Klar, man kann soviel lästern wie man will, aus Jean-Claude Van Damme („Cyborg“, „Timecop“) ist nie ein guter Schauspieler geworden, bestenfalls ein Actiondarsteller mit akzeptablen Charisma und herzerweichendem Hundeblick. Es tut trotzdem mal ganz gut zu wissen, dass er sich schon einer frühen Phase seiner Karriere versuchte, von seinem Image halbherzig zu lösen. Auch wenn das letztlich nichts brachte.
Nach „Lionheart“ war „Nowhere to Run” der zweite, vergebliche Versuch den Belgier ein wenig menscheln zu lassen, wobei das Szenario selbst sich doch eher für unseren allseits beliebten Öko-Okkultisten Steven Seagal („Under Siege“, „Exit Wounds“) anbieten würde, ist der als naturverbundener Dauer-Ex-CIAler für diese Rollen doch prädestiniert.
Immerhin, der Auftakt gelingt, denn er beginnt auf einer staubigen, weiten Landstraße und das ist nun mal genau das Terrain von „The Hitcher“ – Regisseur Robert Harmon („Highwaymen“), der auch prompt in einem kompetent inszenierten Unfall einen Gefangenentransporter auf die Seite legt und Sam Gillen (Van Damme) ausbüchsen lässt. Sein Brüderchen, für den Sam einst in den Knast ging, sah sich veranlasst, ihm die Freiheit zu schenken, bezahlt dies aber selbst mit dem Leben. Mittellos taucht Sam irgendwo in der Natur in der Nähe eines kleinen Kaffs unter, um dort die nächsten Tage abzuwarten und sich Notwendigkeiten aus einem nahe gelegenen Haus zu borgen, wo Clydie Anderson (Rosanna Arquette, „The Big Blue“, „Flight of the Intruder“) mit ihren beiden Kindern Mike (Kieran Culkin, „The Dangerous Lives of Altar Boys“, „Igby Goes Down“) und Bree (Tiffany Taubman) lebt und, genau wie die Nachbarn der umliegend Gegend, von Franklin Hale (Joss Ackland, „Lethal Weapon 2“, „The Hunt for Red October“) einem skrupellosen Geschäftsmann, bedroht wird. Klar, dass Sam angesichts des hilflosen Trios irgendwann aus dem Busch hüpft und auf die Pauke schlägt.
Doch bis es dazu kommt, dauert es etwas und „Nowhere to Run“ ist dank seines klischeehaften, einfallslosen Skripts nicht sonderlich gut darin die Zeit zwischen den vereinzelten Actionszenen zu überbrücken. Van Damme versteckt sich zunächst und zeltet, irgendwann entdecken ihn die katastrophal naiven Kinder und finden den Mann auf Anhieb sympathisch. Der möchte lieber für sich bleiben, muss dann aber schließlich doch eingreifen.
Van Dammes Zusammenspiel mit den Bälgern ist gelinde ausgedrückt nicht von Erfolg gekrönt, denn er agiert arg hölzern, weswegen der Witz auch eher in Peinlichkeiten ausartet, die höchstens die Mundwinkel kurz zucken lassen (Die beiden entdecken ihn, beim Nacktbad im Teich...). Etwas später entwickelt sich dann auch die schon vorhergesagte Romanze mit Clydie, die sich ihrerseits dem lüsternen Sheriff erwehren muss, dafür aber mit Sam, im übrigen freizügig und ausführlich wiedergegeben, ins Bad steigt, der wiederum längst mehr Gefühle für die drei entwickelt hat, als ihm lieb ist, während er auch schon munter seine dünne Tarnung riskiert, weil der Sheriff argwöhnisch seinen Nebenbuhler und der Dusche betrachtet.
Der Plot bleibt dabei rudimentär und nur ein paar Prügeleien mit den anrückenden Krawallbrüdern, die auf arglistige und teilweise brutale Art und Weise die Andersons von ihrem Land vertreiben wollen, halten den Film auf Kurs. In diesen leider seltenen Szenen, die abgesehen vom finalen Showdown auch alle zu kurz ausfallen, ist Van Damme dann in seinem Element und haut in zu engen Jeans die Meute zusammen, dass es kracht.
Ted Levine („The Silence of the Lambs”, „Heat”), eigentlich ein brauchbarer Bösewicht, erwächst dabei leider nie zu einem ebenbürtigen Gegner, so dass der Ausgang des letzten Konflikt zwischen den beiden auch vom etwas erfahrenen Zuschauer schon weise prophezeit wird. Weit mehr gibt allerdings auch eine feurig-explosive Rettungsaktion der Nachbarranch, der optische Höhepunkt, nicht her.
Ein ganz Schlechter ist „„Nowhere to Run” deswegen noch längst nicht. Die gesundheitsschädlichen Momente, in denen dann auch mal zum Schießeisen gegriffen wird, was wiederum zu blutigen Momenten gereicht, sind einwandfrei inszeniert, dürften nur häufiger sein. Das lahme Tempo und der genauso schwache, einfallslose Plot ziehen den Film letztlich so herunter. Da nützt auch der sich ewig wiederholende Suspense-Kniff nichts, Sam stets in letzter Minute retten zu lassen.
Wir wollen Van Damme doch gar nicht dabei sehen, wie ihn zwei Kinder als Vaterersatz ohne Umschweife akzeptieren und die Frau Mama, nachdem sie ihn nur wenige Stunden kennt, schon ins Bett bittet, während der Nachwuchs nebenan pennt. Nein, er soll, die Böse verdreschen oder notfalls auch töten, der Gerechtigkeit genüge tun und ein paar knackige Oneliner abliefen. Das tut er hier zwar auch, aber dank des Drehbuchs nur im Sparmodus.
Fazit:
Letztlich halten sich Pro und Contra knapp die Waage. Zu verdanken hat es der Film seinem dann immerhin weitestgehend, im Vergleich zum Rest des Films, ausführlichen Endkonflikt und Van Dammes damals noch guten Kampfkünsten. Dennoch bleibt „Nowhere to Run“ einer für die Van Damme-Komplettisten-Fraktion, weil der eindimensionale, einfallslose Klischeeplot vom Reißbrett wirklich keine Überraschungen, geschweige denn Spannung bereithält und zwischen den Actionszenen einfach zu viel Leerlauf fabriziert. Außerdem nervt bisweilen der Nachwuchs und Ted Levine, der nicht aus den Pötten kommt. In Wald und Wiesen der unbeschädigte Durchschnitt.