"The Sixth Sense" - der Film, mit dem M. Night Shyamalan sich überall einen Namen gemacht hat. Der Film, der nahezu alle Kritiker begeisterte. Der Film, der einen genialen inhaltlichen Kniff vorzuweisen hat. Der Film, der eigentlich schon heute ein Klassiker ist.
Und dies durchaus zu Recht, denn was Regisseur Shyamalan hier entworfen und schließlich fertig gestellt hat, ist wirklich etwas Besonderes. Zum einen verbirgt sich diesbezüglich hinter der Geschichte eine außerordentliche Vielseitigkeit, da "The Sixth Sense" sowohl als Gruselfilm als auch als Drama funktioniert. Der Rahmen wird von dem Dramatischen gestützt und so beginnt der Film mit dem Schicksalsschlag von Kinderpsychologe Malcolm Crowe, als dieser von einem verstörten, ehemaligen Patienten angeschossen wird. Dieses Erlebnis hat ihn sichtlich verändert: Täglich quälen ihn Vorwürfe, die Kommunikation zu seiner Frau scheint abzubrechen - aus dem lebensfrohen Menschen wurde ein melancholischer Sandsack. Er ist eine tragische Figur, die für die Überwindung ihres trostlosen Daseins nur die Möglichkeit sieht, einem kleinen Jungen zu helfen, um so zumindest in dem Gefühl leben zu können, den Fehler der Vergangenheit beglichen zu haben.
Auf der anderen Seite steht gerade dieser Junge. Cole ist intelligent, jedoch aufgrund seines merkwürdigen Verhaltens bei seinen Mitschülern unbeliebt. Er macht einen sehr ängstlichen, gar verstörten Eindruck, kaum verwunderlich bei seinem Geheimnis: Er kann tote Menschen sehen. Die Ängstlichkeit Coles vermag Malcolm, der dem Jungen zunächst Schizophrenie attestiert, damit zwar zu erklären - ihm zu helfen, ist er allerdings nicht imstande, was ihn allem Anschein nach an seiner selbst gestellten Aufgabe scheitern lässt und ihn wiederum in sein inneres Zerwürfnis bringt. Seine Tragik scheint er einfach nicht abschütteln zu können. Dem kleinen Cole ergeht es kaum anders.
Mit dieser Konzeption seiner zwei Hauptcharaktere hat M. Night Shyamalan einen doch sehr menschlichen und nahe gehenden Film geschaffen, der mit den Elementen des Gruselfilms verschmolzen ist. Dabei setzt Shyamalan, wenn auch in aller Ruhe mit gemächlichen Schritten, sowohl auf typische Schockmomente, als auch - und das vielmehr - auf eine teils arg verstörende, fabulöse Atmosphäre. Ständig umschweift den Zuschauer das klassische Gefühl, dass hier etwas in der Luft liege. Shyamalan zieht dafür überlegte Kameraschwenks sowie passend farbarme und dezent ausgeschmückte Kulissen zu Rate. Ein natürliches, ruhiges und unaufdringliches Schauspiel von Bruce Willis und dem jungen Haley Joel Osment ist diesen Gegebenheiten optimal angepasst.
Ein signifikantes Merkmal dieses Werkes ist natürlich allen voran der überwältigende Plot-Twist, der alles bis dahin Gesehene in ein anderes Licht rückt. M. Night Shyamalan präsentiert sich bereits hier als Inbegriff der kaum zu erahnenden Handlungswendung. Gewiss lebt ein enormer Teil der Gesamtfaszination gerade vom Schluss, der nach Entblätterung durchaus an Reiz einbüßt. Jedoch öffnet er ebenso die Tür für eine ganz neue Perspektive. So wird das dritte und vierte Mal Ansehen kaum uninteressanter; alleine, weil man schon ausgiebig seine Suche nach Fehlern startet. Fündig wird man jedoch nicht wirklich, denn selbst wenn augenscheinlich Ungereimtheiten auftreten, insbesondere in Malcolms Verhalten, so können sie durch die Filmlogik letztendlich aber doch stets entkräftet werden.
Am Ende haben wir mit "The Sixth Sense" einen Film gesehen, der sich sein Lob von allen Seiten redlich verdient hat. Dem einen oder anderen wird Shyamalans Inszenierungsstil vielleicht etwas zu zäh sein. Allerdings gelang ihm so, eine unheimlich intensive Stimmung aufzubauen - schlichtweg ausgezeichnetes, dramatisches Spannungskino mit einem inhaltlich herrlichen Kniff. Einen thematisch und atmosphärisch verwandten Beitrag wird man übrigens auch im ebenfalls sehr zu empfehlenden "Echoes" finden.