Gäbe es einen Preis für die exakteste “Lock, Stock & Two Smoking Barrels”-Kopie, Pontus Löwenhielm und Patrick von Krusenstjerna könnten ihn sich für ihr Regiedebüt in die Haare schmieren.
Unverschämterweise wird das ganze Konstrukt sogar im Titel verraten und gleich reinen Tisch gemacht: Hier will offenbar jemand auf Teufel komm raus einen Film voller schicker Vorfälle machen, die sich alle häufen, bis sich die unglaublichen Situationen nur so tummeln. Mittendrin ein tollpatschiger Volltrottel (klar: Steve Zahn), dessen Vokuhila scheinbar aber immer noch genug Sexappeal besitzt, ein 10-von10-Punkten-Ex-Playboy-Girl in sein Bett zu bekommen. Die ganzen Mattenträger und Verlierer da draußen werden angesichts der Coolness dieses uncoolen Typen den Headbanger machen, so viel steht fest.
Verlierertypen schön und gut, aber müssen die denn in US-Komödien immer so überzogen und comichaft sein? Für “Traktor” (so nennen sich Löwenhielm und Krusenstjerna in den Credits, damit man die unmöglichen Namen nicht mehr in den Mund nehmen muss) offenbar schon, erinnert “Chain of Fools” vom Feeling her stark an kurzweilige Snacks wie “Great White Hype” und wird so ein Stück weit zur Familienkomödie. Ziel verfehlt? Denn was Ritchie macht, sind nicht unbedingt Familienfilme.
Und da macht sich tatsächlich ein kleiner, aber feiner Unterschied in der Figurenzeichnung breit. Der Cast kann sich sehen lassen, ist gespickt mit allen Zahns, Hayeks, Goldblums, Rapaports, Joneses und Woods dieser Welt - doch die meisten von ihnen scheinen gar keine Lust zu haben, richtig zu spielen, sondern wollen einfach mal die Sau rauslassen. Deshalb ist den meisten Schauspielern der Spaß an der Freude zwar anzusehen, richtig interessante Charaktere bekommen sie aber nicht gebacken. Elijah Wood macht als minderjähriger Profikiller die goldene Ausnahme; die Agonie, mit der er seinen Job erfüllt, ist herzzerreißend (komisch). Aber der Rest? Zahn klamüsert sich die meiste Zeit mit gespitztem Mund und verdutzt dreinschauenden, weit geöffneten Augen durch die Kette von Situationen, Jeff Goldblum ist ein sehr unglaubwürdiger Gangster und Salma Hayek verschläft komplett ihre Möglichkeit, den Spielball rund um das Playboyshooting ihrer Polizistinnen-Rolle aufzunehmen und die ständigen Chauvi-Eskapaden des männlichen Umfeldes in einen Homerun umzuwandeln.
Drehbuchtechnisch ist die Verdrahtung der einzelnen Handlungssequenzen (frei nach Tarantino übrigens zeitlich verschoben) teilweise geradezu lächerlich naiv, besonders am Anfang. Da sitzt also ein Gangster beim Friseur, quatscht in aller Öffentlichkeit über Gangsterdinge und wundert sich dann, dass der Friseur das Gespräch mitbekommt? Da nimmt einer ein Butterbrot mit zu einem Überfall (zugegeben, es entbehrt nicht einer gewissen Komik, wie er da so sein Brot auspackt), beißt rein und lässt es dann als verräterische Spur am Tatort liegen (nachdem er es aus Notwehr einem bewaffneten Mann ins Gesicht geworfen hat)? Herrje! Sicherlich könnte man das parodistisch auffassen und als mutwilliges Auffahren von Klischees begreifen, so wie das kreischende Weib auf der Flucht in jeder Horrorfilmparodie sein Stelldichein gibt. Aber es wirkt hier eben weniger wie eine Parodie als vielmehr wie das Unvermögen, ähnlich elegant das Zufallsprinzip mit Vorfällen zu verknüpfen wie Guy Ritchie dies getan hat. Und wenn dann zum wiederholten Mal ohne jede Not die Transe als Witzelager herhalten muss, dann ruft der rote Knopf auf der Fernbedienung “Drück mich”.
Doch nach einem beinahe schon als hilflos zu bezeichnenden Start fängt sich die Geschichte und beginnt langsam interessant zu werden. Die Charaktere werden vielversprechender (Elijah Wood), die Verwicklungen komplexer. Wahnsinnig komisch besonders für Kinderhasser ist der kleine Balg, dem man am liebsten nonstop Dresche geben möchte. Zieht immer wieder. Zumindest der Faktor Unterhaltung schnellt also in die Höhe, auch wenn von der Intelligenz der Vorbilder nur noch ein unlogisches Zerrbild übergeblieben ist. Für gewöhnliches Familienfilm-Publikum, das zur bevorzugten Zielgruppe von Traktor (danke für die Abkürzung!) gehören müsste, könnte das Spiel mit dem normalen Komödienaufbau, der hier selbstredend komplett gebrochen wird, sogar außergewöhnlich und gewitzt erscheinen.
Spätestens in der Schlusspointe verrät sich “Chain of Fools” endgültig als “Lock, Stock...”-Sprössling. Dessen Raffinesse wird zwar zu keinem Zeitpunkt erreicht, dafür sind die Charaktere hier einfach zu schematisch und das Drehbuch zu schwach. Wer sich aber für seine Lieblingscomputerspiele gerne Add-Ons zulegt, der wird sich vermutlich auch “Chain of Fools” neben die Guy Ritchie-Sammlung stellen. Neuer MacGuffin, altes Schema.