Review

Gesamtübersicht

Trotz einiger prominenter Gegenbeispiele, die allerdings (seit kurzem) auch nicht mehr am Laufen oder in der Endphase der Produktion bzw. am Randes des Verdrusses beim Zuschauer angelangt sind, hat die Sitcom als uramerikanisches Genre und Gepräge längst nicht mehr den beeinflussenden Stellenwert. Zuletzt vor allem in den späten Achtzigern und den Neunzigern primär und dann dort auch erstmals weltweit, angesichts fortschreitender Möglichkeiten von Globalisierung und Distribution bestimmend und aktiv, ist die Situationskomödie als Kurzform der schnellen Unterhaltung heutzutage von noch kürzeren Appetithäppchen in der Netz- und Nutzungskultur gerade beim jüngeren Publikum weitgehend verdrängt. Für die ältere Generation gibt es auch aufgrund Zeitmangel, Redundanz, auch der Vielfalt von anderen Angeboten und der Schwäche des bestehenden Sitcom-Programmes dafür oft nur den Blick zurück in die eigene Kindheit, wobei das damals mit der ganzen Familie Gesehene heutzutage aus Gründen oft rein der Verklärung wegen, der Nostalgie halber, des Wiederholens und möglichst Konservierens wegen, als Art medialer Gedenkschrein gewählt wird.

Je nachdem, zu welchem Jahrgang man dann angehörte, welcher Herkunft und was im Haushalt (der Eltern oder gar der Großeltern) verfügbar bzw. beliebt und gefragt war, fällt die Wahl der Erinnerung und eigener Reminiszenz entsprechend aus. Die größte Auswahl hat naturgegeben dabei der Amerikaner, der vor allem zwischen 1960 und 1979 aus dem Vollen schöpfen kann und bei ganzen Jahren an im Grunde humoristischen Familienserien (damalige Erzählungen waren seltenst auf eine Altersgruppe oder reine Clique wie heutzutage begrenzt) und ihren oftmaligen Spinoffs ebenso lange mit dem Konsum und so dem Pfad der Rückwärtswanderung und Rückwertesswanderung beschäftigt ist.

Hierzulande außen vor, da nicht ausgestrahlt, nicht mit deutscher Synchronisation vorhanden und so nicht mit Wurzeln im Bewusstsein gepflanzt, werden aus den Sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, bei entsprechender Veranlagung und Vorprägung gerne der Dreiteiler aus Beverly Hillbillies (1962–1971), Petticoat Junction (1963–1970) und Green Acres (1965–1971) gewählt. Jeweils als Serie selbständig für sich und dennoch in dem großen Ganzen, in ein Universum und mit Crossovern gesetzt, wobei in jeder Prämisse auch das gleiche Fundament der Veränderung (von einem Ort zum anderen, aus einer bisherigen Lebenssituation in die nächste) und die gleiche Struktur des Umgangs damit steckt. Mal von der Farm in die Luxusvilla, mal von der Stadt auf das Land, wobei hier im Mittelteil der 'Trilogie' die Veränderung von außen droht und sich die ersten Folgen auch darum und gleich die Vorstellung des Status quo und seiner Personen drehen.

Auffällig ist dabei auch, welcher Aufwand in der Produktion gemacht wird, nicht nur das Hotel samt Wassertank erschaffen, sondern vor allem auch die alles verbindende Bahnlinie und zwei (Mini)Städte als Außen- und Endpunkte der Szenerie. Petticoat Junction als Komödie, (mit den damals noch gängigen Lachkonserven, was angesichts der Szenen in freier Natur statt auf einer isolierten Bühne schon etwas unwirklich, aber schnell nicht mehr störend wirkt), als Heimat- und Familienserie und im Grunde auch als Neo-Western, wenn man sich Set und Setting anschaut und die Klischees von Cowboys und Indianern wegdenkt. [Ein Indianer gibt es als mannshohe Holzstatue, der als Running Gag von den Mädels immer versteckt und von Uncle Joe wieder gesucht, gefunden und angeschleppt wird.]

Aufgrund der Ländlichkeit und abgelegenen Provinzialität wird eingangs dafür viel mit dem Gegensatz von Stadt und Zivilisation (Bürokratie, Recht und Ordnung, Erscheinung, Titel, Karriere, Macht und Geld) und den hiesigen Verhältnissen (Hemdsärmeligkeit, Gefallen statt Dienstleistungen, Arrangieren, Zuneigung, Bekanntschaft, Freundschaft) gespielt. Der 'kleine Mann' gegen die 'da oben'; eine besondere Lebensweise, die in der Dekade gerade im Fernsehen sehr gefragt war, spätestens ab dem Wechsel zu 1970 allerdings nicht mehr Gegenstand der Diskussion, nicht mehr das gesellschaftliche Hauptaugenmerk, nicht mehr 'relevant' genug und ebenso wie derlei 'lebensferne' Geschichten aus dem amerikanischen Herz - und Hinterland gerade für die demografische Zielgruppe auch kein Anreiz und im sogenannten 'Rural Purge' das Aus für viele dieser Sendungen (wie bspw. Lassie, Bonanza, The Virginian, Gunsmoke, The Andy Griffith Show) war.

Hier, gerade zu Anfang der Saison ist allerdings noch alles Friede, Freude, Eierkuchen, das Dasein trotz (sichtlich) wenig Auslastung des Hotels (mit mehr Familienbewohnern als zahlenden Gästen) und der ersten Anmerkung dessen, dass auch keine finanziellen Rücklagen vorhanden sind, ist trotzdem von Sonne, guter Luft und Freiheit umgeben und von all dem Glück der Selbständigkeit und der Rechtschaffenheit, von den kleinen Dingen der Existenz demnach erfüllt. Viel benötigt man auch nicht, an diesem heilen Fleck abseits der großen weiten Welt, wo die Bahnstrecke und somit auch das Hotel selbst von den Oberen nur per Zufall registriert und anfangs wie als Fehler auf der Landkarte, als Störung im System quasi angesehen wird. Folge 1 "Spur Line to Shady Rest" eröffnet mit diesem Ansatz, der auch die ersten vier Folgen aneinandergereiht und ineinandergreifend macht, mit der Kundgabe, dass die zuständige Bahn mangels finanziellen Nutzens die Strecke zum Hotel und so die letzte Anbindung an die Außenwelt und auch die Kundschaft kippt und zu diesem Zweck einen der oberen Vertreter in dieses Nichts im Nirgendwo schickt.

Am Ende der Folge ist das Ergebnis noch offen, der Beschluss selber zwar schon ausgesprochen, als Vorwegnahme einer seriellen Narration die Ausführung aber noch vertagt. Sorgen machen um die Sippschaft braucht man sich aber nicht, wie man dann in der vorläufigen Beruhigung in Folge 2 "Quick, Hide the Railroad" oder der Variation des Themas mit dem Besuch des Bahnpräsidenten höchstpersönlich und diesmal inkognito in Folge 3 "The President Who Came to Dinner" und der Rettung bzw. Reparatur seinerseits der beschädigten Lokomotive gar in Folge 4 "There a Doctor in the Roundhouse?" sieht. So hat doch die Familie als Betreiber vom Hotel und Hauptnutzer der Bahn nicht nur das Herz, sondern auch die Natürlichkeit, den Humor und den Mund auf dem rechten Fleck; wobei die Gegensätze der beiden Konfrontierenden, die der Einheimischen und der Prüfer und Kontrolleure von der Stadt sofort Material für die schelmischen, gerne an die harmlose Schadenfreude appellierenden Dialoge, die Bonmots, die Pointen aus dem Kulturclash heraus, aber auch die emotionale Seelenwäsche für die leidgeprüften Städter sind.

Im Anschluss dessen wird es etwas beliebiger und sitcomtypisch auf jeweils einer Prämisse pro Folge, mit minimaler Bezugnahme zueinander ausruhend. So wird in Folge 5 "The Courtship of Floyd Smoot" der liebeskranke Heizer Floyd wieder beruhigt und zu seiner einzig wahren Liebe des Lebens, der Lokomotive zurückgeführt, während in Folge 6 "Please Buy My Violets" Onkel Joe plötzlich Vertretereifer und Geschäftssinn als Verkäufer eines Parfüms wittert, dass wegen des verbreiteten Gestanks allerdings unverkäuflich ist. Dort auf seiner kleinen Handelsreise sieht man auch erstmal ein wenig mehr vom Umland, eine klapprige Schweinefarm in der Nähe, wo selbst die Tiere vor dem Duft Reißaus nehmen. [In Folge 15 "Herby Gets Drafted" sieht man bei gleich zwei festlichen Anlässen, einer Abschieds- und nur eine Woche später stattfindenden Willkommensfeier etwas mehr als die üblichen Verdächtigen von Hooterville, wobei da grob geschätzt auch höchstens zwei Dutzend Anwohner als Gäste vorhanden sind.]

Wer die drei Mädels im Hause bisher noch nicht unterscheiden konnte, die nahezu gleich heißen, etwa gleichen Alters sind und bisher nicht wirklich in Erscheinung traten, erhält in Folge 8 "Kate's Recipe for Hot Rhubarb" Möglichkeiten dazu; eine Episode über das Verhältnis der Geschlechter und v.a. auch die Waffen der Frauen, die selbst in den unscheinbarsten lauern und ihr Ziel und Opfer erledigen, wenn richtig eingesetzt und erstmal angelegt. Die Episode dreht sich um Bobbie Jo, die eher im Auftrag ihrer Mutter als viertes Rad am Wagen bei einem Doppeldate der mit Männern erfahrenen und an jeder Hand fünfe davon habenden Billie Jo mit geht. Und erstens gar nicht will, sondern lieber studieren und zweitens sich dann auch wie ein Bücherwurm und Eisberg zugleich anstellt. Auftritt erneut der Mutter, die ihr die richtigen Tricks und Kniffe beibringt und wo aus dem (nicht hässlichen, aber halt abweisenden) Entchen ein verführerischer Schwarm dann wird. Sechziger Jahre Emanzipation, die gänzlich im Hotel spielt und die Ereignisse von außen nur verbal wiedergibt, wobei die von Pat Woodell gespielte Bobbie Jo auch noch ganz patent rüberkommt und ihre erlernten Fähigkeiten auch eher als Gag einsetzt, während die von Jeannine Riley verkörperte Billie Jo als naive 'Schlampe' wirkt, die bei jedem Typ auch das gleiche von sich gibt und damit alle kriegt – die Männer kommen also auch nicht besser weg –, während die dritte Tochter im Bunde, Betty Jo, zwar genauso alt ist, aber bei Sonnenuntergang schon im Schlafanzug steckt und ins Heia-Bettchen muss. Der Titel ergibt sich daraus, dass die Mutter die Männer mit Rhabarber vergleicht, man sich erstmal daran gewöhnen muss und die Zubereitung eine Kunst ist, die Übung erfordert und ein wenig Geduld.

Auch in Folge 9 "The Little Train Robbery" sind zwei Männer bzw. eher noch zwei große Jungs zu Besuch im 'Shady Rest' und wird hier auch mit Waffen, dies allerdings zum Aufhalten des Zuges und zum versuchten Abkassieren erst der Bankeinnahmen, und als das nicht klappt, zum Ausrauben der Hotelbewohner genutzt, wobei auch das nur mäßig gelingt. (Im mit Kissen ausgelegten Safe etwa ruht eine Katzenmama mit ihren Frischgeborenen.) Die hohen Kriminalitätszahlen der Gegenwart hier bloß als Gimmick zum Zweck, die beiden Typen sind “natürlich nur wegen Arbeitslosigkeit“ auf dem falschen Weg und werden durch paar “richtige Jobs“ schon wieder gerade gebügelt. Zum ersten Mal in der Serie nervt die Naivität der Autoren und der geschriebenen Figuren hier; weswegen in Folge 10 "Bedloe Strikes Again" die Rückkehr vom Kreativen Henning und von Ärgernis Bedloe, diesmal erneut mit einer geplanten Schließung der Zugstrecke und damit natürlich auch einem Ausbleiben von Kunden für das Hotel ansteht, und zu dessen Verhinderung u.a. Bobbie Jo ein derart kurzes Kleid anzieht, dass sogar ihre Mutter nun doch wieder Veto einlegt. (In Folge 13 rennt die zur Rettung des Hotels gar mit einem nassen engen Badeanzug durch die Lobby; noch ein paar Episoden mehr kann man wahrscheinlich Adam und Eva im Kostüm spielen.)

Da in Folge 11 "Uncle Joe's Replacement" Uncle Joe kurzfristig ausgebootet wurde und (vermeintlich) von einem jüngeren Arbeitnehmer ersetzt, strebt er in Folge 12 "Honeymoon Hotel" umso eifriger nach Ideen und möchte den Ort zum Hochzeitsmittelpunkt Amerikas umgestalten, wozu er u.a. auch den Zug umbenennt, das 'Shady Rest' zum 'Honeymoon Haven' und sich zu Behördengängen, in der Theorie natürlich nur motiviert. In der Theorie aufwändig bzw. in der Imagination ist auch Folge 13 "A Night at the Hooterville Hilton", während die stilecht am 24.12.1963 ausgestrahlte Folge 14 "Cannonball Christmas" tatsächlich mehr als üblich in Sachen Technik und auch Subplots ins Zeug legt. In “A Night at the Hooterville Hilton“ wird nach mehreren Jahren erfolglosen Umwerbens einer einflussreichen Journalistin diese ausgerechnet mit einer falschen, d.h. maßlos übertreibenden Broschüre über das Hotel angelockt und muss entsprechend (mit kleineren Tricks und viel Vorstellungskraft) so getan werden, als würde man über Tennis- und Golfplätze verfügen oder ein Dampfbad, während man noch nicht einmal über eine Nasszelle auf jedem Zimmer, sondern bloß ein Gemeinschaftsbad verfügt. In “Cannonball Christmas“ steht Weihnachten auch in Hooterville vor der Tür, so dass a) sowohl das Hotel als auch der Zug geschmückt werden müssen, b) Floyd allerdings alles am Vergessen ist und deswegen die Zeit etwas knapp wird und c) mit Bedloe auf Inspektion natürlich der Scrooge höchstpersönlich ansteht und der gegen die mißbräuliche Nutzung des Zuges vehement widerspricht. Co-geschrieben von Creator Paul Henning wartet die Episode logischerweise mit einem guten und auch recht musikalisch intonierten Ende auf, zuvor werden die jeweiligen Führungskräfte der Railway mit Flugzeug bzw. Hubschrauber eingeflogen und auch noch mitten auf der Zugfahrt ein Waggon abgekuppelt und spätestens bei der Ankunft auch vermisst.

Folge 16 "Bobbie Jo and the Beatnik" wartet erstmals mit einem Gaststar auf, mit Dennis Hopper als Beatnik aus Greenwich Village nämlich, einem freischaffenden und auch so lebenden und sich entsprechend offensiv verhaltenden Posten aus New York City, der sich bloß in die Gegend verirrt hat, da er auf den Weg nach New Orleans ist. Bobby Jo, die ihn in der Bibliothek von Hooterville entdeckt hat und von dessen forscher (bis eher unfreundlicher bis auch aggressiver) Art recht angezogen ist, will ihn kurz ihrer Familie vorstellen; welche für den Rebellen ohne Gnade im Kampf gegen das alte Amerika und für eine aufgeschlossene Welt aber bloß ein “Friedhof voller Leichen“ ist. Natürlich bekommt der 'Rowdy' in der zweiten Hälfte der Geschichte noch seine Lektion, eine Grube, die er selber gräbt quasi, dürstet er nämlich plötzlich doch nach Geld und verrät dafür auch seine Ideale und verspielt er damit auch sein Ansehen und v.a. vor Bobbie Jo das Gesicht. Überzeugen tut der Wechsel der Gesinnung allerdings nicht, zumal Hopper selber auch nur die erste Hälfte tatsächlich 'real' und überzeugend wirkt und folgend als Schauspieler mit einer Rolle, die er auch noch mäßig spielt und zusätzlich überzieht.

Im Anschluss wartet in einer Doppelepisode Adam West als schmucker Assistenzarzt auf seinen Auftritt, soll er doch ausgerechnet die eher wenig durch ihren Geist, aber umso mehr Nächstenliebe auffallende Billy Jo von einem Medizinstudium überzeugen, wodurch in Folge 17 "My Daughter the Doctor" Uncle Joe als Patient herhalten muss und in Folge 18 "Hooterville vs. Hollywood" die eigentlich nach Hollywood schielende Kandidatin selber. Folge 19 "Visit from a Big Star" ist dann tatsächlich jemand von Hollywood vor Ort, ein männlicher Star, der natürlich allen anwesenden Frauen den Kopf und dies sehr zum Unwillen seiner auch in ihn verliebten Sekretärin verdreht. In Folge 20 "Last Chance Farm" wird aufgrund weiterhin bestehenden, und zusätzlich verschärften Geldmangels im Hotel dieses zwei gut situierten, aber wohl beleibten Damen als Art Abspeckkur verkauft und so der Mangel zum Nutzen und auch tatsächlich mit Erfolg verkauft.

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