Die Shopping Mall in der US-Provinz Forrest Ridge ist seine Welt. Hier dreht Ronnie Barnhardt, seines Zeichens Leiter der Securityeinheit, Tag für Tag seine Runden und sorgt mit verbissenem Ehrgeiz und einem unerschütterlichen Glauben an das Gute für Recht und Ordnung. Mit der tatkräftigen Unterstützung seiner Kollegen, darunter ein chinesisches Zwillingspaar und ein lispelnder Mexikaner, kümmert sich Ronnie um all die Probleme, die im alltäglichen Shopping-Wahnsinn so anfallen. Wer hier ein Gesetz übertritt, andere Kunden belästigt oder auch einfach nicht in Ronnies idealisiertes Weltbild passt, wird von ihm knallhart schikaniert und in die Schranken gewiesen. Insgeheim fühlt sich der etwas dickliche Waffennarr, der so langsam auf die Dreißig zugeht und noch bei seiner alkoholkranken Mutter lebt, allerdings zu Größerem berufen und träumt von einer Karriere als waschechter Cop, die ihm wohl endlich die Anerkennung einbringen würde, die er sich seines Erachtens nach schon längst verdient hätte. Als eines Tages ein Exhibitionist in der Mall auftaucht und sich vor mehreren Kunden, darunter auch vor Ronnies Angebeteten, der blonden Verkäuferin Brandi, entblößt, sieht der geltungssüchtige Soziopath seine Chance gekommen, mit der Festnahme des Perversen endlich seinen Mann zu stehen und ganz nebenbei Brandis Herz im Sturm zu erobern. In beiden Fällen kommt ihm allerdings der von der Kaufhausleitung hinzugezogene Detective Harrison in die Quere, der ihm nicht nur seinen Fall klaut, sondern auch ein Auge auf Brandi zu werfen scheint. Als Ronnies Aufnahme bei der Polizei dann auch noch an seiner bipolaren Störung und seiner Tablettenabhängigkeit scheitert, drohen bei ihm endgültig die Sicherungen durchzubrennen...
Wenn innerhalb eines kurzen Zeitraums mehrere Filme einer ähnlichen oder gar identischen Thematik erscheinen, dann entscheidet für gewöhnlich die breite Masse darüber, welches Werk sich dank der angesagteren Stars oder der zugänglicheren Umsetzung zu einem Erfolg an den Kinokassen entwickelt und welches hingegen mit weitgehender Missachtung gestraft wird. Das beste Beispiel hierfür sind die beiden letztjährigen US-Komödien Der Kaufhaus Cop und Shopping-Center-King, die sich auf ihre eigene Art je mit dem lebhaften und scheinbar nicht immer sonderlich einfachen Alltag eines Mall-Cops beschäftigen und einen direkten Vergleich damit quasi heraufbeschwören. Nun zeigte sich in der Vergangenheit allerdings schon einige Male, dass das Einspiel eines Films letztendlich ebenso wenig über dessen eigentliche Qualitäten auszusagen in der Lage ist wie der Geschmack des Mainstream-Publikums und genau so verhält es sich auch im Fall dieser Komödien. Während sich das an den Kinokassen ungleich erfolgreichere Kevin James-Vehikel Der Kaufhaus Cop bei genauer Betrachtung schnell als familienfreundliche und reichlich belanglose Unterhaltung vom Humor-Fließband herausstellt, so ist das Gegenstück Shopping-Center-King eine unterschwellige und bitterböse Abrechnung mit dem amerikanischen Traum, bei der einem das Lachen oftmals regelrecht im Halse steckenbleibt. Auf dem schmalen Grat zwischen Satire und Tragik, Anspruch und schwarzem Humor schuf Regisseur Jody Hill (The Foot Fist Way) ein mutiges, boshaftes und absolut kurzweiliges Werk mit Anleihen beim Charakterdrama, das in dieser Form eigentlich jedem Freund unkonventioneller Komödien gewaltig aufs Zwerchfell fühlen dürfte.
Der Humor ähnlich gelagerter Filme endet für gewöhnlich da, wo Observe and Report, so der Titel im Original, überhaupt erst ansetzt. In Zeiten, da Komödien nach dem Erfolg solcherlei Werke wie Superbad oder Ananas Express wieder vermehrt für ein erwachsenes Publikum produziert werden, springt Shopping-Center-King nicht nur auf diesen Zug auf, sondern verschiebt die Grenze des in einer Komödie Zeigbaren noch einmal etwas nach hinten, ohne dabei aber direkt niveaulos zu wirken oder seinen Fokus gar auf einschläfernden Fäkalhumor zu setzen. In erster Linie lebt Jody Hill's Werk als tragikomisches Psychogramm eines durchgeknallten Verlierers, wie er in dieser Form nur dem amerikanischen White Trash entsprungen sein kann. Ronnie Bernhardts Universum dreht sich im Grunde hauptsächlich um sich selbst und ist von rassistischen, größenwahnsinnigen und überaus gewaltbereiten Machtfantasien geprägt, die den Charakter in Verbindung mit seiner bipolaren Störung mehr zu einer Gefahr für sich und andere, als für den geeigneten Vertreter von Recht und Ordnung erscheinen lassen. Das alles ist jedoch nur der Ansatz dessen, was die Identifikation mit diesem reichlich ungewöhnlichen Hauptprotagonisten zunächst reichlich schwer erscheinen lässt. Und auch wenn Ronnie das Herz letztlich am rechten Fleck zu tragen scheint, so bleibt ihm, anders als in vergleichbaren Produktionen, eine Einsicht in seine Fehler oder gar eine persönliche Weiterentwicklung verwehrt. Doch auch sonst tummeln sich hier in und außerhalb der Mall keinerlei moralische Stützpfeiler, sind die Charaktere doch allesamt entweder zwischenmenschliche/gesellschaftliche Verlierer oder intrigante Arschlöcher, die ihren Unzulänglichkeiten im Laufe des Films statt einer reifenden Erkenntnis nur noch mehr Tragik beizufügen scheinen.
Glücklicherweise waren sich die Verantwortlichen des Potentials dieser Figuren offensichtlich bewusst, um diesbezüglich sodann aus den Vollen zu schöpfen. Shopping-Center-King spielt die Qualitäten seiner kaputten Charaktere und der kurzweiligen Story ganz und gar aus, ohne diese aber durch ein Gag-Gewitter zu überlasten. Zu lachen und zu schmunzeln gibt es hier zweifellos reichlich, wenn sich die wirklichen Brüller insgesamt auch eher überschaubar gestalten. Als schwarze Komödie setzt der Film allerdings bewusst nicht immer auf den nächsten, platten Schenkelklopfer, sondern hält mit seinen brutalen Pointen sogleich einer ganzen Gesellschaft den Spiegel vor, während er den amerikanischen Traum regelrecht im Vorübergehen demontiert. Shopping-Center-King folgt damit weniger den Strickmustern vieler aktueller Komödien, sondern strebt in seiner Gesamtheit vielmehr eine unmissverständliche Aussage an, wenn diese vielen auch nur all zu bitter erscheinen mag. Dabei filmte Jody Hill jedoch gleichermaßen nie an der Intention vorbei, seinem Publikum in regelmäßigen Abständen die Lachtränen in die Augen zu treiben. Hier bestechen vor allem die Dialoge, denn die Gespräche Ronnies mit seiner stockbesoffenen und taktlosen Mutter oder sein entwaffnend ehrlich zur Schau gestelltes Selbstbild beim psychologischen Eignungstest der Polizei sind schlichtweg pures Comedy-Gold. Und wenn dann im letzten Drittel die harten Geschütze aufgefahren werden und sich Ronnie mit einer Reihe kongenialer Monologe zum gottgleichen Superhelden stilisiert, dann dürfen sich selbst die letzten Spaßbremsen auf eine Reihe schonungsloser Zwerchfell-Erschütterungen einstellen. Ohne Frage dürfte auch die brilliante Verfolgungsjagd eines splitternackten und in Zeitlupe in allen intimen Details gezeigten Exhibitionisten zum Lustigsten gehören, was man in diesem Genre seit geraumer Zeit zu sehen bekam.
Es ist vermutlich unnütz zu erwähnen, dass Shopping-Center-King bei einem Budget von 18 Millionen $ makellos gefilmt wurde, während auch der Soundtrack stets sofort ins Ohr geht und die verschiedensten Szenen perfekt untermalt. Auch die Schauspieler machen ihre Sache hervorragend, wobei hier wohl in erster Linie Seth Rogen hervorzuheben ist. Der charismatische Hoffnungsträger für die amerikanische Komödie trennte sich für diese Rolle nicht nur von seinen Locken, sondern auch von einigen Kilos und agiert als Ronnie Barnhardt so überzeugend wie selten zuvor. Und auch, wenn einige der anderen Darsteller an seiner Seite beinahe nur als bloße Stichwortgeber fungieren, so finden sich mit Ray Liotta (Born to be Wild), Anna Faris (Scary Movie 1-4) oder Patton Oswalt (King of Queens) durchaus noch eine handvoll bekannter Namen im Cast, mit denen das Wiedersehen doch sogleich Freude bereitet.
Alles in allem gelang Jody Hill mit seinem Shopping-Center-King somit eine erfrischend andersartige, da provokante und gut durchdachte Tragikomödie vom etwas härteren Schlag. Sein Psychogramm eines verblödeten und asozialen Antihelden ist eine schwarzhumorige und mitunter durchaus subtil angelegte Abrechnung mit dem White Trash und dessen amerikanischen Traum, der vermutlich schon lange zwischen Talkshows und Fastfood begraben wurde. Shopping-Center-King ist in seiner Gesamtheit mutig, kurzweilig und durchaus boshaft, was ihn wohl weiterhin polarisieren lassen wird. Einem aufgeschlossenen Publikum sei diese unkonventionelle und mit erstklassigen Darstellern besetzte Satire aber uneingeschränkt empfohlen.
7,5 von 10 Punkten
Observe and Report
USA 2009, 83 Min.
Freigabe: FSK 16
Regie: Jody Hill
Darsteller: Seth Rogen, Ray Liotta, Michael Peña, Anna Faris, Dan Bakkedahl, Jesse Plemons, John Yuan, Matt Yuan, Celia Weston, Collette Wolfe, Randy Gambill, Alston Brown