Und hier kommt einer meiner Favoriten in der Kategorie "Religiöser Mystery-Thriller mit Weltuntergangsszenario und Gottes Zorn".
"Das siebte Zeichen" ist Mystery-Kino at its Best, ein offensichtliches Beispiel für die Tatsache, daß man auch für ein durchschnittliches Budget einen großartigen Film drehen kann.
Falls jetzt sämtliche Bibelpuristen zu den Waffen greifen, möchte ich gleich klarstellen, daß die Ideologie des Films oder religiöse Interpretation, die damit verbunden ist,bei diesem Review nicht zählen. Dies ist ein Hollywoodfilm erster Güte und als nichts anderes soll er auch betrachtet werden. Alles andere hieße auch, mit Kanonen auf Spatzen schießen.
Ohne diesen Firlefanz schreitet die Apokalypse allerdings höchst unterhaltsam voran: Überall auf der Welt kommt es zu Vorfällen, die von Religionsforschern als die möglichen sieben Zeichen der Apokalypse interpretiert werden. Ein Fluß färbt sich von Blut (ein Revolutionskrieg), Tiere werden tot an den Strand gespült (Chemieopfer), eine Wüstenstadt ist plötzlich vereist (Meteorologisches Phänomen). Überall an diesen Ort werden Papiere mit biblische Sprüchen gefunden, die zuvor versiegelt waren. Erbrochen hat diese Siegel ein schweigsamer Mann, der sich bald darauf bei der hochschwangeren Demi Moore als Untermieter einnistet. Als sie jedoch bei ihm Zeitungsausschnitte von Katastrophen und Gewalttaten findet, vermutet sie in ihm einen Psychopathen und beginnt ihm zu folgen. Die Zeichen mehren sich jedoch recht zügig und bald schon rückt der Mordfall, in dem ihr Mann als Anwalt tätig ist, ins Zentrum des Geschehens.
Ein Unschuldiger soll sterben, steht geschrieben und dann ist da noch ein Kind ohne Seele, das geboren wird, das siebte Zeichen...
Hier gibt es den Mystizismus der Offenbarung mit der groben Kelle, kaum eine Szene, welches nicht seine Bedeutung im großen Gesamtzusammenhang besitzt, der sich erst nach und nach offenbart. Als Zuschauer ahnt man schon bald, was vor sich geht und weiß so stets mehr als die Protagonisten. Das schafft Suspense, das wissen wir von Hitchcock, und da wir von düsteren, unheilsvollen, vorahnungsschwangeren Bildern nur so bombardiert werden, geht die Wirkung auch nicht verloren. Sparsam mit Tricks, die an dieser Stelle vermutlich billig und effekthascherich gewirkt hätten, verläßt Regisseur Schultz sich auf die innere Spannung und den göttlichen äußeren Rahmen. Wenn Jürgen Prochnow als Abgesandter des Herrn in abgerissenen Klamotten am Karibikstrand ein weiteres Siegel erbricht und kurz darauf die ersten toten Delphine an den Strand treiben, dann verursacht das wahre Gänsehaut. Überhaupt spielt der Film mit der Modernisierung bzw. Vergegenwärtigung biblischer Schrecken und findet oft passende Entsprechungen für die Geschehnisse, die eigentlich auch als ganz natürliche Vorgänge erklärt werden könnten. Gerade diese Ambivalenz macht das Sehvergnügen hier so intensiv.
Demi Moore ist hier noch in der Phase zu bewundern, als sie noch nicht millionenschwer war und ständig die falsche Rollenwahl traf. Michael Biehn fügt seinem B-Movie-Konto noch eine weitere Perle hinzu und Prochnows Engagement scheint das beste Casting seit langem gewesen zu sein.
Hiermit lade ich alle ein, die vor dieser vermeintlichen Bibelstunde bisher immer zurückgeschreckt sind (auf Gewalt wird ebenfalls zu gut wie verzichtet), sich bei der nächsten Ausstrahlung mal einfach zu trauen, am besten im gut abgedunkelten Zimmer.
Neben Carpenters "Prince of Darkness" wohl der stärkste atmosphärische Horrorfilm der späten 80er Jahre.
(9/10)