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Nachdem Leone 1968 "Spiel mir das Lied vom Tod" forderte, komponiert er hier seine "Todesmelodie". Zumindest, wenn es nach den deutschen Verleihern geht, die scheinbar keine Lust hatten, den passenderen Originaltitel "Giù la testa", beziehungsweise "Duck, you Sucker" zu übersetzen. In den USA kam dieser Film allerdings auch unter dem Namen "A Fistful of Dynamite" in die Kinos, um eine Relation zu Leones früheren "Dollar"-Filmen herzustellen. Der passendste Titel jedoch bezieht sich wieder auf Leones vorheriges Werk: "Once upon a Time the Revolution". War "Once upon a Time in the West" ein Abgesang auf den Western und seine Mythen, ist dieser Film das Totenlied der Revolution, seiner Ideale und seiner Helden.

"Todesmelodie" fällt aus dem Rahmen üblicher Leone-Filme. So beginnt sein Werk diesmal, im krassen Gegensatz zu "Spiel mir das Lied vom Tod" oder "Zwei glorreiche Halunken" ungewöhnlich geschwätzig. So viel Dialog gab es noch nie in den ersten Minuten eines Leone-Films. Und überhaupt scheint hier der Anfang sowieso im Abseits zu dem Rest des Films zu stehen. Macht das erste Drittel des Films den Eindruck, als handle es sich hier um eine zotig-fröhliche Westernkomödie, entwickelt sich leider recht holprig und überraschend aus der Geschichte zweier Banditen, die unfreiwillig zu den Helden der mexikanischen Revolution werden, eine tragische Schicksalsgeschichte, die mit Leone-typischen Motiven wie Ehre und Männerfreundschaften versetzt ist.

Als Hauptdarsteller wurden Rod Steiger und James Coburn gewählt. Beide machen ihre Sache sehr gut, jedoch können sie nicht in die Fußstapfen jener Darsteller treten, für die Leone zuvor seine Westernopern drehte, und für die offensichtlich auch diese Rollen geschrieben wurden: Sean (Coburn) ist ein IRA-Terrorist aus Irland, der nach Mexiko kommt, um mit seiner Begabung, mit Dynamit allerlei Schaden und Verwirrung anzurichten, in der Revolution mitzumischen, und seiner schmerzhaften Erinnerungen von Verrat und Verfolgung aus seiner Heimat zu vergessen. Während Sean ein kühler Verstandesmensch ist, denkt sein Partner, der grobschlächtige Bandit Juan (Steiger) eher mit seinem Bauch. Als beide in Mesa Verde zusammen versuchen, eine Bank auszurauben, sie aber stattdessen politische Gefangene aus dem in ein Gefängnis umfunktioniertes Kreditinstitut befreien, werden sie unfreiwillig zu gefeierten Ikonen der Revolution. Und schnell auch zu Opfern dieser. Nachdem sie im Zuge der Massenexekutionen Freunde und Familie verloren haben, versuchen sie, mit dem Zug nach Amerika zu kommen...

Wie schon in "Spiel mir das Lied vom Tod" weiß Leone genau, welche Zutaten ein episches Werk braucht, um mitzureißen und zu fesseln: Sein Cinemascope-Format, das seiner prächtige Bildsprache edles Antlitz verleiht und die wie gewohnt wunderbare Musik Ennio Morricones. Doch bei "Todesmelodie" bemerkt man leider allzu oft, dass die Produktionsbedingungen für Leone nicht die optimalsten waren. Es gab Streit mit seinen Darstellern und der Crew. Das Drehbuch wollte Leone ursprünglich mit Peter Bogdanovich schreiben. Außerdem war Leone ursprünglich nie ganz daran interessiert, "Todesmelodie" selber zu verfilmen. Viel lieber hätte Leone Sam Peckinpah auf dem Regiestuhl gesehen. Jene Problematik und viel Druck von Seiten des Studios führten dazu, dass "Todesmelodie" alles andere als perfekt aussieht.

Die Rückblenden in "Todesmelodie" sind zwar genauso geschnitten, wie in "Spiel mir das Lied von Tod", wirken aber hier weitaus fahriger und holpriger. Sowieso scheint Leone hier nie seinen gewohnten Rhythmus zu finden. Zu Anfang stört eine viel zu lang gezogene Vergewaltigungsszene mit Rod Steiger und einer hochnäsigen Dame der feinen Gesellschaft, gegen Ende hält Leone viel zu lange auf das Gesicht des weinenden Steigers drauf.

War "Spiel mir das Lied vom Tod" eine perfekt getimete Sinfonie, so sind einige Strophen der "Todesmelodie" atonal und schwer zu singen - um bei dem Beispiel zu bleiben. Doch für einen reichlich unterhaltsamen Abenteuer- und Action-Film reicht dieser schwächste aller Leone-Western vollkommen aus. Zumal die finale Explosion eine der optisch gelungensten der Filmgeschichte sein dürfte.

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