Gewand eines zynischen Gewalt-Thrillers daherkommt - ein absoluter Kultfilm, den es jedem aufgeklärten Zuschauer dringend zu empfehlen gilt.

Details
Ähnliche Filme