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Kinder in Filmen sind ja eigentlich grundsätzlich ein Problem. Meist nerven Sie durch aufgesetzt wirkendes Schauspiel, auswendig gelerntes Aufsagen ihres Textes und im Deutschen dann auch noch durch eine miese Synchronisation. Und dann kommen auch noch erschwerte Drehbedingungen dazu, denn Dank Jugendarbeitsschutzgesetz stehen einem die "lieben" Kleinen nur eine äußerst begrenzte Zeit zur Verfügung. Mit Babys zu drehen hat demgegenüber zumindest einen riesigen Vorteil:

Sie spielen nicht, sie sind!

Und weil Babys nunmal so sind, wie sie sind, eignen sie sich bestens für das Genre des Horrorfilms. Denn Babys bedeuten die Veränderung des gesamten Lebens, vielleicht auch ein wenig Angst vor der Zukunft. Und dann sind da noch die gruseligen Geschichten vom plötzlichen Kindstod oder Horrorstories von Müttern die Herausfinden mussten, dass das Kind gar nicht vom vermeintlichen Vater stammt. Pränatale Depressionen. Unsicherheit im Bezug auf Verantwortung gegenüber diesem winzigen Ding. Jeder kennt Meldungen junger Mütter, die in Anfällen von Panik ihr Neugeborenes umbrachten.

Umso ertsaunlicher, dass sich bisher nur relativ wenige Genrevertreter dem Thema annahmen. Klar, "Rosemaries Baby" oder "It´s Alive" fallen einem da ein - aber darüber hinaus? Vielleicht liegt es daran, dass Horror eher eine männliche Zielgruppe hat, die möglicherweise diese Ängste nicht nachvollziehen können. Wer weiß...

Fakt ist jedoch, dass "Grace - Love Undying" auch dem maskulinen Zuschauer das ein oder andere Mal ein ziemlich ungutes Gefühl in der Magengegend verpasst.

Madeline, eine überzeugte Veganerin, versucht schon seit Jahren alles um schwanger zu werden. Endlich, so scheint es, ist das Schicksal mit ihr gnädig. Doch ein schwerer Unglück zerstört das Glück. Ihr Mann stirbt und Sie erleidet eine Totgeburt.
Wer immmer dachte, Mutterliebe vermag Berge zu verstzen, wird sich hier bestätigt sehen. Denn wenige Zeit nach der Geburt fängt die Kleine - Grace mit Namen - doch an zu atmen.

Doch die Zeichen mehren sich, dass Grace nicht so wie andere Babys ist ... .

Zu allererst kann man positiv hervorheben, dass "Grace" ein angenehm ruhiger Film mit äußerst dichter Atmosphäre ist. Der Kameramann macht seinen Job gut, wobei auffällt, dass helle Szenen sein Ding nicht unbedingt sind. Sobald es aber in Maddies düsteres Heim geht, schafft er einige unheimliche Bilder. Auf wirklich blutige Effekte muss der Gorefan zwar verzichten, dennoch ist der Ekelfaktor recht groß. Ob es nun ein blutiger Ausschlag auf Babyhaut, äußerst wunde Brustwarzen oder pervertierter Sex im Alter ist - bei mir wurde hin und wieder knapp an der Grenze der Ertäglichkeit geschrammt. Das mag anderen eventuell nicht so gehen, ich hab mit solchen Sachen einfach meine Probleme.

Ein ebenso interssanter Aspekt des Films ist, dass uns Regisseur Solet so gut wie nichts auf dem Silbertablett serviert - soll heißen, das meiste muss man entweder als Gegeben akzeptieren (Grundprämisse des carnivoren Babys) oder sich selbst zusammenreimen. Der Schnitt sorgt nämlich für einige Handlungssprünge, die dem Zuschauer die zeitliche Orientierung mitunter sehr erschweren. Und wer bis zum Ende auf eine Erklärung hofft, wird sicherlich entäuscht sein.

Ich fand das alles gar nicht so schlecht, ebenso wie die schauspielerische Leistung der frischgebackenen Mutter (Jordan Ladd).

Dennoch ist es gerade das Drehbuch, dass "Grace" im Wege steht. Die überbordende Mutterliebe, die Ablehnung gegenüber einer Arztvisite und noch viel schlimmer, das ambivalente, überzeichnete und einfach unrealistische Verhalten sämtlicher Nebenfiguren reißt einen ständig aus der dichten, gruseligen Stimmung. Eigentlich ist man immer froh, wenn sich die Handlung wieder zurück auf ihren Kern besinnt und Mutter und Baby allein lässt. Gerade dieser Aspekt hält einem auch immer wieder vor Augen, dass "Grace" nicht geeignet für einen vollen Film ist. Als Kurzfilmbeitrag, etwa für die "Masters of Horror"-Reihe (gerade weil die Handlung auch entfernt an "Pro-Life" erinnert) hätte hier ein richtiger Klassiker entstehen können. Auf der anderen Seite wären so natürlich NOCH weniger Menschen auf ihn aufmerksam geworden.

Dennoch: Trotz relativ kurzer Laufzeit ist "Grace" immer noch viel zu lang und leider teilweise zu unentschlossen. Dabei störe ich mich nicht einmal daran, dass die Handlung nur langsam an Fahrt gewinnt. Nein, es sind diese Dramaaspekte um eigentlich gar nicht so wichtige Personen, die einen nötigen Feinschliff und vor allem Straffung vertragen hätten. Am schlimmsten fällt das bei der Pseudo-Arzt-Freundin von Madeline auf, die zum Ende hin eine absolut nicht nachvollziehbare und vor allem nicht erklärte Wandlung durchmacht.

Dieses Ende wird dann warscheinlich dem weniger aufgeschlossenen Horrorfreund den sprichwörtlichen  Rest geben. Denn wer hätte erwartet, dass ein bis dato, trotz aller Defizite, behutsam aufgebautes Gruseldrama mt solch einem lauen "Tales of the Crypt"-Gag endet? Da retten selbst die gut gemeinten 80 vergangenen Minuten nichts mehr.

"Grace - Love Undying" ist ein prinzipiell interessanter Film, der für werdende Mütter oder zartbesaitete Naturen definitiv ungeeignet ist, der sich aber immer wieder und auf der Zielgeraden endgültig das Bein stellt.

Für Liebhaber der etwas anderen Sorte Horrorfilm dennoch zu empfehlen.

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