Es soll Leute geben, die haben "Once upon a Time in the West" seit der Erstaufführung im Jahre 1968 100mal gesehen, manche noch viel öfter. 'Bescheuert', würde mancher denken, zumindest 'Übertrieben'. Dabei ist "Spiel mir das Lied vom Tod" einer dieser wenigen Filme, die man sich immer wieder anschauen kann, ohne auch nur einen einzigen Verlust an Qualität oder Spannung auszumachen.
Der Film spielt im 19. Jahrhundert zu einer Zeit, in der die Dampflok auf ihrem Siegeszug in Amerika war, also in einer Zeit, in der altgediegene Transportmittel wie das Reitpferd in die zweite Reihe verdrängt wurden. Und mit ihr die Leute, die sie ritten: Cowboys, Glücksritter, Rough Rider. Eben all diese Archetypen eines Wilden Westens, deren Zeit nun vorbei scheint.
Sergio Leone verknüpft vor diesem Hintergrund mehrere Erzählfäden miteinander zu einem Sinnbild dieser veränderten Welt. Da haben wir eine Frau aus New Orleans, Jill McBain (Claudia Cardinale), die in den Westen gekommen ist, um mit ihrer neuen Familie ein friedlichen Leben zu führen, aber nur Tote vorfindet. Da haben wir mit Frank (Henry Fonda) einen eiskalten Killer, der für einen reichen, aber unheilbar kranken Eisenbahnbesitzer (Gabrielle Ferzetti) Leute aus dem Weg räumt, die dessen Eisenbahn im Weg sind, die McBains zählen auch dazu. Dann haben wir mit Cheyenne (Jason Robards) einen sympathischen Kriminellen, der auf der Suche nach Geld, aber auch etwas Ruhe ist. Und dann ist da noch ein namenlose Mundharmonika-Spieler (Charles Bronson), der ganz andere Pläne verfolgt.
Leone inszeniert diesen 2,5 Stunden-Film mit einer Raffinesse, die man selten sieht. In "Once upon a Time in the West" stimmt jede Szene, jede Einstellung erfüllt einen Zweck, alles in diesem Film hat seinen Sinn. Keine Szene ist überflüssig, was auch bedeutet, dass die lange Laufzeit wie im Fluge vergeht. Neuere Generation, zumindest kann man es immer mal wieder lesen, werfen dem Film "Langatmigkeit" vor. Dabei macht gerade die langsam sich entwickelte Geschichte den Reiz des Films aus, in dem die Story um "Mundharmonika" immer mehr Raum gewinnt. Man spürt schon nach dem grandios aufgebauten Auftakt, dass sich ein Duell anbahnt. Und dieses Duell wird kommen, und dass mit einer gänsehaut erzeugenden Wucht.
Einen nicht unbedeutenden Beitrag zum Film liefert die Musik von Ennio Morricone. Tatsächlich kann man sich den Film ohne dessen genialen Score gar nicht vorstellen. Jeder Charakter hat sein eigenes Thema und bei der Musik zeigt sich die ganze Klasse des Films. Die Musik ist perfekt auf die Szenen und genau auf die einzelnen Einstellung abgestimmt. Dabei entwickelt sie eine derartige Sogwirkung, dass beim Duell am Ende einem mal schnell die Gänsehaut heimsuchen kann.
Die Darsteller sind ebenso klasse wie die Figuren, die sie spielen. Die drei männlichen Hauptcharaktere sind, so verschiedenen sie auch sind, unglaublich cool, aber immer realistisch gehalten. Henry Fonda mit seinen krassen Augen durfte endlich die Rolle eines Bösen spielen und er geht sichtlich darin auf. Interessanterweise hat Claudia Cardinale, unbestreitbar eine der schönsten Frauen, die je vor einer Kamera standen, die stärkste aller Rollen. Als Frau legt sie schon faste emanzipierte Züge an den Tag, während die meisten Männer ihrer Zeit längst überdrüssig geworden sind.
"Spiel mir das Lied vom Tod" wird häufig als Jahrhundert-Western bezeichnet, der Einstufung kann ich mich nur anschließen. Es ist einer dieser wenigen Filme, in denen man immer wieder neue Dinge entdeckt, die zeigen, dass bei diesem Film nur Meister ihres Fachs am Werk waren, egal ob Regisseur, Darsteller, Kameramann, Beleuchter oder Cutter. Alle, die den Filme als 'langweilig' schimpfen, haben es verlernt, Filme in Ruhe und mit dem Blick für Details zu schauen. Denn genau das ist "Once upon a Time in the West", ein Film, der aus unzähligen Details besteht und zusammengefügt ein Meisterwerk bildet.