Oh yeah, Chicks with Tits and Guns!
Yep, diese kleine Erfolgsformel (unter Männern, möglicherweise auch unter Lesben) deutet es schon an, wir düsen ins sandige Russ-Meyer-Land, wo die Männer hart scheinen und die Frauen hart sind - und noch viel härter. Wo lange Beine und pfundige Dekoltés durch die heiße Sonne geschwenkt werden, wo Knarren geschwungen und die verhaßten Testosteronschwengel mit dicken Ketten irgendwo angebunden werden.
Es wird immer eine dankbare Abnahmeklientel für dominante Frauen geben, die offensiv mit Phallussymbolen hantieren und sich gegenseitig vor die Titten treten (für diese streitbare Formulierung bin ich der Synchronabteilung von "Die Ritter der Kokosnuß" immer noch sehr dankbar), Männer in kleinen Gruppen oder allein, in Gesellschaft von Lidl-Paletten oder edlem Bier mit Tequila-Aroma, die sich johlend High-Five geben, wenn es wogt und klatscht.
"Bitch Slap" ist die moderne Variante dieser Sleaze- und Exploitergranaten, die vorzugsweise in den späten 60ern und 70ern die Autokinos unsicher machten, speziell angerichtet und auf die Zielgruppe ausgerichtet, perfekt gestylt und mit allen Attributen versehen, die man nach dem Studium der B-Filmgeschichte in einem Film dieses Zuschnitts wohl erwarten könnte.
Und genau deshalb ist er auch so grausam langweilig.
Nicht falsch verstehen: solange man sich zu der o.e. Volksgruppe zählt oder sich an der temporären Teilnahme eben nicht stört, könnte das was werden mit dem Spaß, allerdings fast 100 Minuten auf dieses Thema zu verwenden, strapaziert die Geduld dann eben doch schon etwas.
Vor allem, weil hier nicht nur alle Zutaten zum x-ten Mal neu angerührt werden und ein paar eindeutig lesbische Extraszenen nebenbei soft serviert werden, sondern weil TV-Actionveteran Rick Jacobson, der sein Handwerk bei billigen Kampfsportkrachern und halbsterilen TV-Serien wie "Hercules", "Xena" oder "Baywatch" erprobte, das alles offenbar als einmalige Gelegenheit empfindet, den Stoff mit enorm viel überflüssigem Plot ungeschickten aufzurüschen und das alles dann betont witzige Semicomedy zu präsentieren.
Der scheinbare Plot per se ist Klassik pur: drei Mädels in der Wüste, auf der Suche nach einem gestohlenen Diamantenvorrat, mit einem Fiesling mit noch dreckigerem Mundwerk im Kofferaum. Die Brüste platzen fast aus den Tops, stramme Beine und hohe Hacken zu den langen Haaren und mit Puppen hat von den dreien auch lange keiner mehr gespielt. Wirft man dann noch einige Widersacher in die Arena, kann es ja munter aufs Maul geben und das tut es auch, doch das würde kaum für eine halbe Stunde genügen (oder umgekehrt, die halbe Stunde wäre noch genau richtig gewesen), aber wir sind ja alle so parodistisch angehaucht, also arbeiten wir über die volle Filmlänge in 4-Minuten-Abständen rückläufig die Backstories unserer Heldinnen (Tingelschlampe, Ex-Knasti, Agentin) auf, die sich in den vergangenen Monaten öfters mal begegnet und über den Weg gelaufen sind, während sie all die Nebenfiguren angerissen oder vergrätzt haben, die jetzt für Trouble sorgen.
Es gibt also reichlich Rückblenden, die zumeist irre kosmopolitische oder aussichtsreiche Schauplätze haben, die allesamt kostengünstig im PC erzeugt wurden und nur die Fototapete zu den Fetishoutfits oder Striptease-Röckchen und Oberteilen bieten, während man als Mann ohne desinteressiert an Plot, bald vollkommen den Faden verloren hat.
Wie überhaupt alles UNBEDINGT in dem Film untergebracht werden muß, das exaltierte und breitgetretene Ausleben aller Subgenre-Klischees aber nach einer Weile nur noch zeitschindend wirkt, weil neben den Diamanten eine Biowaffe gefunden werden muß, bei deren Jagd jeder jedem mindestens noch dreimal bescheißt.
Das wiederum ist dann Grund genug, daß sich die Damen mit kurzen Unterbrechungen ständig in die Fresse hauen dürfen, wenn sie sich nicht in den Schritt treten, eine vor den Detz zimmern oder mit Knarren das Feuer aufeinander eröffnen, mit ständig wechselnden Motivationen und Aufteilungen.
Kaum zu glauben, aber wenn sich gegen Ende America Olivo und Erin Cummings sich volle 10 Minuten ununterbrochen die Knochen verbiegen bis einer lacht, dann wird man ganz schön schläfrig, weil Jacobson von Steigerungen aus seiner keimfreien TV-Karriere nämlich keine Ahnung hat. Dafür aber von dollen CGI-Explosionen, miesen Schußwechseln und nicht enden wollenden Tiraden voll so malerischer Erwähnungen wie "Schlampe", "Fotze" oder "Knuspertittchen". Den finalen Twist erlebt man dann schon halb im Traumland (hat ihn sich aber sicher sowieso schon gedacht, weil er absolut sinnfrei und unwahrscheinlich ist) und die alberne Balgerei dann noch von Zitaten von Joseph Conrad und Sun Tsu einrahmen zu lassen, verlangt schon zwanzig Schläge auf die nackten Nippel.
Natürlich kann man sich freuen, daß Jacobson und sein Co-Autor Gruendemann sowohl das Oeuvre von Russ Meyer als auch jeden Tarantino (hier stinkt alles derbst nach "Death Proof") studiert haben, aber nach der zwölften Anleihe bei Bond und den "Drei Engeln für Charlie" in Reihe, ist hier echt nur noch mit dumpfestem Niveau alles nachzuverfolgen, wobei man tunlichst die Hupen und langen Stelzen im Blick behalten sollte. Und wenn dann gerade mal nix geht, hey, dann gießen wir uns gegenseitig drei Minuten Wassereimer über die Möpse und haben gar keinen Grund dafür - es sollte halt nur drin sein. Danke, Rick!
Drum merke: auch Dauererotik kann ganz schön langweilig werden und selbstbewußte und kampferprobte Bitches sind schon lange nichs Neues mehr, über das Versicherungsvertreter staunend durch ihre Kassenbrille lechzen, während sich der Schweiß literweise auf Stirn und Rücken bildet. Overkill tut selten gut und hier will man von der ersten Minute an 120 Prozent geben, was jeden Film irgendwann ermüdend macht.
Fakt ist: ich mag schöne Sachen und auch schöne Frauen, aber nicht um die Ohren gehauen und nicht in Massen gestapelt. Und wenn schon Retro-Chic à la Meyer, dann bitte nicht betont selbstironisch parodiert präsentiert, mit modernem Actionfeenstaub, für den das Budget fehlt.
Nehmt die motivierten Damen und dreht das nächste Mal den Adrenalin- und Hormonregler langsam höher und immer höher. In solchen körperlichen Qualitäten sollte man als Delinquent ersaufen, nicht alle zwei Minuten in den Boden gestampft werden. (3/10)