Es hat etwas von verkehrter Welt: Selbst von vielen Horror-Aficionados wird „Ich spuck auf dein Grab“ als vergessenswerter Dreck abgetan, von der feministischen Filmwissenschaftlerin Carol Clover aber heiß diskutiert in ihrem „Men, Women and Chainsaws“.
Jennifer Hills (Camille Keaton) will aus der Großstadt aufs Land fahren, um dort einen Roman fertig zu schreiben. Schon bei ihrer Ankunft trifft sie an der Tanke den Tankwart Johnny (Eron Tambor) und seine Kumpels Stanley (Anthony Nichols) und Andy (Gunter Kleemann), in ihr Haus liefert der geistig zurückgebliebene Matthew (Richard Pace) die Einkäufe. Schnell hat man die gerade mal fünf Figuren des Films (es gibt noch zwei, drei Nebenfiguren in extremen Winzrollen) kennengelernt, weiß anhand des Marketings oder des Rufes schon, dass es sich hier um die Vergewaltiger und ihr Opfer handeln wird, doch lange zögert Meir Zachi den Moment hinaus, von dem man weiß, dass er kommen wird.
Irgendwann fällt das Quartett über Jennifer her, unter anderem damit Matthew sein erstes Mal erlebt, doch sie wird von allen vieren misshandelt. Matthew soll sie erstechen, lässt sie aber ohne Wissen seiner Freunde am leben…
Wenn „Ich spuck auf dein Grab“ eines nicht ist, dann ist es einfach. Die Geschichte ist auf ein Minimum zusammengestutzt, als offensichtliche Low Budget Produktion war für vieles kein Geld da, was dem Film aber gar nicht mal schlecht angedeiht. Viele der Gewalttaten geschehen im Off, was oft besser ist. Manches davon zu zeigen wäre einfach nur geschmacklos (hätte der Regisseur es trotzdem getan?), andere Szenen sind in ihrer Vorstellung viel unangenehmer als das was hätte zeigen können (man denke an die simpel getrickste Kastration). Und „Ich spuck auf dein Grab“ ist wirklich unangenehm, keine Frage, als auf Unterhaltung gebürstete Exploitation dürfte er wohl nur bei den etwas bedenklicheren Gemütern durchgehen.
Vergewaltigung ist eh nie ein einfaches Thema, weshalb es kaum verwundert, dass „Ich spuck auf dein Grab“ gerade in dieser Sache ein zweischneidiges Schwert ist: Der ausgiebige Missbrauch Jennifers wird ebenso ausgiebig gezeigt, was Unwohlsein erzeugt – womit der Film sein Ziel durchaus erreicht, denn eine einfach konsumierbare Szene wäre viel problematischer. Gleichzeitig ist das Ganze narrativ durchaus holprig: Dass die mehrfache Vergewaltigung als eine Art grausames Hase-und-Igel-Spiel dargestellt wird, lässt Raum für beklemmende Szenen (z.B. die Mundharmonikaszene) und verdeutlicht die Steigerung der Grausamkeiten von mal zu mal, wirkt inhaltlich aber kaum nachvollziehbar – warum lassen die Männer Jennifer immer wieder entkommen? Das wirkt teilweise einfach so als habe Meir Zachi den Film einfach strecken wollen, da die Geschichte recht simpel ist.
Ähnlich zwiespältig ist das folgende Racheszenario zu werten, das alles andere als einfallslos ist: Jennifers erstes Opfer ist Matthew, der von seinen Freunden angestiftet wurde, nichtsdestotrotz aber bei dem Verbrechen mitgemacht. Er erfährt noch die humanste Bestrafung, muss aber auch dran glauben, allerdings erfüllt Jennifer ihm gewissermaßen vorher seinen Wunsch mit ihr zu schlafen, auch wenn der Preis dafür hoch ist. Gleichzeitig ist das Ganze metaphorisch aufgeladen: Er sagt nun könne er sie abstechen, was er vorher nicht konnte, gleichzeitig kann er auch kommen, was im vorher nicht möglich war.
Bei Johnny wird es schon schwerer, denn der Film setzt sich zwar mit der Vergewaltigerrhetorik auseinander, die Frau habe es doch gewollt, wieder hakt es aber narrativ: Warum lässt sich Johnny mit der Frau ein, die er ermorden lassen wollte, die ihn anfangs mit einer Waffe bedroht – so leichtgläubig ist seine Figur sonst nie. Die restlichen beiden Übeltäter werden dann in einem überhasteten, antiklimaktischen Showdwn verheizt, der unter der etwas unbeholfenen Inszenierung leidet, die beim Rest des Films nie so schwer wiegt.
Auch darstellerisch ist „Ich spuck auf dein Grab“ etwas durchwachsen: Camille Keaton vollbringt bei der Darstellung von Jennifers Wandel wirklich Eindrucksvolles, aber die vier Männer sind da weniger gefordert, wobei zumindest Eron Tabor als Quasianführer des Quartetts seine Figur als irgendwie schmierigen, aber nicht gänzlich uncharismatischen Widerling anlegen kann. Richard Pace ist mit seiner Behindertendarstellung nicht Oscar-würdig, aber auch nicht peinlich, während Anthony Nichols und Gunter Kleemann klar sekundär bleiben.
„Ich spuck auf dein Grab“ ist kein einfacher Stoff, das ist sicher, seine erzählerischen und inszenatorischen Mankos weisen ihn auch als Kind eines unerfahrenen Autors und Regisseurs aus. Doch ihn als gewaltverherrlichenden Schrott abzutun tut dem Film ebenfalls unrecht, da Meir Zachis Film durchaus Ideen hat und in seinem herben Underground-Spirit durchaus mitnimmt – dass man die Gewaltdarstellung unschön findet, spricht für den Film. Nicht perfekt, aber in seiner Sperrigkeit mehr als interessant.