Die New Yorker Schriftstellerin Jennifer Hills mietet sich über den Sommer ein Ferienhaus in den Wäldern Connecticuts, um in idyllischer Umgebung an ihrem Roman zu arbeiten. Das Auftauchen der Großstädterin in dem kleinen Nest erregt prompt die Aufmerksamkeit des örtlichen Tankwarts Johnny und dessen schmierigen Kumpels, die Jennifer in ihrer abgelegenen Hütte gemeinsam einen Besuch abstatten und die junge Frau mehrfach vergewaltigen. Anstatt ihr Opfer im Anschluss persönlich um die Ecke zu bringen, überträgt Johnny diese Aufgabe dem geistig leicht zurückgebliebenen Matthew, der es jedoch nicht übers Herz bringt, Jennifer abzustechen und sie heimlich am Leben lässt. Statt die Gruppen-Vergewaltigung zur Anzeige zu bringen, schmiedet Jennifer, nachdem sie sich von der Tortur erholt hat, jedoch eigene Rachepläne und beginnt damit, ihre Peiniger eiskalt auszuradieren... "Ich spuck auf dein Grab" ist neben "Last House on the Left" der wohl wegweisendste 70er Jahre-Beitrag zum Rape-and-Revenge-Genre, dessen Titel wohl so manchem immer noch in den Ohren nachhallt (er ist halt mega-wohlklingend und rollt einfach nur so von der Zunge) und dessen größte Innovation darin besteht, dass hier anders als in dem Wes Craven-Streifen der Akt der Rache nicht in fremde Hände gelegt wird, sondern das Opfer des Missbrauchs nun selbst zur Machete greift, wenn es darum geht, das Vergewaltiger-Pack wegzumachen... und der damit eine der wichtigsten Sujet-Spielregeln für die maximale Befriedigung niederer Zuschauer-Bedürfnisse festgeklopft hat. Danke dafür! Anstatt nun aber auf filmischer Ebene gewisse Qualitäten vorzuweisen, die einen das Ganze etwas wohlwollender betrachten lassen würden, ist Meir Zarchis Streifen jedoch mal eher nur berüchtigt wegen der graphischen Darstellungsweise was Sex und Gerwalt (und vor allem auch die Verbindung davon) anbelangt, weswegen es einen nun auch nicht verwundert, dass "Ich spuck auf dein Grab" ob der unverholen zur Schau gestellten Selbstjustiz-Message hierzulande direkt mal ein paar Jahrzehnte lang verboten gewesen ist. Tatsächlich hat die realistisch geschilderte und quälend breit ausgewalzte, etwa 30minütige Vergewaltigungs-Sequenz als Center-Piece der Handlung über die letzten 45 Jahre hinweg auch wirklich nichts von ihrem Schock-Potenzial verloren. Das Ganze wird von Meir Zarchi in eine traumwandlerisch-entschleunigte Inszenierung gepackt, die zwar kurioserweise trotz des verschleppten Tempos niemals wirklich langweilig wird, die allerdings zur Folge hat, dass dem Film (halt im Gegensatz zu "Last House on the Left") wirklich jedwede - eigentlich dringend benötigte - psychologische Glaubwürdigkeit abgeht. So balanciert "Ich spuck auf dein Grab" dann auch fast über seine gesamte Laufzeit (spätestens jedoch, sobald der derbe Body Count einsetzt) auf dem schmalen Grat zwischen "diskussionswerter Genre-Beitrag" und "verabscheuungswürdiger Abfall", ohne je zur einen oder anderen Seite zu kippen. Ein stetes Auf und Ab kennzeichnet dabei den gesamten Film: Camille Keaton ist tatsächlich eine mehr als passable Schauspielerin, spontan eine der schönsten Genre-Heldinnen, die mir in den Sinn kommen und dann auch noch gefühlt den halben Film über splitterfasernackt... aber das dann fast ausschließlich in überzeugend performten Szenen sexueller Gewalt, in denen man sie SO eigentlich nicht sehen will. Ober-Heavy Johnny ist für sich genommen eine akzeptable Bösewicht-Figur, im Genre-Kontext betrachtet in Look und Feel dann aber doch nur eine blasse Krug Stillo-Kopie ohne das dämonische Charisma eines David Hess. Durch den Umstand, dass sowohl der Rape- als auch der Revenge-Part der Handlung jeweils etwa eine halbe Stunde einnimmt, gelingt Meir Zarchi - ob nun bewusst oder unbewusst sei mal dahingestellt - sowas wie ein direkte Gegenüberstellung, doch während die Vergewaltigung zuvor als zu lang und kaum erträglich empfunden wurde, wirkt die blutige Vergeltung der Protagonistin da im Vergleich direkt überhastet. Die Zeichnung der Vergewaltiger als hassenwerter Abschaum und dem Grunde nach völlig erbärmliche Würstchen ist im Kern treffend, dennoch unterminiert Zarchi diese Charakterisierung wiederum mit einer kaum ernstzunehmenden Blödmanns-Performance des Matthew-Darstellers, der dem Streifen mit jedem Auftritt die Ernsthaftigkeit nimmt und ihn fast schon am Rande der Parodie verortet. So steckt "Ich spuck auf dein Grab" dann also voller Szenen, die für sich funktionieren, aber nicht in der Abfolge aufeinander und wo ein Wes Craven bei identischer Ausgangslage noch glaubhaft die unausweichliche Spirale der Gewalt geschildert hat, bleibt bei Meir Zarchi lediglich der Effekt übrig. Der Schluss-Spurt gibt den Hassgefühlen des Zuschauers da zwar in Sachen blutiger Gewalt-Darstellungen ordentlich Zucker, ist aber dramaturgisch ungeschickt aufgebaut, denn der Kopf der Bande wird da bereits als Zweiter über den Jordan geschickt, weswegen sich die Protagonistin sich also nicht erst zu ihm "vorarbeiten" muss... was halt zur Folge hat, dass "Ich spuck auf dein Grab" automatisch auf einem Anti-Klimax endet. Psychologisch gedeckt ist hier letzten Endes aber eh nichts, was leider schade ist, denn die passenden Ansätze hat der Streifen... eventuell hätte es da dann aber eines besseren Drehbuchs bedurft, das diese auch gewinnbringend ausformuliert. Wäre er durchgängig so gut, wie seine besten Momente, dann wäre "Ich spuck auf dein Grab" sicherlich auf demselben Level wie "Last House on the Left", wenn nicht sogar darüber, denn über den rauen Independent-Charme der 70er, der auch schon Tobe Hoopers "Ketten-Sägen-Massaker" ausgezeichnet hat, verfügt er allemal. Tatsächlich halte ich aber das 2010er-Remake für die weitaus bessere und plausiblere Variante derselben dünnen Geschichte, die auch dramaturgisch einen aufgeräumteren Eindruck macht (und in Sachen Splatter genauso ins Mett haut wie das Original!). Also, isses ein Klassiker? Definitiv. Isses auch ein guter Film? Hmm, wohl eher nicht. Und dennoch ist mir der 1978er-"Ich spuck auf dein Grab" trotz all seiner Macken, inszenatorischen Mängeln und der Kritiker-Schelte doch immer noch weitaus lieber als so eine verkünstelte Scheisse wie "Irreversible"...
6/10