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Die junge Französin Anne-Marie (Penny Irving) ist noch nicht lange in London, hat aber schon Anschluß gefunden und vergnügt sich auf Parties. Auf einer Vernissage wird ein Foto von ihr präsentiert, das sie oben-ohne mit einem Bobby zeigt - zum Amusement aller Anwesenden. Hier lernt sie den jungen Mark kennen, der sie ein wenig anbaggert und dann spontan zu einem Trip zu seinen Eltern einlädt - die naive junge Frau sagt zu und wird in einem edlen Gefährt dorthin kutschiert. Das abgelegene Anwesen entpuppt sich jedoch als ehemalige Strafanstalt, und kaum ist sie ausgestiegen, verschwindet Mark auch sofort und überläßt die verdutzte Anne-Marie ihrem Schicksal. Dieses lautet: ausziehen, duschen, Sachen abgeben, Häftlingsklamotten anziehen und vor allem: nur reden wenn eine der beiden Wärterinnen es verlangt. Marks Mutter Mrs. Wakehurst (Barbara Markham) führt ein strenges Regiment in ihrem Privat-Knast, wobei ihr seniler Gatte als Richter fungieren darf, der dem Ganzen einen pseudo-rechtskonformen Anstrich verleiht. Anne-Marie ist nicht die Erste und nicht die Einzige, die hier widerrechtlich eingesperrt ist - der Lebemann Mark führt seinen Eltern desöfteren junge Frauen zu, die nach deren stockkonservativen Ansichten gegen moralische Grundsätze verstossen haben...

House of Whipcord, so der Originaltitel, ist insgesamt zwar dem Women-in-Prison-Genre zuzuordnen, beinhaltet jedoch weit mehr als die einschlägigen Exploitation-Streifen von Jess Franco und Konsorten - zum einen enthält der Film Elemente des Krimis (wie dem Fernfahrer, der zunächst hilft und sich dann anhand eines Bildes in der Zeitung an Anne-Marie erinnert sowie beunruhigten Freunden draußen, die nach ihr suchen und die Polizei verständigen) zum anderen ist der sozialkritische Ton an überkommenen Moralvorstellungen der britischen Gesellschaft unüberhörbar: Ein Großteil des Films widmet sich dem selbstgerechten Auftreten der Gefängnisleitung, die ihr Vorgehen im Brustton der Überzeugung begründet und vollkommen davon überzeugt ist, das Richtige zu tun. Maximal dreimal darf eine Insassin gegen (diffuse) Regeln verstossen, was Auspeitschen und Einzelhaft nach sich zieht, beim dritten Mal wird sie gehängt. Die beiden Wärterinnen, von denen die eine (mit den kurzen blonden Haaren) wie ein Mann aussieht, exekutieren, was ihre Chefin befiehlt. Niemand ist jemals entkommen, so heißt es, und dennoch sieht diese britische Besserungsanstalt sogar die Entlassung von Häftlingen vor, "wenn diese durch die Strafe geläutert sind" - hierfür gibt es sogar eine Entlassungsurkunde, genauso wie ein Todesurteil vom hauseigenen (senilen und fast blinden) Richter unterschrieben und beurkundet werden muss. Anne-Marie versucht trotzdem zu fliehen, was ihr jedoch nicht gelingen will - einmal schafft sie es bis auf die Strasse hinaus, wo sie ein hilfsbereiter Truckfahrer mitnimmt und in ein Krankenhaus bringen will, sie dummerweise aber wieder dort im Gefängnis abliefert, das er für ein Hospital hält, woraufhin sich die Geschichte zu wiederholen scheint...

Die wenigen Gewaltszenen sind dezent abgefilmt (oft im Gegenschnitt) und auch der Sleaze-Faktor hält sich sehr in Grenzen, im Haus der Peitschen konzentriert sich alles auf die schnarrende Stimme von Mrs. Wakehurst, die da von eigenen Gnaden (vermeintliches) Recht spricht. Ein großes Budget stand wohl nicht zur Verfügung, trotzdem erfreut man sich an Panoramaansichten des von einer hohen Mauer umgebenen Anwesens, was zur Authentizität der Geschichte beiträgt. Etwas unlogisch fand ich den späteren (Wieder-)Auftritt (und erst Recht den Abtritt) des schleimig-verlogenen Mark, auch für das letzte Opfer der Schlinge sehe ich kaum Anlaß. Humor - vor allem solchen der unfreiwilligen Art - sucht man jedoch vergeblich, und Exploitation-Freunde gehen nahezu vollkommen leer aus. House of Whipcord vermittelt durch Erschaffen einer für damalige Verhältnisse drastischen Utopie ein gewisses Sittenbild konservativer britischer Kreise in den frühen Siebzigern, was ihn in gesellschaftpolitischer Hinsicht interessant macht - wer aber einen W.I.P.-Partyfilm erwartet, wird enttäuscht sein. 4 Punkte.

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