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Spaniens berühmtester und zugleich exzentrischster Regisseur Pedro Almodóvar hat sich merklich weiterentwickelt. Nach seiner schrill-grotesken Phase in den 90er-Jahren fand er einen neuen, ruhigeren und eleganteren Stil. Die Geschichten, die er erzählt, haben dabei nichts von ihrer emotionalen Kraft verloren. Ein gelungenes Beispiel für diese Entwicklung ist "Zerrissene Umarmungen".

Mit seiner Stammschauspielerin Penélope Cruz erzählt Almodóvar hier eine komplexe Geschichte über Kunst, Liebe, Gewalt und tragische Schicksalsschläge. In ausführlichen Rückblenden lüftet er Stück für Stück die Geheimnisse seiner zahlreichen Figuren: Wieso der Regisseur Mateo erblindet ist; warum seine gute Freundin und Managerin große Angst vor dem jungen Mann hat, der sich mit Mateo getroffen hat, um über ein Drehbuch zu sprechen; welche längst vergangenen Ereignisse die Beziehung zwischen Mateo, seiner Managerin und deren Sohn beeinflussen.

Es ist eine Geschichte über Macht und wozu sie verleitet, vor allem aber über Sehnsüchte - die Sehnsucht nach künstlerischer Entfaltung und nach sinnlicher und tiefgehender Liebe. Dass diese Sehnsüchte oft enttäuscht werden, erzählt der Film in ruhigen, überaus eleganten Bildkompositionen, in denen sich die Handlung nach und nach entfaltet. Die Darsteller spielen grandios: Cruz in der Rolle einer Schauspielerin, die sich von ihrem ebenso reichen wie eifersüchtigen Mann frei spielen will, überzeugt ebenso mit intensiver, vollkommen natürlich wirkender Präsenz wie alle anderen Hauptdarsteller. Kleine Gesten erhalten hier ebenso viel Gewicht wie große Emotionen. Das ist wahrhaft überzeugendes, mitreißendes Schauspielkino.

Der zurückhaltende Einsatz von Kamera und Musik hebt diese Leistungen noch zusätzlich hervor. Hintergründig und leise untermalt der Score einzelne Szenen, verzichtet auf die schwülstige Bekräftigung emotionaler Momente oder unheilvolle Androhung kommenden Unglücks. Die kleinen und großen Katastrophen brechen hier über Figuren und Zuschauer gleichermaßen unerwartet herein. Diese subtile Inszenierung verleiht der tragisch-melancholischen Story zusätzliche Kraft. Und die tolle Rückblendenstruktur, die nur langsam alle Zusammenhänge erklärt und zum Ende noch einige Überraschungen parat hat, erhöht die Spannung enorm, sodass man durchgehend gebannt am Bildschirm bleibt.

Dazu tragen dann auch die überzeugenden Charaktere und ihre leise erzählten Schicksale bei. Und die Film-im-Film-Sequenzen wirken auf den Almodóvar-erfahrenen Zuschauer wie eine liebevolle Hommage an sich selbst und seine früheren Werke. Das mag mitunter etwas selbstverliebt und routiniert wirken, kann aber meistens bestens unterhalten. In erlesenen, oft sinnlichen Bildern entwickelt der Meisterregisseur hier das Bildnis zerstörter Träume und der Kraft, die notwendig ist, um danach weiterzumachen. Er zelebriert die Melancholie vergangener Erinnerungen, aber auch die Schönheit des alltäglichen Lebens. Über die schlimmsten Verluste, so erzählt er uns, können wir hinweg kommen, wenn wir das Leben zu genießen verstehen. Ein schöner, fesselnder, oft erotischer, manchmal satirischer und immer melancholischer Film, der wirklich lohnenswert ist.

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