„Was für ein Gott bist du?!“
Exil-Ungar Carl Schultz („Die Abenteuer des jungen Indiana Jones“) drehte im Jahre 1988 den Mystery-Thriller/Okkult-Horrorfilm „Das siebte Zeichen“ nach einem Drehbuch Clifford und Ellen Greens. Der Film setzt sich mit der bevorstehenden Apokalypse auseinander.
Fischsterben an der Küste Haitis, ein blutroter Fluss in einem Bürgerkriegsgebiet, eine vereiste Wüstengegend im Irak – obwohl all diese Phänomene wissenschaftlich erklärbar sind, weisen sie beunruhigende Ähnlichkeiten mit den Vorzeichen der Apokalypse auf. Während der Vatikan Pater Lucci (Peter Friedman, „Teuflische Weihnachten“) damit beauftragt, die Vorfälle zu untersuchen, zieht der geheimnisvolle David (Jürgen Prochnow, „Mächte des Wahnsinns“) ins Gartenhaus der schwangeren, noch unter dem Eindruck einer vorausgegangenen Totgeburt stehenden Abby (Demi Moore, „Eine Frage der Ehre“) und ihres Mannes (Michael Biehn, „Terminator“). Schon bald fürchtet Abby, einen gemeingefährlichen Psychopathen zu beherbergen. Zeitgleich verteidigt ihr Mann den geistig behinderten Jimmy (John Taylor, „Dabei sein ist alles“), der seine Eltern als Rache im Namen Gottes für seine Zeugung umgebracht hat und hingerichtet werden soll. Als Abby hinter das Geheimnis Davids kommt, wird ihr die Rolle ihrer Schwangerschaft bewusst und versucht sie, die nahende Apokalypse zu stoppen…
Ich bin mir nicht sicher, was ich von „Das siebte Zeichen“ halten soll. Einerseits gelang es Schultz, den Film trotz seines Entstehungsjahrs so gar nicht nach den 1980ern aussehen zu lassen, als hätte er bewusst so viel Zeitkolorit wie möglich ausgespart. Er erzeugt eine in den ganz normalen Alltag eingebettete Endzeitstimmung, die nicht mit einem lauten Knall eingeläutet wird, sondern als schleichender Prozess Besitz in erster Linie von Abby statt von großen Menschenmassen ergreift, Daraus resultiert eine recht distanzlose, eigenwillige Atmosphäre, die angereichert wird mit (unblutigen) Versatzstücken aus dem Okkult-Horror-Subgenre. Hierfür werden religiöse Motive aufgegriffen, die interessanterweise diesmal so gar nichts mit dem Beelzebub zu tun haben, sondern einen alttestamentarischen Rachegott aufgreifen, vor dem einem Angst und Bange wird, wenn er schließlich Menschenopfer fordert und unverhohlen mit Auslöschung der Menschheit droht. Und genau hierin liegt der Knackpunkt. Nutzt Schultz biblische Schauermärchen exploitativ aus, übt damit im gleichen Atemzug Kritik an dieser Art von Religion im Allgemeinen und derart fundamentalistischen Auslegungen der Bibel im Speziellen? Oder will er exakt diese Ängste schüren, ja, predigen, und dürfte sich damit des Applaus der katholischen Kirche und anderer fragwürdiger Sekten sicher sein? Ich bin unschlüssig, vermutlich liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Allein die Möglichkeit, dass der religiös motivierte Elternmord legitimiert und der Tod einer Mutter bei der Geburt ihres Kindes als heldenhafte Märtyrertat hingestellt wird, so lange nur der Nachwuchs überlebt, schlägt mir jedoch auf den Magen und verleidet mir die Freude an diesem Film.
Zugegeben, Demi Moore sah damals noch ganz niedlich aus und fügt sich passabel in ihre allerdings nicht übermäßig glaubwürdig konstruierte, unter Alpträumen leidende und bereits einen Suizidversuch hinter sich habende Rolle ein; und dass sich ein – von Prochnow relativ eindringlich gespielter – Lehrer für historische Fremdsprachen als Jesus fuckin‘ Christ persönlich entpuppt, hat insbesondere im Zusammenhang mit der offensichtlich wortwörtlichen Deutung der Bibel fast schon etwas kurios Trashiges. Wie versucht wird, die Apokalypse aufzuhalten, indem das physikalische Auftauchen weiterer Vorzeichen verhindert werden soll, bereitet bei genauerer Überlegung ebenfalls Stirnrunzeln, transportiert jedoch angesichts der irdischen Ursachen der bisherigen Vorboten tatsächlich so etwas wie gerechtfertigte Sozialkritik. Unterm Strich überwiegt der zwiespältige Eindruck, den dieser Film bei mir hinterlässt, der jedoch durchaus auch geeignet ist, fragwürdige Inhalte monotheistischer Religionen und ihr Spiel mit Ängsten ihrer Jünger zu entlarven.