Review

Eine Million Dollar. Was hätte man anno 1974 in Mexiko nicht alles für eine Million Dollar getan? Wohl vieles. Sehr vieles. Bennie (Warren Oates) ist schon für einen Bruchteil dieser Summe für so einiges bereit, um mit der Prostituierten Elita (Isela Vega) der Hölle, in der sie leben, zu entfliehen. Und dank Alfredo Garcia bietet sich ihm eine Chance, und die gedenkt er, beim Schopf (oder besser: am Kopf) zu packen. Garcia hat nämlich die Tochter des mexikanischen Großgrundbesitzers El Jefe (Emilio Fernández) geschwängert, und dafür will dieser seinen Kopf sehen, als Beweis für Garcias Tod. Eine Million Dollar läßt er dafür springen, und es mangelt nicht an Männern, die bereit sind, diesen dreckigen Job zu erledigen. Wie z. B. Sappensly (Robert Webber) und Quill (Gig Young), zwei eiskalte Ganoven, die sich jedoch nicht selbst die Finger schmutzig machen wollen und deshalb Bennie für läppische zehntausend Dollar beauftragen, ihnen den gewünschten Kopf zu besorgen. Leicht verdientes Geld, scheinbar, denn Alfredo Garcia ist bereits tot und begraben. Doch die Gewaltspirale, einmal in Gang gesetzt, reißt alle mit.
Selbst im pessimistischen Kino der 1970er-Jahre sticht Sam Peckinpahs Bring Me the Head of Alfredo Garcia als einer der nihilistischsten und bittersten Filme hervor. Der kontroverse Regisseur (Straw Dogs), vom Alkohol zerfressen und vom ständigen Kampf mit den Filmstudios desillusioniert, läßt seiner aufgestauten Wut und seinem unverhohlenen Pessimismus freien Lauf und knallt dem Publikum einen derart unerbittlichen und schonungslosen Abgesang auf alle Hoffnungen vor den Latz, daß man selbst als abgebrühter Filmfan einen Kloß im Hals verspürt. Die Gewalttätigkeit scheint allgegenwärtig; es gibt kaum eine Konfliktsituation, die nicht mit Gewalt gelöst wird. Die entsprechenden Szenen inszenierte Peckinpah, wie man es von ihm gewohnt ist: hart, schmerzhaft, dreckig, unglamourös, und unterstützt von einem brillanten und extrem wirkungsvollen Einsatz der Zeitlupe. Warren Oates ist großartig als Antiheld Bennie, ein zwielichtiger Verlierer, dem alles, was er anpackt, zu mißlingen scheint. Dabei haben er und seine Freundin Pläne und Träume, wie in einer für Peckinpah'sche Verhältnisse wunderschön-romantischen Szene offenbart wird. Der Knackpunkt, der Bennie vollends aus der Bahn wirft, kommt dann im letzten Drittel, unvermittelt und so grausam, daß man weinen möchte. Mit seinem neuen Kumpel 'Al' (dem verwesenden, von Fliegen umschwärmten Kopf Garcias) macht sich Bennie auf, die Geschichte zu einem Ende zu bringen. Und viel zu spät wurde ihm endlich auch bewußt, daß Geld nicht alles ist. Auch wenn der Film nach der Veröffentlichung vom Publikum abgelehnt und von den Kritikern gehaßt wurde: Bring Me the Head of Alfredo Garcia ist ein unvergleichlicher Film, der es schafft, den Schmerz und die Tragik des Geschehens beim Zuseher körperlich spürbar werden zu lassen. Bring Me the Head of Alfredo Garcia ist Sam Peckinpahs letztes großes Meisterwerk.

Details
Ähnliche Filme